Sommermärchen – Part II
Geht es nach den Frauen unserer Fußballnationalmannschaft, die ab heute bei der Europameisterschaft in England für Furore sorgen wollen, könnten sie nach 2017 ein weiteres "Sommermärchen" schreiben; seit dem Halbfinaleinzug vor 5 Jahren sei es zu einem "Wendepunkt in der öffentlichen Wahrnehmung" gekommen, "wir haben nun eine andere Strahlkraft" und "es sei schön, bei dieser Aufwärtsspirale dabei zu sein" meint Viktoria Schnaderbeck, Österreichs Kapitänin.

Quelle: https://www.woman.at/a/viki-schnaderbeck-freundin
"100% und mehr" wolle man bringen verspricht die "geoutete" ("Love always wins") Tottenham Hotspur Leihgabe , die, geht es nach www.soccerdonna.de, einen Marktwert in Höhe von derzeit immerhin € 50.000,00 repräsentieren soll.
Zudem habe sich, so Schnaderbeck, das "Standing des österreichischen Teams in jedem Fall zum Guten geändert", spiele man mittlerweile "nicht nur um die goldene Ananas".
Geht es nach den Wettanbietern, sind die Österreicherinnen im heutigen Auftaktspiel gegen England allerdings krasser 1:12 Außenseiter; selbst bei einer 0:3 Handicap-Wette (1:1,47) bekäme man mehr als setzte unsereiner, der "Logik" folgend, auf die Engländerinnen (1:1,20).
Zum Glück entscheiden aber weder "Love" noch "Logik" Fußballspiele; so bleibt zu hoffen, dass die ÖFB-Frauen heute am Abend in Trafford überraschen bzw. überzeugen; dort, wo bereits Bon Jovi, Genesis, Bruce Springsteen oder Rod Steward Zuseher unterhalten haben, könnten unsere "Amazonen" "nachlegen" und den ca. 75.000 Eintrittskartenbesitzern beweisen, dass den bisherigen Niederlagen (7) gegen die Engländerinnen keine weitere hinzuzufügen sein wird.
Die Voraussetzungen für das erste Kapitel eines neuen Sommermärchenbuches könnten kaum besser sein, schreitet doch im heimischen Frauenfußball die Metamorphose "von der Volksbelustigung zur Primetime" unaufhörlich voran - zumindest, wenn es nach ÖFB, ORF und Irene Fuhrmann, Österreichs Teamchefin, geht.

Quelle: https://www.exclusive.co.uk/the-spa-at-pennyhill-park/membership/request-a-tour/
Dazu hat sich der ÖFB auch, wenn es um das Mannschaftsquartier geht, nicht "lumpen" lassen; der ca. 50-köpfige Tross aus Österreich residiert im feudal-mondänen Fünfsternetempel "Pennyhill Park Hotel & The Spa", wo die Nacht für eine Person (im Doppelzimmer) schlappe € 350,00 (ohne Frühstück) kostet.
Was für Englands Kicker bei der Euro 2021 "recht und billig" war, dürfte also auch den Ansprüchen der heimischen Frauenfußballelite gerecht werden; wollten Schnaderbeck & Co auch dem sportlichen Maßstab der "The Three Lions" entsprechen, sollten sie allerdings das Finale erreichen, um dort (hoffentlich nicht) im Elfmeterschießen zu scheitern.

Quelle: https://www.booking.com/hotel/gb/pennyhillhotel.en-gb.html?activeTab=photosGallery
Bis es allerdings so weit ist bzw. kommt, müssen unsere Frauen gegen England, Norwegen und Nordirland ihre Klasse erst unter Beweis stellen, die hohen Erwartungen in der Heimat erfüllen; das wird ohnedies schwierig genug, sind wir doch - nüchtern betrachtet - zumindest gegen England und Norwegen klare Außenseiterinnen. Alles andere als ein Ausscheiden in der Gruppenphase der EM wäre jedenfalls eine "saftige" Überraschung.
Völlig überraschend hat sich bereits ein anderer österreichsicher Sportler mit einem durchaus respektablen Erfolg zurückgemeldet; Dominic Thiem, Nr. 343 der aktuellen Weltrangliste, hat sich am gestrigen Abend im Salzburger Volksgarten gegen den wesentlich höher eingeschätzten Filip Misolic (Nr. 210), knapp und nach einer äußerst bescheidenen Leistung, durch einen Zweisatzsieg seit längerem auch wieder einmal sportlich "zu Wort" gemeldet; sein X-tes Comeback gibt Anlass zur Hoffnung, er könnte zumindest auf nationaler Ebene wieder reüssieren bzw. konkurrenzfähig werden.

Quelle: https://www.derstandard.de/story/2000135553493/thiem-erstmals-seit-ueber-acht-jahren-nicht-mehr-in-top
Ob dieser Erfolg allerdings als Auftakt zu einem (weiteren) "Sommermärchen" betrachtet werden kann, wird nicht nur von Experten bezweifelt; der 28-jährige Lichtenwörther beeindruckte eher mit schwachen Aufschlägen und "vermeidbaren" Fehlern denn mit Spielwitz, Athletik oder Präzision; in der Form von gestern wäre Thiem, so ist zu hören, momentan im besten Fall eine Verstärkung für die erste Mannschaft des 1. Salzburger TC in der Landesliga A; er sei aber von einer Rückkehr auf die höchste ATP-Ebene in etwa so weit entfernt, wie Boris Becker von seiner Entlassung aus dem "Ihrer Majestät Gefängnis Wandsworth"; wobei: Dass Becker irgendwann entlassen wird, steht fest, die Rückkehr von Thiem auf ein ernst zu nehmendes, sportliches Niveau hingegen keinesfalls. Insofern könnte der gestrige "Erfolg" der ehemaligen Nr. 1 von Österreich (unter Nachsicht aller Taxen) höchstens als erste, wenn auch überwiegend leere, Seite für ein Kindermärchenbuch Verwendung finden. Eher geht zurzeit nämlich ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass Thiem bei den nächsten "Australian Open" die Qualifikation übersteht oder eine Wildcard geschenkt bekommt.
Chr. Brugger
06.07.2022