SN, Krone & Gerhart Hauptmann

17.01.2021

In den letzten Tagen habe ich mich mehrfach, durchaus kritisch, zu den pseudowissenschaftlichen Arbeiten von Ex-Ministerin Aschbacher geäußert.

Der Anlassfall wäre es dem Grunde nach nicht wert, noch einmal näher darauf einzugehen; handelte es sich nicht um eine ehemalige Ministerin im Kabinett Kurz II., die sich jahrelang mit fremden Federn geschmückt, den Eindruck erweckt hat, sie sei Akademikerin, Verfasserin wissenschaftlicher Arbeiten, hätte erfolgreich an Fachhochschule & Universität studiert. Diese, wie sich nun nach und nach herausstellt, Unwahrheiten haben letzten Endes wohl maßgeblich dazu beigetragen, sie sei (aus dem Blickwinkel von Kurz und Schützenhöfer betrachtet) tatsächlich ministrabel.

Nun haben sich naturgemäß auch österreichische Journalisten mit dieser "Causa" beschäftigt; unter ihnen u.a. Andreas Koller von der Salzburger Nachrichten (SN) sowie Conny Bischofsberger (Kronen Zeitung).

In diesen beiden Tageszeitungen sind mir in den letzten Tagen zwei, etwas merkwürdige, Aussagen aufgefallen:

Im Leitartikel der Ausgabe der SN vom 11.01.2021, verfasst von Andreas Koller, ist zu lesen: "Mit Genuss wurden besonders holprige Zitate der Ministerin aus dem Zusammenhang gerissen, mit wahrer Lust wurde auf die bereits zu Boden gegangene Ministerin hingetreten. Faires Verfahren? Darauf hat man auf Twitter kein Recht. Die Verlotterung des öffentlichen Diskurses ist ein weiterer verabscheuungswürdiger Aspekt dieser Affäre".

Was er den Nutzern von Twitter & Co abspricht bzw. vorwirft, gesteht Koller scheinbar seinen Kollegen Zimmermann und Schliesselberger zu. Auf Seite 4 derselben Ausgabe ("Wie konnte das durchgehen?") machen die beiden Genannten nichts anderes als tausende Nutzer von "Social Media"-Plattformen.

Zimmermann & Schliesselberger zitieren, ebenso aus dem Zusammenhang gerissen, "besonders holprige Zitate", "treten" scheinbar ebenfalls "mit wahrer Lust" auf die Ex-Ministerin hin, indem sie die Arbeiten von Aschbacher u.a. mit folgenden Wortfolgen bewerten: "Schriften, die von Fehlern strotzen", "viel heiße Luft", "holpriges Deutsch", "plagiierte Hypothesen" und "absatzweise schlampig abgekupferte Zitate".

Frei nach dem Motto "quod licet iovi, non licet bovi" billigt Koller scheinbar (vor allem hauseigenen) Journalisten zu, was anderen (in welchem Forum immer) nicht erlaubt sein, zu einer "Verlotterung des öffentlichen Diskurses" führen soll, "verabscheuungswürdig" sei.

In der Ausgabe der Kronen Zeitung vom 16.01.2021 schreibt Conny Bischofsberger u.a. Folgendes: "In der Wissenschaft gibt es einen Faktor, der die Leistung eines Forschers anhand seiner Publikationen bewertet, den sogenannten Hirschfaktor (man spricht ihn aber nicht wie den Hirsch aus, sondern "Hörsch"). Webers Hirschfaktor wäre interessant. Er sollte doch sehr hoch sein bei einem, der sich herausnimmt, andere professionell zu beurteilen.

Dazu Folgendes: Bei "Weber" handelt es sich um Doz. Dr. Stefan Weber, einen (seinen eigenen Angaben zufolge) Sachverständigen für Plagiatsprüfung.

Ob der h-Index (Hirsch-Index, Hirschfaktor) allgemein bekannt ist oder nicht, spielt im Wesentlichen keine große Rolle. Dieser Index, der nach dem argentinischen Physiker Jorge E. Hirsch benannt ist, soll die Produktivität der veröffentlichten Arbeiten von Wissenschaftlern messen, ist gleichsam eine Kennzahl für die externe Wahrnehmung von wissenschaftlich tätigen Personen. Im Wesentlichen basiert dieser Index, der als äußerst umstritten gilt, auf den Zitationen wissenschaftlicher Publikationen. Ein (erwünscht) hoher h-Index errechnet sich, sobald eine maßgebliche Anzahl von veröffentlichten Werken eines Wissenschaftlers möglichst oft in anderen Veröffentlichungen zitiert wird.

Zusammengefasst ist jedenfalls davon auszugehen, dass der h-Index keinen tauglichen Maßstab für die Qualität von wissenschaftlichen Arbeiten darstellt, vielmehr nur Rückschlüsse auf die quantitative "Produktion von Wissenschaftlichem" zulässt.


(Sollte sich jemand eingehender mit dem, von Bischofsberger ins Spiel gebrachten, h-Index beschäftigen wollen, empfehle ich zum Einstieg folgenden Artikel: Peter Laudenbach, "Und immer an den Hirschfaktor denken!" - nachzulesen unter: www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2016/richtig-bewerten/und-immer-an-den-hirsch-faktor-denken)


Wie hoch ein allfälliger "Hirschfaktor" von Dr. Weber tatsächlich ist, spielt im konkreten Fall nicht die geringste Rolle. Dr. Webers Verdienst ist zweifelsfrei das ungeschönte Entlarven einer, scheinbar grassierenden und mittlerweile allenthalben vorhandenen bzw. üblichen, Methode, akademische Titel mit unlauteren wie unseriösen Mitteln zu "erwerben". Ob, das meint scheinbar Bischofsberger, Weber dabei zur Überprüfung der "Wissenschaftlichkeit" der aschbacherischen Werke in der Lage ist, ist ebenso vollkommen unbedeutend. Wer (wie ich) die Dissertation von Aschbacher gelesen hat, benötigt zu deren Beurteilung weder eine wissenschaftliche, akademische, nicht einmal eine gymnasiale Ausbildung. Es ist (nahezu für jedermann) mit freiem Auge erkennbar, dass es sich dabei um absoluten "Blödsinn", um Inhalte, handelt, die (im Sinne der Bewertung des "Standard") am "Schwachsinn" vorbeischrammen.

Dr. Weber muss sich daher im Anlassfall weder etwas "herausnehmen", noch muss er einen Nachweis dafür erbringen, das von Aschbacher Verfasste "wissenschaftlich" beurteilen zu können. "Schwachsinn" hat mit Wissenschaftlichkeit - grundsätzlich, von Ausnahmen abgesehen - nicht sehr viel zu tun.

Man könnte der aschbacherischen "Glanzleistung", "verlottert" sowie "verabscheuungswürdig", abschließend mit einem Zitat von Gerhart Hauptmann´s Darsteller Alfred Loth im Werk "Vor Sonnenaufgang" begegnen: "Er redet (sie schreibt - Ergänzung des Autors) wie der (die - Ergänzung des Autors) Blinde von der Farbe".

Chr. Brugger

17.01.2021