Soll von der Leyen zu Fuß gehen?

07.11.2021

Man stelle sich vor, die ranghöchste europäische Politikerin stiege in Wien in ein Flugzeug und flöge nach Bratislava - was passierte?

Quelle: https://www.rtl.de/cms/geht-so-klimaschutz-von-der-leyen-nimmt-fuer-50-kilometer-lieber-den-privatjet-als-die-bahn-4859878.html

Die Antwort darauf kann man in in- und ausländischen Medien dieser tage nachlesen. "Klimaschutz? Von der Leyen empört mit 47km Flug" lautet die Quintessenz all dessen, was medial vernommen werden kann.

Stünde nicht zeitgleich die Klimakonferenz im schottischen Glasgow an der Tagesordnung, fiele der Flug von Von der Leyen, der bereits im Juni(!) stattgefunden hat, vermutlich weder auf noch ins Gewicht. So aber sieht sich unsere Kommissionspräsidentin mit einem "Shitstorm" konfrontiert, der ihrem Ansehen und ihrer Funktion Schaden zuzufügen könnte.

Aber, wie bitte soll Frau Von der Leyen sonst, von Wien aus, nach Bratislava kommen? Soll sie zu Fuß gehen, mit einem dieselbetriebenen Taxi reisen, ein E-Bike verwenden, sich mit der Bahn, die mit einem Stromgemisch aus atomkraft-, wasserkraft-, kohlekraft- oder windkraftbetriebenen Werken stammt, verbringen lassen? Wollte sie sich keinem Vorwurf aussetzen, hätte sie also zu Fuß gegen müssen; wobei, auch dabei wäre es zu einem durchaus vorwerfbaren CO2-Ausstoß gekommen.

Einzig deshalb, weil unsere Präsidentin, noch dazu bereits im Sommer, in ein Flugzeug gestiegen ist, stürzen sich die Medien auf diese, durchaus übliche, Art der Fortbewegung, wenn man von einem Ort aus eben einen anderen erreichen möchte.

Ein Privatjet für 17 Minuten - eine bodenlose Frechheit, darf man vernehmen.

Die Botschaft an Fr. Von der Leyen fasst der Generalsekretär des Europäischen Steuerzahlerbunde, Michael Jäger, unter dem Titel "ökologische Sünde" zusammen: "Er kostete viel Steuergeld, viel Zeit für die Wege von und zu den Flughäfen und vor allem: Viel Glaubwürdigkeit".

Von der Leyen rechtfertigt sich sogar für diese Vorhalte: "Mit Abflug und Ankunft in Belgien waren es bei dieser Reise sieben Länder in zwei Tagen. Alternativen wurden geprüft, doch es gab logistisch keine andere Möglichkeit". Außerdem sei sie noch am selben Abend nach Riga geflogen; dazu komme, dass es wegen Corona Bedenken gab, Linienflüge oder Züge zu nutzen.

Quelle: https://bahnstreik-soli.de/warum-sie-fuer-gottschalk-in-eine-muelltonne-kletterte/

Bevor man über Von der Leyen den Schmutzkampagnenkübel ausschüttet, sollte man zuerst deren Reisewilligkeit, die mit einer solchen Reise verbundenen Torturen, die physischen und psychischen Belastungen, die unmenschlich anmutende Arbeitszeit der Präsidentin sowie die Wichtigkeit des Auftretens der höchsten Repräsentantin der Europäischen Union respektierend anerkennen. Mehr Achtung vor dem Amt wäre geboten, mehr Verständnis für ihr Handeln, Empathie in angemessener Höhe. Ökologische, wirtschaftliche, oder auch sonstige Gesichtspunkte mögen durchaus wichtig oder richtig, angebracht sein. Diese Aspekte können aber niemals für eine Politikerin vom Range unserer Kommissionspräsidentin Geltung für sich beanspruchen. Selbst dann nicht, wenn Fr. Von der Leyen in Bratislava nur den Friseur aufgesucht und in Riga einen Kaffee zu sich genommen hätte. Eine Präsidentin, noch dazu diejenige der Europäischen Union, hat selbstverständlich, das sei allen Kritikern ins Stammbuch geschrieben, standesgemäß zu verreisen, sich nicht mit Taxilenkern ohne ausreichende Deutschkenntnisse auseinander zu setzen, nicht mit betrunken, grölenden Fußballfans im Zug oder gar mit E-Bikes, die über keine Beleuchtung und keinen Rücktritt mehr verfügen.

Worauf man, ob allen Echauffierens, völlig zu vergessen scheint: Der sicherheitstechnische Aspekt: Am sichersten reist man im Privatflugzeug! Die Wahrscheinlichkeit zu verunfallen, ist bei allen anderen traditionellen Fortbewegungswesentlichkeiten, insbesondere bei Linienflügen, wesentlich höher.

Nun reist in diesen Wochen beispielsweise der österreichische Außenminister, Dr. Michael Inhart, in aller Herren Länder, um sich mit wirtschaftlichen Beziehungen, schweren Menschenrechtsverletzungen, vor allem aber auch mit terroristischen Szenarien im zentralasiatischen Raum auseinander zu setzen - für uns alle, für Österreich, Europa, den Weltfrieden an sich!

Quelle: https:// www.bmeia.gv.at

Spätestens zu Weihnachten werden selbsternannte "Öko-Taliban" oder "grüne Emire" dem tapferen Linhart vorwerfen, er hätte diese staatstragend-strategischen Besuche nicht mit dem Flugzeug, sondern mit dem Klimaticket samt Aufschlagszahlungen absolvieren sollen.

Nach Ansicht seiner künftigen Kritiker hätte Dr. Linhart wahrscheinlich von Wien aus, über Ungarn Serbien, Bulgarien, die Türkei, den Irak und Saudi-Arabien nach Katar anreisen sollen; vielleicht auf einem Lipizzaner, den er dann dem Emir schenken hätte können - auf einem "one way saddle" sozusagen - zurück dann mit dem Schlauchboot: Persischer Golf, Golf von Oman, arabisches Meer, Golf von Aden, rotes Meer, Suez-Kanal, Ägäis, Marmarameer, Bosporus, schwarzes Meer - zuletzt dann die Donau hinauf bis ins heimatliche Wien.

Folgte er also seinen potenziellen Mahnern mit grüner Tarnkappe, wäre Linhart für seinen Kurztrip ins ferne Doha länger unterwegs, als seine Amtszeit überhaupt, biologisch bedingt, andauern kann.

Man muss das, futurologisch betrachtet, völlig anders bewerten, endlich bereit sein, Staatsbesuchen die entsprechende Anerkennung, den nötigen Respekt entgegenzubringen.

Quelle: https://timesofindia.indiatimes.com/world/south-asia/these-are-the-shadowy-taliban-leaders-now-running-afghanistan/articleshow/85449430.cms

Glaubt wirklich jemand, irgendein Außenminister, möge er auch aus Österreich sein, würde freiwillig und ohne fundamentales Ansinnen, ohne jeden Hintergedanken in Staaten wie Turkmenistan, Usbekistan oder gar Tadschikistan reisen, um sich dort mit Führern autoritärer oder autokratischer Politsysteme auszutauschen, auseinander zu setzen, die fragile Situation im, von den Taliban regierten, benachbarten Afghanistan erörtern und zu deren Stabilisierung beitragen. Das ist nicht nur gefährlich, sondern, diplomatisch betrachtet, ein Drahtseilakt ohne Sicherheitsnetz. Linhart hat, darüber hinaus, mit Innenminister Karl Nehammer MSc, als einzig verbliebenem Backup, die nächste Flüchtlingswelle zu brechen, in stilles, möglichst österreichfernes, Gewässer  umzuleiten.

Mutet man jemandem, der das alles für uns, die Heimat, auf sich nimmt, zu, von Wien aus mit der Bahn nach Duschanbe anzureisen, vermutlich noch 2. Klasse und ohne Sicherheitskräfte, Sekretärinnen und sonstige Begleitung? Soll Linhart in Duschanbe vielleicht auch noch in einem Bett im gemischten Schlafsaal übernachten, die kalte Dusche auf dem Gang benützen und ohne Frühstück das Auslangen finden?

Quelle: https://www.krone.at/2274257 - Bild: Birbaumer, APA, Krone KREATIV

Kritik wäre möglicherweise angebracht, wenn Linhart aus dem reichhaltigen Überwachungsgeschwader der, allseits geschätzten, BM für Landesverteidigung, Mag. Klaudia Tanner, einen Eurofighter EF 2000 samt Piloten kapern und sich auf den Weg nach Zentralasien machen, Höchstfluggeschwindigkeitsbegrenzungen ignorieren und Landesgrenzen ohne Genehmigung überfliegen würde. Ja dann, aber nur dann, wäre Kritik in einer Randnotiz zulässig.

Selbst das wäre aber überflüssig: Magistra Tanner würde, mit mahnendem Blick und drohendem Zeigefinger, den Flüchtigen ganz sicher wieder auf den Boden der Realität im heimatlichen Zeltweg zurückbeordern.


Chr. Brugger

07.11.2021