Tamsweg, ein spanisches Dorf?
Falls jemand den Bezirk Tamsweg bislang nicht kannte oder kennen sollte, dem ist der Gebirgsgau im Bundesland Salzburg nunmehr durch eine Tatsache im Licht der Öffentlichkeit gleichsam erschienen, das mit seinem idyllischen Erscheinungsbild an sich nichts zu tun hat.
Quelle: https://www.lungau.at/de/gschichten/wandertipp-prebersee/#&gid=1&pid=1
Dieser Bezirk mit seinen knapp 20.000 Einwohnern führt die unrühmliche Rangliste der Corona-Bezirks-Hotspots an; mit einer schier unbeschreiblichen 7-Tages-Inzidenz von 2.545 bildet Tamsweg nicht nur den Gipfel des derzeit "Machbaren"; in diesem Bezirk befindet sich auch ein Dorf, das diesen Wert noch bei Weitem in den Schatten stellt. Bei ca. 1.000 Einwohnern beträgt die 7-Tages-Inzidenz in Unternberg sagenhafte 6.455, ein Höchstwert mit wenig schmeichelhaftem Charme, bestenfalls einem schalen Beigeschmack.
Quelle: https:// de.wikipedia.org/wiki/Unternberg#/media/Datei:Unternberg.jpg - CC BY-SA 3.0 de
Man könnte die Meinung vertreten, es handle sich dabei - umgangssprachlich betrachtet - um ein spanisches Dorf in den Salzburger Alpen, eine Enklave, umgeben von einem nicht minder vom SARS-CoV-2 Virus infizierten Umland. Fremdartig, seltsam, nahezu unbekannt und völlig unverständlich.
Das, was im Lungau geschehen ist, mag dem neutralen Beobachter folglich wie ein spanisches Dorf erscheinen. Nicht hingegen dem ortskundigen Insider, dem Kenner der Szene, letztlich auch den dort Heimischen.
Was bereits im Vorjahr der Fall war, hat der Lungau heuer noch locker getoppt. Inzidenzen in schwindelerregender Höhe, die selbst die dort so zahlreich vorhandenen Berggipfel bei weitem überragen.
Fragt man Einheimische nach dem Grund für diese Rekorde, sind die Antworten meistens ident: Keine Kontrollen von gesetzlichen Regelungen, jeder tut, was er will, wenn es sein muss in privaten Kellerräumen, Garagen oder Zweitwohnsitzen an diversen Berghängen, bei behördlich nicht gemeldeten Veranstaltungen usw.
Manche erinnern sich noch an den Winter des Vorjahres, als während des harten, österreichweiten Lockdowns, auf diversen Skihütten ungeniert wie durchgehend, behördlicherseits unkontrolliert (obwohl es alle wussten), Getränke aller Art verkauft und Speisen ausgegeben wurden und man solcherart Après-Ski gefeiert hat; Silvester- und sonstige Partys auf Skihütten, in angemieteten Privathütten und in dubiosen "Zweitwohnsitzen" waren nicht die Ausnahme, sondern gang und gäbe.
Quelle: https://www.bergfex.at/fanningberg/ferienhaus-alpenblick/
Auf der "Insel der Seligen" im Lungau war das möglich, was andernorts verboten war, respektive dort zumindest ansatzweise kontrolliert wurde.
Cluster hier und Cluster dort; wenn Landtagsabgeordnete und/oder Bürgermeister am Höhepunkt einer Pandemiewelle Straßenfeste organisieren, weil ihre Göttergattin einen runden Geburtstag feiern will, demzufolge ein ortsbekannter Geburtstagsnachwehen-Cluster entsteht, passiert "Innergebirg" rein gar nichts. Darüber wird nicht einmal medial berichtet - "tut man nicht" oder "trau ich mich nicht" lauten die Ausreden. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass in diesem Bezirk nicht nur die Uhren anders gehen, sondern die zuständigen Behörden nach dem Motto "alles schläft und keiner wacht" operieren.
Wenn man in sog. "In-Lokalen" 365 Tage im Jahr die Sperrstunden nur vom Hörensagen kennt, beim Betreten von Lokalen von den jeweiligen Betreibern nichts und niemand kontrolliert wird, Mitarbeiter im öffentlichen Dienst nur milde lächelnd dem Treiben zusehen bzw. selbst an diversen "Runden" teilnehmen, darf man sich nicht wundern, dass wir uns in der fragwürdigen Hitparade der Inzidenzzahlen an der Spitze befinden.
Nichts Anderes wie für die Gastronomie gilt für Skilifte aller Art; dort interessiert ebenso niemanden, ob man geimpft, genesen oder negativ getestet ist; was zählt ist lediglich die Höhe der Frequenz, mit der man den Rest an verbliebenen Skifahrern auf den Berg hieven kann, wo diese dann in den "geschlossenen" Hütten nach dem Ski- eben dem Après-Ski Vergnügen frönen dürfen.
Man ist geneigt zu sagen, hier würden das Après-Ski und manch anderes, fernab vom restlichen Österreich, fröhliche Urständ feiern; anders formuliert: Wunderwelt im Winterwunderland Lungau - wundern darf man sich allerdings nicht.
Wir sind, das ist die gute Nachricht, am besten Weg zu einer 100%-igen Herdenimmunität. Frei nach dem Motto: "Wenn die Herde niemand schützt, nehmen wir das selbst in die Hand".
Quelle/Bild: © Foto: Ulrike Mai/pixabay
Auch dabei werden wir bald an der Spitze der Hitparade stehen; selbstbestimmt und, mehr oder weniger, freiwillig. Wir leben einfach in einer anderen Welt, fernab der Zivilisation und ebenso weit entfernt von sinnentfremdeten Covid-19-Maßnahmen bzw. deren Einhaltung oder Kontrolle. So wird kein Jahr mehr vergehen und wir werden zu einer Vorbildregion hochstilisiert werden, die alsbald zahlreiche Nachahmer gefunden haben wird.
Lustig ist in diesem Zusammenhang auch, dass der derzeitige Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, der ranghöchste Ordnungshüter unseres Landes also, in diesem Bezirk geboren wurde und sich des Öfteren, sofern es ihm seine ach so wertvolle Zeit erlaubt, auch hier aufhält. Auch er dürfte offenbar nicht in der Lage sein, auf seine "Schäfchen" einen entsprechenden, wie er selbst es nennen würde, Kontrolldruck auszuüben.
Wie schon geschrieben: Bei uns gehen die Uhren anders - scheinbar nicht nur sondern auch am Handgelenk unseres Oberpolizisten. Manche ticken anders, wir ganz speziell.
Chr. Brugger
17.11.2021