Wir sind nicht mehr Ski

13.02.2021

Über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, galt das österreichische Skinationalteam unwidersprochen als Skination Nummer eins - weltweit.

Diese Zeit ist seit der heurigen Skisaison Vergangenheit; Seriensiege in beinahe allen Disziplinen sind Einzelerfolgen gewichen, die Anzahl der ernst zu nehmenden Sieganwärter hat sich auf vier bis fünf reduziert - wenn überhaupt.

Nun prognostiziert (noch) ÖSV Präsident für die heurige Weltmeisterschaft sechs bis acht Medaillen. Diese Prognose lässt Rückschlüsse darauf zu, warum der "Mister Ski" in Bälde abtreten wird.

Die "gedämpfte"(!) Erwartungshaltung begründet der knapp Achtzigjährige mit Verletzungen und Corona.

Man sollte wissen, dass der ÖSV - weltweit - über das mit Abstand größte Budget sowie über ein erfolgsverwöhntes Konzept verfügt bzw. verfügen sollte, das seinesgleichen sucht.

Dazu kommt, dass der ÖSV in der Sportart Ski-Alpin, einer - weltweit und mit Augenmaß betrachtet - Randsportart den bei weitem höchsten Aufwand auf allen sportlich relevanten Ebenen betreibt.

Nun zum Absurden an der Prognose des aus dem Amt Scheidenden:

  • an Verletzungen und Corona leiden auch die Skifahrer anderer Nationen; es sei nur das norwegische Skiteam erwähnt, dazu Sofia Goggia und viele andere
  • bei der letzten WM in Aare (2019) erreichte das ÖSV-Team insgesamt acht Medaillen
  • bei der heurigen WM in Cortina d´Ampezzo gibt es zwei Disziplinen mehr (Parallelrennen)
  • bei der WM in Aare waren die ÖSV-Damen für keine einzige Medaille "zuständig" - schlechter kann es sohin fast nicht mehr werden, es sei denn, sie "versauen" auch noch den Teambewerb

Unter diesen Prämissen ist es vollkommen unklar, warum die prognostische Erwartungshaltung des künftigen Ex-Präsidenten so "zurückhaltend" ausgefallen ist. Vertraut er seinem gesamten Team (Athleten samt "Beiwerk") nicht, oder schätzt er das Ganze so ein, wie es ist: Wir sind nicht mehr Ski!

So betrachtet ist die Prognose von Schröcksnadel aber wieder durchaus optimistisch; sechs bis acht wäre ein Traumergebnis. Am Ende seiner Amtszeit hat der Präsident offenbar eingesehen bzw. einsehen müssen, dass sein ÖSV-Team in Cortina mit Sicherheit nicht mehr das weltbeste ist. Die Gründe, warum das so ist, wird sein Nachfolger suchen müssen.

Nur sollte der Nachfolger im Amt, im Unterschied zu seinem Vorgänger, zur Kenntnis nehmen, dass es sich bei der Rennsportart Ski-Alpin um eine Randsportart handelt. Insofern haben sportliche Erfolge, selbst bei Weltmeisterschaften, keinen allzu hohen Stellenwert; dieser Stellenwert ist auch dadurch zustande gekommen, dass Mister Ski das Seinige dazu beigetragen hat.

Weltmeister ist Weltmeister, ob im Abfahrtslauf, beim Naturbahnrodeln oder im Eiskunstlauf.

Unterstützung erhält der "künstliche Hype" von einer nahezu absurd anmutenden Begleitmusik des Österreichischen Rundfunks. Es ist vollkommen grotesk, wie der ORF mit seiner Berichterstattung, seinen elendslangen Übertragungen, vielen sinnentleerten Reportagen etc. das Volk "zumüllt"; das grenzt beinahe schon an skialpine "Vergewaltigung".

Chr. Brugger

13.02.2021