Planlos in Ovilavis

28.01.2024

Mehrere Wochen, nein Monate, wurde über die vollmundig angekündigte Rede Karl Nehammers zu dessen Zukunftsvisionen für Österreich geredet, geschrieben, diskutiert und gemutmaßt; das annehmende Befürchten wurde vor ein paar Tagen beendet; die ÖVP selbst war es, die nach und nach den Medien Inhalte aus dem "Österreich plan" zuspielte.

Quelle: https://www.heute.at/s/nehammer-sozialleistungen-erst-nach-5-jahren-120016498

Die letzte Rede dessen, der in jedem zweiten Satz seine eigene(!) Berufsbezeichnung erwähnt ("ich als Bundeskanzler"), liegt kein Jahr zurück; wer sich daran noch erinnern kann, wird (hoffentlich) in das, was der heimische Burger-King am 26.01.2024 zum Besten geben wollte, keine allzu großen Erwartungen gehabt haben; dass es bei manchen anders gewesen sein muss, erhellt aus zahlreichen "Social Media"-Wortspenden; Hohn und Spott übergießen mittlerweile den McDonalds Charly.

Nun wurden Zeitpunkt & Location für den McDonalds Burger-Auftritt offenkundig ganz bewusst gewählt; er musste scheinbar am Geburtstag von Jörg Haider und in einer Stadt stattfinden, in der ein FPÖ-Bürgermeister das Sagen und die ÖVP keinerlei Bedeutung hat.

Wie auch immer: Beim grotesken Präludium durfte sich just die Spitze alles unsympathisch Verfügbaren bzw. das, was die ÖVP an Dämlichkeit in der ersten Reihe anzubieten hat, versuchen; es ist schon bemerkenswert, dem größten politischen Konkurrenten ca. 20 Minuten an Zeit zu widmen und dabei auch noch allerlei Firlefanz zu verzapfen und Lügen absurder Art zu verbreiten; am 02.12.2020 (Terroranschlag in Wien) war nicht mehr Herbert Kickl, sondern längst ein anderer im Innenministerium tätig und dafür verantwortlich, dass der Anschlag überhaupt möglich bzw. durch Behördenversagen erleichtert wurde, nämlich Charly, the Burger-King himself (Details entnehme man dem Abschlussbericht der Untersuchungskommission vom 10.02.2021 – https://www.bmi.gv.at/downloads/Endbericht.pdf).

Quelle: https://www.erzdioezese-wien.at/site/glaubenfeiern/sakramentefeiern/beichteversoehnung/article/35905.html

Ganz abstrus wurde es allerdings, als ein offensichtlich telematischer Sekretär sich dazu veranlasst gezwungen sah davon zu fabulieren, es wäre dem FPÖ-Chef zu verdanken, dass es in jüngerer Vergangenheit Raketen- und Drohnenangriffe auf Österreich gegeben habe ("er (Kickl) hat auch versagt beim Schutz vor Drohnen & Raketen"); Zeitzeugen haben mir berichtet, dass die letzten Bomben auf Österreich im Jahr 1945 gefallen sind, ein Drohnenangriff auf unser Heimatland ist mir nicht erinnerlich.

Vielleicht war das frivole Vorspiel der dummdreisten Trinität samt halbstark moderierendem Appetizer auch bloß dafür bestimmt, die schwarzen Claqueure körperlich wie emotional dermaßen zu erregen, damit diese für den Höhepunkt der Präsentation tatsächlich gerüstet wären, den Parteibeitrag ihres Burger-Kings.

Immer dann, wenn der ehemalige Bezirksparteiobmann der ÖVP Hietzing(!) irgendwo bzw. irgendwie (öffentlich oder privat) in Erscheinung tritt, ist mit Ungemach zu rechnen, sind Peinlichkeiten gewiss; die Liste seiner bisherigen Fauxpas füllte Seiten, wäre folglich ellenlang und ist – dem Internet sei Dank – gut dokumentiert.

Bereits die erste Seite der schriftlichen Grundlage seiner gestrigen Rede erhellt den geistigen Zustand des "Autors": Entweder handelt es sich bei diesem "Österreich plan" um eine von ihm persönlich verfasste Auflistung all dessen, was er (als Regierungsmitglied) selbst nicht zustande gebracht hat oder doch um ein Plagiat, zumal er immer noch das Gerücht kursieren lässt, Experten wären beigezogen und die Bevölkerung eingebunden worden; Nehammer verkauft also Fremdes als Eigenes bzw. Eigenes im monarchisch autoritären Pluralis Majestatis – beide Spielarten sind jedenfalls nicht sonderlich integer, anständig, schon gar nicht loyal oder aufrichtig.

Wie dem auch sein mag; Redlichkeit schreibt sich der durch einen reinen Zufall legitimierte Kurznachnachfolger (nicht nur scheinbar) selbst zu, "redlich zu wirtschaften, nicht zu blenden und keine Kartenhäuser aufzubauen, die dann zusammenbrechen und andere belasten"; "Redlichkeit ist wichtig in der Politik wie in der Wirtschaft".

Quelle: https://exxpress.at/geplantes-gender-verbot-oesi-kanzler-nehammer-schaffts-in-die-bild/

Was aber ist eigentlich Redlichkeit, Herr Nehammer?

Würde man sich im Zusammenhang mit "Figuren wie Nehammer" ernsthaft dem Begriff der "Redlichkeit" bzw. dessen Erklärung widmen, müsste man Philosophen wie Locke, Kant & Clifford oder Nietzsches "Also sprach Zarathustra" bemühen und dazu auch noch erkenntnistheoretische Überlegungen anstellen, was wiederum dazu führte, Descartes, Hobbes oder Wittgenstein ins Spiel bringen zu müssen; all das wäre der "Ehre" zu viel – oder, anders formuliert: Es hieße, in Anlehnung an den Evangelisten Matthäus, Perlen Schweinen vorzuwerfen, sich sohin der Gefahr auszusetzen, Erstere würden von Zweiteren zertreten.

Die "intellektuelle" Redlichkeit von Thomas Metzinger genügt vollauf, wiewohl selbst das bedeutet, mit Kanonen auf Spatzen zu zielen.

Kurzum: Ich nehme das, was dem Orator am Ehesten entspricht: Wikipedia, das Wissen des kleinen, ungebildeten bzw. unbedarften Mannes, dem es bereits am nötigsten Wissen mangelt: "Als Redlichkeit bezeichnet man die Tugend und Charaktereigenschaft einer Person, entsprechend den Regeln der Gemeinschaft gerecht, aufrichtig und loyal zu sein".

Quelle: https://www.hagerhard.at/blog/2022/07/alkohol-oder-psychopharmaka/

Jetzt kann das, was Nehammer im oberösterreichischen Ovilavis (Wels) seinen Parteigenossen zugebrüllt hat, naturgemäß nicht auf dessen tatsächliche Entsprechung hin überprüft werden; "sein" Österreich "plan" bezieht sich ja auf das Künftige, etwas, das seiner Meinung nach erst 2030 real geworden sein soll.

"Die Botschaft hör ich wohl, allein uns fehlt der Glaube" lautet die Quintessenz der kaum überschaubaren Schar an Nehammer-Kritikern zu dessen "plan"; im "Netz" jedenfalls wird der Parteifunktionär unumwunden verhöhnt – zu Recht, wie ich meine, enthält sein "plan" doch überwiegend unerfüllbar absurde "Forderungen" bzw. solche, auf die Österreich keinen Einfluss hat.

Seine ihm eigene Unredlichkeit hat Nehammer aber längst und nachhaltig unter Beweis gestellt; als es um den längst fälligen Abgang des Maturanten Kurz ging, unterschrieb der Burger-Protegé eine Erklärung, in der unter anderem zu lesen war: "Eine ÖVP-Beteiligung in dieser Bundesregierung wird es ausschließlich mit Sebastian Kurz an der Spitze geben"; wie redlich eben Gestalten wie Nehammer, Schallenberg, Edtstadler, Brunner & Co tatsächlich sind, ist kann bereits damit evident; ihr Wort ist nichts wert, sie haben weder Rückgrat noch Charakter und opfern ihren restlich verbliebenen Anstand am Altar aller niedrigen Instinkte.

Quelle: https://kurier.at/politik/inland/oevp-ermittlungen-oevp-regierungsmitglieder-bleiben-nur-mit-kurz/401762328

Kurz zum Nehammer "plan": Der "plan" hat frappante Ähnlichkeiten mit dem Brief eines Kleinkindes an das Christkind; so wie sich das "Christkind" überlegen muss, wie es die Geschenke der Kinder finanziert, müsste ein redlicher Politiker darlegen, wie er seine eigenen Forderungen zu befriedigen gedenkt; es entspricht dem kleinen Geist eines (zumindest körperlich) recht großen Mannes, allerlei zu fordern, ohne sich um dessen Finanzierbarkeit Gedanken zu machen; das ist zwar im "Fall Nehammer" keine allzu große Überraschung, zählt doch vernunftbegabtes Denken nicht zwingend zur Kernkompetenz eines Schmähbruders; wer für eine schlagzeilenartige Auflistung all dessen, was die ÖVP-Regierungen in den letzten Jahrzehnten verabsäumt hat, ein ¾-tel Jahr an Zeit benötigt und dann nicht einmal belegen kann, wie all das Geforderte zu finanzieren wäre, sollte sich zumindest überlegen, ob es denn sinnvoll bzw. glaubwürdig wäre, vorzuheucheln, "redlich" zu sein.

Quelle: https://exxpress.at/oesterreicher-nach-russen-alarm-des-kanzlers-verunsichert-jetzt-kritik-an-nehammer/

"Unredlichkeit", ist bei Kant nachzulesen, "ist eine Form der inneren Lüge"; Philosophen verstehen generell unter "Fideismus" die Idee, "dass es völlig legitim ist, an einer Überzeugung auch dann festzuhalten, wenn es keine guten Gründe oder Evidenzen für sie gibt, sogar angesichts überzeugender Gegenargumente".

Letztlich ist diese religionsphilosophische Glaubenslehre der Unterbau dafür, was unsereiner "Mangel an innerem Anstand" nennen würde; andere wiederum umschreiben diese "Haltung" mit "vorsätzlicher Selbsttäuschung" bzw. "einem systematischen Wunschdenken oder auch Paranoia" – "man verweigert auf der Ebene des eigenen Geistes nicht nur die Rationalität, sondern auch die Moralität".

Mehr ist dazu nicht zu sagen!

Chr. Brugger

28/01/2024