US-Wahl / Teil 1
Global betrachtet waren bzw. sind sowohl die NR-Wahlen 2024 als auch die durchaus "befremdliche" Regierungsbildung in Österreich ebenso ein, salopp formuliert, "Lercherl-Schas" wie die Parlamentswahlen in Bulgarien oder Georgien; ein ganz anderer "Wind" weht da schon in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA); das wirtschaftlich leistungsstärkste Land der Welt, das zugleich (lt. "Global Firepower Index") auch über die bei weitem größte konventionelle Kriegsführungskapazität verfügt, wählt (wie seit 1845 immer am ersten Dienstag nach dem 01.11.) am 05.11.2024 einen neuen Präsidenten bzw. eine neue Präsidentin.
Quelle: https://www.stern.de/politik/ausland/harris-oder-trump--wer-in-den-umfragen-zur-us-wahl-2024-vorn-liegt-35004560.html
Im "Kampf um das Weiße Haus" stehen sich die 60-jährige "Demokratin" Kamala Harris und der 78-jährige "Republikaner" Donald Trump gegenüber; Amtsinhaber Joseph Biden hat auf die Chance seiner Widerwahl zugunsten von Fr. Harris verzichtet.
Während es, wiederum international betrachtet, vollkommen einerlei bzw. bestenfalls von "lokalkoloristischer" Bedeutung ist, wer in Österreich, Bulgarien oder Georgien tatsächlich das "Sagen" hat, ist das Amt des US-amerikanischen Präsidenten ein ganz anderes "Kaliber"; wer wirtschaftlich und kriegstechnisch die klare Nummer 1 ist, der hat auch in allerlei anderen Belangen das letzte Wort: Daumen hoch oder Daumen runter könnten u.a. das Schicksal der Ukraine besiegeln, Israel zum friedlichen Einlenken bewegen und Taiwan endgültig bzw. nicht nur faktisch ein Teil Chinas werden lassen; diese und viele anderen Entscheidungen hängen daher am 05.11.2024 an einem "seidenen Faden".
Dasselbe gilt auch für Europa, vor allem wenn es um seine Fähigkeit geht, sich militärisch verteidigen zu können; Europa hängt in diesem Bereich seit Jahrzehnten am Gängelband der US-Amerikaner, die sich ihrer exklusiven, weil nicht wegzudenkenden, Funktion in der "Nordatlantikpakt-Organisation" (NATO) gewiss sein können; ohne USA keine NATO und ohne NATO keine europäische Verteidigungsmöglichkeit – eine recht einfache Rechnung; die europäische Union ist seit ihrer Gründung ein (ausschließlich aus eigenem Verschulden bzw. hausgemachter Ignoranz) der USA hilflos ausgelieferter, militärischer Trittbrettfahrer; isoliert (ohne USA) betrachtet ist die unionseuropäische Verteidigungsstrategie nur mit der Geisterfahrt eines noch Minderjährigen zu vergleichen, der sich volltrunken hinter das Steuer eines 40 Tonne schweren Lkw gesetzt hat.
Es ist daher keine wirkliche Überraschung, dass ganz Europa in den letzten Wochen und Monaten den Blick gen Westen gerichtet hat, um die dortigen Entwicklungen im Vorfeld des Wahltages zu beobachten; der "Politelite" Europas (von van der Leyen abwärts) käme ein Wahlsieg von Kamala Harris gelegen, gilt sie doch als Unterstützerin der unionseuropäischen Haltung gegenüber der Ukraine bzw. Putins Russland.
Quelle: https://www.stern.de/politik/ausland/datum-us-wahl-2024--die-wichtigsten-termine---wann-ist-die-praesidentschaftswahl--35170114.html
Während Trump (was ihm niemand glaubt) versprochen hat, den Krieg in der Ukraine (sofern er wieder US-Präsident geworden ist) binnen 48 Stunden zu beenden, hat sich Harris auf die Verteidigungslinie Europas eingeschworen und Wolodymyr Selenskyj "ins Herz geschlossen".
Während Trump die wirtschaftliche Situation Europas einerlei ist, können die wirtschaftlich maroden Unionsstaaten von Harris Entgegenkommen erwarten; für Trump ist China wirtschaftlich der "Hauptrivale" und Europa bloß eine überflüssige Randnotiz; Russland hingegen ist ihm immer noch näher als es die Ukraine je sein wird.
Nichts fürchten die "Europäer" dieser Tage daher mehr als Trumps Hausherrschaft im "Weißen Haus" von Washington.
Allein, auf den Ausgang der Wahlen in den USA haben die Europäer nicht den geringsten Einfluss; sie können nur warten, hoffen und allenfalls beten.
Das US-amerikanische Wahlrecht bringt es mit sich, dass der Ausgang von Präsidentschaftswahlen davon abhängt, für wen sich die Wähler in den sog. "Swing-States" entscheiden – das sind jene Bundesstaaten, in denen nicht von vorneherein feststeht, welcher der beiden Kandidaten die Mehrheit der WählerInnen für sich reklamieren kann.
Quelle: https://thepreamble.com/p/are-swing-states-inherently-unfair
In 48 der 50 Bundesstaaten gilt uneingeschränkt das "Winner-take-all"-Prinzip; wer die relative Mehrheit der Wählerstimmen erhält, gewinnt den jeweiligen Bundesstaat und die demselben bereits vor der Wahl zugewiesenen "Wahlmänner"; wer in Summe 270 oder mehr dieser "Elektoren-Stimmen" auf sich vereinigen kann, ist US-Präsident.
Erlangen beispielsweise die Demokraten im Bundesstaat Kalifornien die relative Mehrheit der Wählerstimmen, werden ihnen 54 Elektoren-Stimmen zugewiesen; in Alaska hingegen gibt es z.B. nur 3 und in Florida wiederum 30 Elektoren-Stimmen zu gewinnen; nur in Maine und Nebraska werden die "Wahlmännerstimmen" aufgeteilt.
In ca. 40 Bundesstaaten steht bereits heute fest, wer dort die relative Mehrheit für sich beanspruchen kann; entscheidend sind daher nur jene Bundesstaaten, in denen das Ergebnis traditionell knapp ist und man bis zuletzt nicht weiß, welcher der beiden Kandidaten die Mehrheit erhalten wird; zu diesen Staaten zählen traditionell, vor allem aber heuer Arizona (11), Georgia (16), Michigan (15), Nevada (6), North Carolina (16), Pennsylvania (19), Wisconsin (10), Virginia (13) und New Hampshire (4); knapp ist das "Rennen" auch noch in Florida (30), Minnesota (10) und New Mexico (5) – 155 Elektoren-Stimmen sind daher noch "offen"; alle anderen (383) der insgesamt 538 Elektoren-Stimmen sind hingegen bereits (mehr oder minder) fix vergeben; im Ergebnis der Addition der bereits fixen "Wahlmänner" führt Trump demnach mit 195 : 188 – also nur äußerst knapp.
Quelle: https://www.welt.de/politik/ausland/us-wahl/article254176552/US-Wahl-2024-Trump-vs-Harris-Wer-macht-wo-Wahlkampf.html
Sieht man sich die Wahlprognosen für die auch "Münzwurfstaaten" oder "Schlachtfeldstaaten" genannten Bundesstaaten an, dürfte Trump noch in Florida (30) und North Carolina (16) gewinnen, Harris hingegen relativ sicher in Virginia (13), New Hampshire (4), Minnesota (10), New Mexico (5) und Michigan (15); dann stünde es "nur" noch 241: 235 für Trump; entschieden würde demnach die Wahl in Arizona (11), Nevada (6), Wisconsin (10), Georgia (16) und Pennsylvania (19) … in all diesen Bundesstaaten hat bei der Präsidentschaftswahl 2020 der Demokrat Biden gewonnen; in Wisconsin (10) und Nevada (6) spricht vieles dafür, dass die Demokraten dort auch bei der heurigen Wahl gewinnen werden; träfe das zu, läge Harris "fiktiv" mit 251 : 241 in Führung.
Über das Schicksal der beiden Kandidaten für die US-Präsidentschaft würden, wenn alles so käme wie beschrieben, nur noch 3 Bundesstaaten entscheiden, bei denen Trump in Pennsylvania jedenfalls gewinnen müsste – dort trennen die beiden Kandidaten derzeit aber keine 0,5 %-Punkte, wobei Trump leicht favorisiert wird; in Georgia führt Trump derzeit mit rund 1,5%-Punkten und in Arizona mit 1,2%-Punkten - zumindest wenn es nach den Meinungsforschern geht.
Spannend wird es aber allemal – von einem klaren Wahlsieg sind beide Kandidaten jedenfalls weiter entfernt, als ihnen das lieb sein dürfte.
Chr. Brugger
29/10/2024