Was gesagt werden muss
Gemeinhin heißt es ja, wir bekämen lediglich diejenige Regierung, die wir (das Volk) uns auch verdienten; wenn das stimmt, was der französische Philosoph Joseph de Maistre 1811, als Gesandter Sardiniens in der russischen Hauptstadt St. Petersburg, mit seinem Bonmot, einem "guten Wort" also, gemeint hat, dann sollten wir uns nicht darüber wundern oder echauffieren, was sich hierzulande derzeit zuträgt.
Quelle: https://www.die-tagespost.de/kultur/joseph-de-maistre-apologet-der-vormoderne-art-188073
Die demokratischen Spielregeln haben es möglich gemacht, dass sich an der Spitze der heimischen Verwaltung Menschen herumtummeln, von denen wir, das Volk, überwiegend mehrheitlich sogar, der Ansicht sind, sie hätten dort, in den Führungsetagen des Staates, nicht das Geringste verloren – dennoch ist es so und demokratisch allemal.
Die Gebrauchsanweisung für unserer "Demokratie", der wir die momentane Situation zu "verdanken" haben, lässt sich mühelos und ohne jeden Aufwand in der heimischen Bundesverfassung nachlesen, die überwiegend aus der Feder des in Prag geborenen und in den USA verstorbenen Staatsrechtlers Hans Kelsen stammt; man könnte selbst heute noch trefflich darüber diskutieren, ob die von den Christlichsozialen initiierte Machtverschiebungs-Novelle des Jahres 1929 tatsächlich vonnöten war; spätestens seit der sog. "Rechtsüberleitung" im Jahr 1945 erübrigen sich alle diesbezüglichen Überlegungen aber ohnedies – die Machtzuweisungsnormen liegen, faktisch "in Stein gemeißelt", vor uns und wir haben uns ihnen zu unterwerfen bzw. das, was sie "hervorbringen" zu akzeptieren – selbst wenn wir das Hervorgebrachte nicht gutheißen oder vehement ablehnen; wenn man das so ausdrücken will, bezahlen wir, indem wir das ganze "Theater" hinnehmen müssen, den Preis für unsere eigene Demokratie.
Auch das muss, daher der Titel dieses Artikels, einmal gesagt werden – Demokratie ist kein Wunschkonzert, sondern das Produkt einer selbst erwählten Machtverteilung; wie Staats- oder politische Macht verteilt wird und wer sozusagen das "Sagen" hat, ist in der Verfassung nachzulesen; und was diese Verfassung demokratisch hergibt, steht nicht zur Disposition; ob man das allerdings respektiert, ist keine Wissens- sondern vielmehr bloß eine Willensentscheidung.
Quelle: https://www.openpetition.eu/at/petition/online/keine-zuckerl-koalition-keine-weitere-ausgrenzung-des-wahlsiegers-fpoe
Insofern sitzen Nehammer, Babler & Co am längeren Ast; jede Kritik an ihnen ist zwar durchaus bzw. mehr als berechtigt, an ihrem politischen Machtanspruch gibt es allerdings, so sehr man das auch wollte, nichts zu deuteln; wer Nehammer & Co loswerden will, hat, auch das ist ein Teil der Demokratie, nur sehr beschränkte Möglichkeiten.
Unser demokratisches Modell könnte, da die präsumtive Regierung (trotz ihres demokratischen Anspruchs) kaum jemand haben oder ernst nehmen möchte, an einem sog. Wurzelmangel leiden; es gibt, außer Wahlen, keine gesetzliche Möglichkeit, eine unliebsame Bundesregierung auch wieder loszuwerden; Volksabstimmung & Volksbefragung scheiden naturgemäß aus, weil es dafür einer parlamentarischen Mehrheit bedürfte; und den Bundespräsidenten dazu zu bewegen, sein Recht i.S.d. Art. 70 B-VG in Anspruch zu nehmen, scheint aussichtlos.
Was diesbezüglich an Möglichkeiten bleibt, ist folglich "bescheiden"; sogar dann, wenn ganz offensichtlich, wie das derzeit zweifelsfrei der Fall ist, die gesamte Öffentlichkeit inkl. der vierten Macht im Staat, den Medien, gegen das Ansinnen von ÖVP; SPÖ & NEOS sind, eine "Koalition der Verlierer" bilden zu wollen, ist der demokratische Zug nicht mehr aufzuhalten; wir müssen, ob wir nun wollen oder nicht, zusehen, wie die türkis-rot-pinke Bummelbahn sich der Endstation nähert – einem Sehnsuchtsort, an dem, im besten Sinne des Tennessee Williams, die Katastrophe wartet; das Unvermögen, zwischen Realität und Illusion unterscheiden zu können, wird auch unsere, ach so demokratische, Republik recht heftig ins Wanken bringen; wem es darob dann doch zu heiß werden sollte, kann immer noch (hoffentlich nur im übertragenen Sinn), wie die Katze bei Williams, vom (grünen) Blechdach des Kanzleramtes springen; Selbsterkenntnis ist bekanntlich der beste Weg zur Besserung.
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/fernsehen/tennessee-williams-bei-3sat-von-zerbrechlichen-menschen-1607084.html
Die inhaltlichen Parallelen der heimischen Schmalspurpolitik zu den Stücken des schreibenden Virtuosen sind jedenfalls frappierend – da wir dort führen Neid, Profitgier, Verlogenheit und das abartige Streben nach Dominanz zum Niedergang; wer hierzulande vermeint, mit Kickl sei kein Staat zu machen, wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass das mit schnöder Dekadenz umso weniger möglich sein wird.
Chr. Brugger
18/12/2024