Scheinheilige Doppelmoral
Es hat den Anschein, als würde es momentan - neben dem Krieg in der Ukraine - in Europa kein anderes Thema geben als die Einheit Europas, das gemeinsame Vorgehen gegen die russische Föderation, den als solchen selbst inszenierten Wirtschaftskrieg gegen ein Land, das scheinbar von einem Despoten regiert wird - und das ohne Rücksicht auf den eigenen wirtschaftlichen Schaden der Europäischen Union und vor dem Hintergrund der haarsträubenden Abhängig von Russland, was den Energiesektor betrifft.
Auffällig ist, dass es sich Europas Parteipolitiker binnen kürzester Zeit zur Angewohnheit gemacht haben, vor allem sich selbst, ihr couragiertes Handeln und eine nie dagewesene Einheit aller Staaten zu loben, sich als Krisenmanager darzustellen, die sie bislang weder waren noch heute sind.
In der Not werden selbst die faulsten Menschen fleißig - dieser Satz gilt offenbar auch für Spitzenparteipolitiker, vor allem wenn es darum geht, einerseits von den eigenen Unzulänglichkeiten in der Vergangenheit abzulenken, den angerichteten Schaden zu minimieren; andererseits immer dann, wenn sich die Möglichkeit bietet, die eigene Reputation aufzumöbeln, die - auch das gilt für alle Länder der EU und eint sie auf andere Weise - aus gutem Grund nicht schlechter sein könnte.
Mitten im systemischen Versagen rund um die nach wie vor andauernde Pandemie, die mittlerweile absolute keine Rolle mehr spielt, hat sich durch den Angriff Russlands auf die Ukraine die einzigartige Möglichkeit ergeben, zumindest irgendetwas Sinnstiftendes auf die Reihe zu bringen, sich das erste Mal nützlich zu machen, um damit endlich auch einmal etwas für die eigene Daseinsberechtigung zu tun.
Außer wirtschaftlichen Sanktionen ist der selbsternannten europäischen Einheit bislang nicht sonderlich viel eingefallen; dafür plustern sie sich noch erbärmlicher auf als sonst, malen Schreckensszenarien in TV-Kameras ("Vernichtungskrieg"), lassen keine noch so peinliche Gelegenheit aus, medial ihre eigene Unfähigkeit zum wiederholten Male unter Beweis zu stellen (so z.B. Innenministrant Karner in der "ZIB 2", Verteidigungsgranate Tanner "Im Zentrum); selbst in Zeiten, in denen man gar nicht so dumm sein kann, etwas falsch zu machen, gelingt dies leider nicht nur unseren Parteigängern; anstatt im Windschatten der global zivilen Hilfsbereitschaft den Mund zu halten, schreien wieder die am lautesten, die sonst nur mit Unfähigkeit, blöden Aussagen und hochnotpeinlichem Ungeschick auffällig werden.
Ja, Herr Exinnenminister, selbst wir haben schon vernommen, dass der Krieg in der Ukraine einer Tragödie gleicht; es hat aber wenig Sinn, wenn Sie die Ängste der Österreicher/innen jeden Tag mit irgendwelchen Spekulationen aufs Neue schüren, Schreckensszenarien entwerfen, sich wie ein abgehalfterter Milizoffizier gerieren, der von einem Krieg nicht den Hauch einer Ahnung hat, im besten Fall über militärisches Schulwissen verfügen und dennoch meinten als Laienstratege auftreten zu können.
Witzig, weil frappierend dummdreist, der Ministrant fürs Innere: Von einer Massenzustrom-Richtlinie nicht den Funken einer Ahnung; zu den historischen Wahnwitzvergleichen des, wenn es um Peinlichkeiten geht, üblich-verdächtigen Sobotka keine eigene Meinung, zum Zustand des Zivilschutzes fehlt jede Kenntnis - so sieht jemand aus, der vom dem was er tun sollte nicht das Geringste versteht - und so etwas fliegt (auf unsere Kosten) auch noch zwischen Wien und Brüssel hin und her ...
Peinlich wie immer (insofern nicht neu) unsere Kartoffelamazone aus dem türkis-schwarzen "lowest Austria" - fehlt nur noch, dass sie Putin via Twitter ausrichtet, er würde sie noch kennen lernen; bei solch einer Ansage würde selbst ein mit allen Wassern Gewaschener, kriegserfahrener Präsident in Ehrfurcht erstarren, vermutlich in Panik verfallen oder den Krieg gegen die Ukraine beenden.
Erhellend wirkt auch, dass es gerade diejenigen sind, die am vehementesten zu Solidarität und Mithilfe bei der Bewältigung von zu erwartenden Flüchtlingsströmen aufrufen, die vor knapp einem Jahr minderjährige Kinder abgeschoben und vor Kriegen in Asien flüchtenden Kindern samt Müttern eine Aufnahme in Österreich verweigert haben. Scheinbar haben Nehammer & Schallenberg mittlerweile erkannt, dass es zwei Arten von Flüchtlingen gibt: Solche erster und solche letzter Klasse - die Einstufung erfolgt nach Herkunft, Religion und politischem Kalkül; als es opportun erschien, Flüchtlingen nicht zu helfen, waren Nehammer und Schallenberg mit fadenscheinigen Argumenten die Ersten in den Reihen derjenigen, die die Grenzen verschließen wollten; von Solidarität oder Mitmenschlichkeit war jedenfalls nicht die Rede; jetzt aber, wo alle in ein völlig anderes Horn hineinblasen, flöten unsere beiden Oberzauberer fröhlich mit, stimmen ein in den Chor all jener, denen alle Flüchtlinge, so sie aus der Ukraine kommen, liebt, recht und vor allem etwas wert sind.
Ich war zwar nie in einem Kriegsgebiet in Syrien, Afghanistan oder der Ukraine; in meiner grenzenlosen Naivität und militärpolitischen Dummheit gehe ich aber davon aus, dass sich ein Krieg in Syrien oder Afghanistan für Kinder und Frauen nicht anders anfühlt als ein solcher in der Ukraine; vielleicht täusche ich mich, mag sein. Wenn ein Krieg aber ein Krieg ist, dann dürften auch die Folgen für davon Betroffene, vor allem wenn es um Kinder und Frauen geht, in etwa dieselben sein. Dann stelle ich mir aber die Frage, warum man jene so, andere aber ganz anders, als Flüchtlinge zweiter Klasse behandelt.
"Wir sehen, wie Charkiw brutal massiv beschossen wird" meint Nehammer soeben - vielleicht kann er mir sagen, wo er das sieht - live im Fernsehen oder will er wieder nur Angst schüren und Panik verbreiten? Wie oft muss er noch vor die Kameras treten und mit seinem Geschwätz die Zuhörer belästigen.
Der Außenminister muss den russischen Botschafter zitieren! - Eine völlige, nicht nur diplomatische, Farce.
Wir werden den russischen Präsidenten voll verantwortlich machen, u.a. wenn es darum geht, Kriegsverbrechen aufzuklären - daher ein dringender Appell an die russische Föderation ...
Ich frage mich, was Nehammer damit will: Putin wird das wenig interessieren - als Oberlehrer kann er allenfalls in einer Volksschulklasse reüssieren, sonst aber nirgendwo.
Warum bemüht Nehammer jetzt nicht auch den "Moria-Effekt", mit dem er sein unmenschliches Treiben vor einiger Zeit kaschieren wollte als es darum ging, Kinder und Frauen bei uns zumindest kurzfristig aufzunehmen?
Ähnliches gilt für Schallenberg - jetzt hat er bereits zum dritten Mal(!) den russischen Botschafter in sein Ministerium zitiert - wozu? Zum Teetrinken oder Schnapsen?
Völkerrecht - ist gefälligst einzuhalten: In welchem Teil der Welt lebt Schallenberg? Unter einem Glassturz im Staatsarchiv? Dann trällert er weiter, von "sie werden zur Rechenschaft gezogen", als Kriegsverbrecher behandelt ... alles nur leere Luft und viel Getöse, als gäbe es sonst nichts zu tun. Die beiden könnten jederzeit in der Kärntner Straße Geld für Flüchtlinge sammeln oder mit ihren Dienstwagen längst an die polnisch-ukrainische unterwegs sein, um dort Flüchtlinge mit nach Österreich zu nehmen.
Mit solch unrühmlichen Auftritten wie soeben runden die beiden nur das Bild ab, das die österreichische Parteipolitik seit Jahren abgibt: Viel Blabla, Trittbrettfahrerei wenn es sein muss und von Menschlichkeit keine Spur, wenn es nicht gerade ins eigene Kalkül oder zum europäischen Mainstream passt.
Ein Problem werden speziell diese beiden Protagonisten der türkis-schwarzen Sippe jedoch nicht los: Allenfalls werden sie in einer Zeit wie dieser etwas fleißiger, klüger werden sie aber mit Sicherheit nicht.
Eines ist aber auch klar: Europas vermeintliche Politspitze lobt die Solidarität, die Einheit, das Gemeinsame; was, wenn nicht das, wofür man sich selbst lobt, ist in einer solchen Situation selbstverständlich? Für das, was selbstverständlich ist, muss man sich weder loben, noch das eigene Zutun gleichsam verherrlichen - das ist ebenso lächerlich wie das bisherige Nichtstun in verteidigungsstrategischen Belangen, das klägliche Versagen bei zentralen Themen in Europa, die bislang vergebens auf eine Lösung warten, wie z.B. Asylpolitik, Pandemiebewältigung, lückenlose Gewährleistung der europäischen Grundfreiheiten, Energiepolitik, europäische Außenpolitik ...
Und, noch ist der Krieg in der Ukraine nicht aus und mit Worten wurde bislang noch kein Krieg gewonnen - gewinnen können ihn nur die Ukrainer selbst und niemand anderer (außer Russland) - sollte das der Fall sein, werden von der Leyen und ihre Epigonen die Ersten sein, die sich diesen Sieg auf ihre eigenen Fahnen heften und so tun, als hätten sie ihn selbst geführt. Eine Frau Baerbock biedert sich gerade auf der ganzen Welt an und lässt jeden, der es hören will oder nicht, wissen, Putin habe sich verkalkuliert und nicht mit einem "vereinten" Europa gerechnet - glaubt sie wirklich, das würde den Ukrainern helfen oder dienlich sein? Sie prostituiert sich selbst, einzig um sich zu inszenieren - das vermag aber an den Tatsachen nichts zu ändern, ob sie das nun in Paris, Washington oder bei ihr zu Hause tut. Es interessiert schlichtweg niemanden; die europäische Zivilbevölkerung ist geeint und will helfen - still und leise; daran sollten sich diejenigen, die glauben, tagein tagaus ihre Phrasen, Mutmaßungen und sonstigen Dummheiten zum Besten geben zu müssen, ein Vorbild nehmen.
Chr. Brugger
01/03/2022