Versteht einer noch das Volk?

12.12.2024

"Ich kann euch zu Weihnachten nichts geben, ich kann euch für den Christbaum, wenn ihr überhaupt einen habt, keine Kerzen geben, kein Stück Brot, keine Kohle zum Heizen, kein Glas zum Einschneiden, wir haben nichts. Ich kann euch nur bitten, glaubt an dieses Österreich" – so, oder so ähnlich soll die Weihnachtsrede des Jahres 1945 geklungen haben; Figl war damals Bundeskanzler, der letzte Tag des 2. Weltkrieges war gerade einmal ca. 2½ Monate alt.

Dem Halbsatz Figls, "glaubt an dieses Österreich", hat Karl Nehammer bereits am 04.09.2023, im Sommergespräch mit ORF-Moderatorin Susanne Schnabl, insofern zu einer Renaissance verholfen, als er auf die Frage, was von ihm in Erinnerung bleiben möge, Figl als sein Vorbild outete und just dessen knappe "Botschaft" zu seinem Credo erhobt.

Quelle: https://www.wiwo.de/politik/deutschland/neue-anreize-wir-brauchen-eine-haftpflicht-fuer-politiker/24447280.html 

Was Nehammer geflissentlich übersehen oder nicht bedacht hat ist, dass sich Figl 1945 mit einem Land beschäftigen musste, das andere zerstört hatten, wohingegen er, der selbsternannte Figl-Fan, derjenige ist, der das Land an den Rand des wirtschaftlichen Ruins pilotiert hat; wenn Nehammer jetzt dem Volk erklären muss, es gäbe nichts (außer eine desaströse wirtschaftliche Schräglage), dann ist er ja unmittelbar selbst dafür verantwortlich; wenn man so will ist Figl also wie die Jungfrau zum Kinde gekommen, während Nehammers Vaterschaft DNA-mäßig längst nachgewiesen ist – klingelt´s also endlich, Hr. Nehammer?

Um die Geschichte nicht länger bemühen zu müssen, verzichte ich an dieser Stelle darauf, näher auf die Frage einzugehen, wer für die Situation im Jahr 1945 verantwortlich war, um nachfolgend Parallelen zum Jahr 2024 herzustellen zu müssen.

Es stellt sich aber die Frage, warum sich das Volk das, was derzeit in seiner Heimat passiert, noch immer gefallen lässt?

Warum gibt es nicht tägliche Demonstrationen gegen Nehammer, der ja zweifelsfrei dafür verantwortlich zeichnet, dass wir uns in einer veritablen Krise befinden?

https://www.kleinezeitung.at/politik/innenpolitik/6319812/ORFSommergespraech_Nehammer-will-45-Milliarden-Euro-in-die

Warum hindern nicht schon längst täglich tausende Bürger Nehammer daran, seinen Amtssitz überhaupt noch betreten zu dürfen?

Ganz ehrlich – ich verstehe das Volk nicht; es hat scheinbar noch immer nicht verstanden, dass Nehammer Wahlergebnisse einerlei sind und es ihm völlig egal ist, was die Bevölkerung bewegt; wer täglich den Nachweis erbringt, dass es ihm nicht bloß am nötigen "Leadership" mangelt, ihn vielmehr dessen Antonym "Powerlessness" auszeichnet, der hat doch an der Spitze der heimischen Verwaltung schon lange nicht mehr das Geringste verloren.

Wenn ÖVP, SPÖ & NEOS nicht in der Lage sind, Nehammer endlich zu "entsorgen", dann kann diese segensreiche Wohltat wohl nur dem Volk vorbehalten sein – und wenn das Wahlergebnis vom 29.09.2024 dafür nicht ausgereicht hat, dann wird sich das Volk überlegen müssen, wie man dem renitenten Sesselkleber einen freiwilligen Rücktritt nahelegen kann, ohne dass sich dafür jemand strafrechtlich verantwortlich machen müsste.

Quelle: https://www.openpetition.eu/at/petition/online/nehammer-muss-zuruecktreten

Wer (neben zahllosen anderen Fauxpas) eine solche Bilanz abliefert, wie Nehammer & Co, der müsste mE lebenslang von sämtlichen politischen Tätigkeiten unwiderruflich ausgeschlossen werden.

Über eine entsprechende gesetzliche Regelung sollte man sich daher rasch Gedanken machen – denn sonst wird das Volk das irgendwann selbst, dessen bin ich mir, trotz aller Gutmütigkeit des gesellschaftlichen Kollektivs, sicher, in die Hand nehmen; bei dieser Gelegenheit sollte man auch darüber nachdenken, ob nicht auch bzw. wie das private Vermögen der Verantwortlichen für die Liquidierung des, durch ihr Handeln kausal entstandenen, Schadens verwendet werden kann; man könnte das zwar prinzipiell auch über eine D&O-Versicherung lösen – Nehammer & Co dürften aber, zumindest von allen namhaften, Versicherungsgesellschaften als "unkalkulierbare Risikopatienten" eingestuft werden – übrigens zu recht.

Chr. Brugger

12/12/2024