Waffen in Österreich

10.05.2021

Wozu benötigt jemand, der in Österreich lebt oder sich hier aufhält, eine Waffe? Es gibt, von ein paar Ausnahmen abgesehen, keinen plausiblen Grund, dass irgendjemand "bewaffnet" durch die Gegend läuft bzw. Waffen zu Hause aufbewahrt.

Nicht zuletzt aufgrund des Terroranschlages vom 02.11.2020 sowie den zahlreichen Tötungen von Frauen in den letzten Monaten hat Innenminister Nehammer anlässlich einer Pressekonferenz von vergangener Woche eine "Verschärfung des Waffengesetzes" angekündigt. In welcher Form die Verschärfung erfolgen soll, hat Nehammer nicht mitgeteilt. Man muss scheinbar erst prüfen, wie hier vorgegangen werden soll (seit dem 02.11.2020 ist immerhin bereits mehr als ein halbes Jahr vergangen!!!). So könnte, beispielsweise, der Entzug von Waffendokumenten bei Betretungs- und Annäherungsverboten noch schärfer geregelt werden. Könnte ... scheinbar hat man im Innenministerium die "Botschaft" vom 02.11.2020 immer noch nicht verstanden.

Dabei wäre das "Problem im Umgang mit Waffen in Österreich" einfach, rasch und effektiv zu lösen - eine Anleitung für Hr. Nehammer:

  • Zuerst sollte man sich noch einmal die europarechtlichen Vorgaben (Richtlinie 91/477/EWG des Rates vom 18. Juni 1991 über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen, Richtlinie (EU) 2017/853 des europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen
  • Durchsicht der innerstaatlichen Regelungen: Waffengesetz 1996 (WaffenG) samt Durchführungsverordnungen - wie ist das WaffenG systematisch überhaupt konstruiert?

Entscheidung darüber, dass in Österreich grundsätzlich ein Waffenverbot bestehen soll; dieser Ansatz widerspricht weder den europarechtlichen Vorgaben noch dem innerstaatlichen Verfassungsrecht

  • Ausnahmen vom generellen Waffenverbot: Sicherheitsbehörden, Militär, Jagdwesen, Sportschützen, Sammlungen, Museen, Salutwaffen, dringender privater Bedarf (restriktiv)
  • Verbindliche Kontrolle sämtlicher "Waffenbesitzer" zumindest alle drei Jahre - "Verlässlichkeitsprüfung": medizinisch/psychisch/tatsächliche Verwendung/veränderte Sach- oder Rechtslage
  • Der "Rest" von Österreich hat seine Waffen abzugeben
  • Neudefinition des Waffenbegriffes ( vor allem i.S.d. Richtlinie (EU) 2017/853 des europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen)

8. Allenfalls Erweiterung des Zentralen Waffenregisters

9. Verschärfung, zeitlich Vereinfachung, der Straftatbestände

Das wäre es im Wesentlichen; übrigens: § 12(1) WaffenG in der heutigen Form rechtfertigt ein "Waffenverbot" in beinahe jedem Anlassfall schon heute: "Die Behörde hat einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte".

Die zuständigen Behörden müssten von dieser Möglichkeit nur Gebrauch machen; das wäre nicht erst seit dem 02.11.2020 möglich und erforderlich gewesen; entweder man hat auf diese Möglichkeit vergessen oder die Bestimmung nicht gekannt. Man hat es sich, wie in vielen anderen Fällen auch, zur Angewohnheit gemacht, das Rad neu erfinden zu wollen. Auch das ist eines Rechtsstaates absolut unwürdig.

Chr. Brugger

10.05.2021