Von Flaschen und Scheinheiligen

28.09.2022

"Schon erstaunlich, dass woke Kultur-Reinheitsfanatiker mehr Unwohlsein bei dreadgelockten Sängerinnen, rastabezopften Musikern und dem Fantasiehäuptling Winnetou empfinden als beim Tod einer jungen Iranerin. Seit Ayatollah Khomeinis Machtübernahme im Februar 1979 herrscht für Frauen ab dem neunten Lebensjahr im Mullah-Staat strengste Kleiderordnung. Allein im vergangenen Jahrzehnt wurden wegen "offenen sündhaften Auftretens" und "Störung der öffentlichen Ordnung" mehr als eine halbe Million Iranerinnen verhaftet, darunter die Menschenrechtsaktivistin Nasrin Sotoudeh, die 2019 zu 38 Jahren Gefängnis und 148 Peitschenhieben verurteilt wurde. Im selben Jahr fasste Yasaman Aryani wegen Verstößen gegen die Kleiderordnung zunächst sechzehn Jahre Gefängnis aus, die später auf neun Jahre und sieben Monate reduziert wurden. Nun wurde die 22-jährige iranische Kurdin Mahsa Amini von der iranischen Sittenpolizei totgeprügelt, weil sie ihr Kopftuch "unislamisch" trug" ist in der Online-Ausgabe "Die Presse" zu lesen.

Quelle: https://Quelle: https://www.diepresse.com/6194937/wo-bleiben-die-lichtermeere-fuer-mahsa-amini

Der Anlass ist traurig wie beschämend zugleich, die Reaktion der europäischen Öffentlichkeit ist es leider ebenso; auch wenn lesbische Aktivistinnen zum Tode verurteilt und homosexuelle Männer nach sechs Jahren im Todestrakt gehängt werden, sind "Proteste hierorts enden wollend".

Nun aber haben sich, aus Sicht des "offiziellen" Österreich, Kopftuchexperte "Bello" und sein gleich zweimal von ihm angelobter Kurz-Kneissl-Trittbrettfahrer "Schalli" ins Spiel gebracht:

Quelle: https://twitter.com/Biohoobi/status/1574741494531063811/photo/1

"Die Meldungen aus dem Iran besorgen mich in höchstem Ausmaß. Die Gewalt gegen Frauen, besonders bei den aktuellen Protesten, und die Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit verurteile ich auf das Allerschärfste. Der Tod von Mahsa Amini sowie der unverhältnismäßige Gewalteinsatz durch die Sicherheitsbehörden gegen Demonstrant:innen müssen unabhängig & transparent aufgeklärt werden. Überall dort, wo die universellen Menschenrechte verletzt werden, müssen wir entschieden für sie einstehen. (vdb)" zwitschert der eine.

Dem anderen wiederum, "Graf Schwalbi", wurde gar der iranische Botschafter Abbas Bagherpour Ardekani ins Amt zitiert, wo sich dieser dann anhören konnte, was ihm unser adeliger Ambassadeur so alles zu sagen hat - "inthronisiert" wurde der ranghohe Iraner naturgemäß vom unangefochten Klassenbesten Angelobungsstaatsmeister.

Quelle: https://www.firstclassmedia.at/botschafter.aspx

Das Lesen der amtlich-offiziellen, parlamentarischen Korrespondenz zum Thema "Menschenrechtssituation im Iran" (u.a. GZ. BMEIA-AT.90.13.03/0016-I.7/2019) ist den beiden vermutlich zu mühsam bzw. sinnerfassend scheinbar nicht möglich. Sonst müssten sie sich nicht - anlassfallbezogen - dermaßen sinnbefreit echauffieren.

[sic] - Man kann nur staunen, was "Scheinheilige" und "Flaschen" im Amt so alles zuwege bringen; den Gipfel scheinheiligster Blödheit bildet aber ein Antrag der türkis-schwarz-grünen Flaschen an das "hohe Haus", man möge sie auffordern, sich "für die Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, einschließlich sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt einzusetzen sowie entsprechende Einzelfälle wie den Fall Mahsa Amini auch auf bilateraler Ebene anzusprechen".

Wenn es aber um die parlamentarische Republik der Terrormiliz Israel geht, sind weder Scheinheilige noch Flaschen lahmarschig oder blöd genug, um nicht reflexartig-devot und Social Media-affin jeden Schwachsinn zu posten, der ihnen gerade in den Sinn kommt.

Sollte der Begriff einer Terrormilz dem einen oder anderen zu pejorativ konnotiert sein, dem darf ich erläutern, was ich darunter verstehe: Einen bewaffneten Verband, der im Rahmen seines operativen und territorialen Wirkens das Ziel verfolgt, in völkerrechtswidriger Weise die Strukturen eines anderen Staates gewaltsam zu beseitigen und an Stelle dessen neue staatliche oder staatsähnlich Strukturen zu errichten.

Quelle: https://www.facebook.com/alexandervanderbellen/

"Zum jüdischen Neujahrsfest Rosh Hashana wünsche ich allen Jüdinnen und Juden ein gutes Neues Jahr 5783. Ich hoffe, dass Sie und wir alle ein Jahr voller Freude und auch Frieden erleben werden. Shana tova ve metuka! (vdb)" lautet die "Friedensbotschaft" an den "Nationalstaat des jüdischen Volkes", dem bekanntermaßen der Begriff "Frieden" im besten Fall vom Hörensagen bekannt ist.

Quelle: https://www.vienna.at/schallenberg-israel-flagge-war-bewusstes-zeichen-der-solidaritaet/6998066

Die Kniefallbereitschaft Schallenbergs ist, geht es um den Kriegstreiber Israel, ohnedies "legendär" und hinlänglich pikant.

Vielleicht sollten sich unsere "Kopftuchversteher" besser Gedanken über ihre eigenen Verhaltensweisen, ihren "Posting-Wahn" und vor allem, was "Bello" betrifft, über das Verwenden allenfalls falsch verstandener, bzw. missbräuchlich verwendeter Zitate machen; wenn sein taufrisch gefacebooktes "So viele Sprachen du kannst, so oft bist du Mensch" tatsächlich von Johann Amos Komenský stammen sollte, bin ich vermutlich der Urenkel des Dichterfürsten & Philhellenen aus Weimar.

Chr. Brugger

28/09/2022