ÖVP & Schallenberg weiterhin im Sinkflug

24.10.2021

Einer zusehends schwindenden Menschenmenge, der verbliebene Rest derjenigen, die der römisch-katholischen Kirche Österreichs den Rücken weder zukehren noch aus dieser gesetzlich anerkannten Kirche ausgetreten sind, gilt der Sonntag nach wie vor als "Tag des Herrn". Sonntage werden daneben aber auch als Tage der Rache, des Zorns, der "Not und Bedrängnis" bezeichnet.

Quelle: https://www.heute.at/s/oevp-verliert-in-umfrage-massiv-mehrheit-gegen-kurz-100170089 - APA-Grafik / picturedesk.com

Der österreichischen Volkspartei wird zwar immer noch ein Naheverhältnis zu dieser Religionsgemeinschaft nachgesagt; Mitmenschlichkeit, Moral oder christliche Werte haben mit dem momentanen türkis-schwarzen Konglomerat zwar nur mehr wenig zu tun. Von dem, was vor allem die katholische Kirche und die ÖVP über einen langen Zeitraum ausgezeichnet hat, ist kaum noch etwas übriggeblieben. Missbrauch von Kindern steht scheinbar auf der Agenda der einen, Missbrauch von staatlich verliehener Macht auf derjenigen der anderen. Ethik und Moral werden ebenso mit Füssen getreten wie Mitmenschlichkeit oder Rücksichtnahme auf Mitmenschen.

Quelle: https://taz.de/Nach-Kanzler-Ruecktritt-in-Oesterreich/!5810076/ - Bild: Lisa Leutner/ap/dpa

Dass dieses systemische Verhalten, auf längere Sicht betrachtet, nicht funktioniert, bekommt speziell die türkis-schwarze Brut seit ein paar Wochen vor Augen geführt. Das scheint zwar speziell die Protagonisten nicht sonderlich zu beeindrucken, ändert aber nichts daran, dass die türkise Sippe den Sonntag nunmehr wöchentlich als "Tag der Not und Bedrängnis" feiern kann, speziell an diesem Tag den Zorn, die Wut und das Unverständnis der Bevölkerung zu spüren bekommt.

Nur noch knapp über der 20%-Linie findet sich die ehemalige Partei des Volkes bei Sonntagsumfragen in einer trauten Ménage à trois mit Sozialisten und Freiheitlichen wieder.

Solch "seltsame Konstellationen" am heiteren Polithimmel gab es zuletzt 2017, jenem Jahr also, in dem sich Exkanzler Kurz mit äußerst fragwürdigen, unlauteren, allenfalls sogar rechtswidrigen und strafrechtlich relevanten Methoden an die Spitze eines türkisen Scheingebildes geputscht hat, das nun unter seiner eigenen Last in sich zusammenstürzt.

"Mit von der Partie", was Ab- und Zusammensturz betrifft, sind nicht nur Köstinger, Nehammer & Co, sondern auch der derzeitige Kanzler, "Graf Alexander von Schallenberg". Für ihn hat die österreichische Bevölkerung, zahlreichen Umfragen zufolge, wenig bis gar nichts übrig; war der Grad seiner Beliebt bereits als Minister des Äußeren bescheiden, liegen seine schwachen Umfragewerte jetzt auch noch weit unter dem Sympathiezuspruch für diejenige Sippe, der er seine Funktion zu verdanken hat. Solcherart brachte der adelige Spross binnen weniger Tage etwas zustande, was in der 2. Republik noch keinem Regierungschef gelang: 16% Zustimmung bei einer sonntäglichen Kanzler-Direktwahl. Im Umkehrschluss bedeutet das: 84%(!) der Österreicherinnen und Österreicher wollen Schallenberg nicht als Kanzler. Chapeau!

Ob es Schallenberg ein Trost ist oder nicht: Armin Laschet von der schwarzen Schwesterpartei CDU liegt in der benachbarten Bundesrepublik aktuell bei bemerkenswerten 14 Prozentpunkten.

Nun mag man dem Grafen zugutehalten, dass für das republikinterne Desaster einzig und allein der abgestürzte Maturant zuständig sei; das stimmt aber nur insofern, als der "Produkt eines Zufalls Kanzler" bei den türkisen Malversationen zumindest mittendrin und dabei war, seinen Vorgänger immer noch, wenn auch mit unsinnigen Argumenten, zu verteidigen sucht, sich schützend vor ihn stellen will, obwohl er selbst, vom Grat seiner Befähigung für das Amt aus betrachtet (selbst bei einem horizontalen Sonneneinfall), nicht einmal in der Lage ist, einen müden Schatten zu werfen.

Quelle: https://www.profil.at/oesterreich/schallenberg-ist-schuessel-kurz-ist-haider/401774304 - © Bild: profil

So kann "Schalli" weder dem Schatten des Schattenkanzlers entkommen noch auf die, zusehends bröckelnde, Haus- und Hofmacht des Exkanzlers zurückgreifen. Köstinger & Co haben ja darob nichts anderes mehr zu tun, als Basti weiter zu huldigen, zu verehren und sich sehnsüchtig zurückzuwünschen.

Man scheint zu verkennen, geschweige denn zu verstehen, dass Kurz mittlerweile zu einem der unbeliebtesten Politgenossen der Republik verkommen, die ÖVP anhaltend im Absturz begriffen ist und Schallenberg deren beider Schicksal teilt. "The winner takes it all, the loser's standing small" singen ABBA seit 1980; "winner" sehen anders aus als Seb & Alex - sie sind, im Sinne der schwedischen Band, "klein und unbedeutend".

Das steht den beiden durchaus gut zu Gesicht, ist ihrer "Hoheiten" angemessen.

Wer das Volk belügt oder für dumm verkaufen will und sei es auch nur in einer trüben Suppe, die sich immer noch Politik nennt, der darf sich nicht wundern, wenn er mit Schande und Spott überhäuft, mit Häme übergossen wird und um Wohlwollen vergeblich fleht.

Quelle: https://www.krone.at/2302223 - Bild: LOUISA GOULIAMAKI

Wer Kindern auf der Flucht und in miserablen Verhältnissen nicht hilft, integrierte Kinder ins Niemandsland abschiebt, wer permanent betont, wie wichtig ihm Werte, ethische Grundsätze und Moral sind, aber anhaltend die erlangte Macht aufs Gröbste missbraucht, demokratische Institutionen ad absurdum führt, es mit der Wahrheit nicht allzu ernst nimmt, gleich einem Lehensherrn auftritt, darf sich am Ende nicht wundern, wenn man ihn verabscheut, nichts mehr von ihm wissen will.

Quelle: https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2116497-Schallenberg-und-Nehammer-planen-Afghanistan-Konferenz.html - Bild: © APA/ROBERT JAEGER

Wer solche Machenschaften gutheißt, unterstützt, deckt, nicht verurteilt, sich als jemand ausgibt, der er offenbar nicht ist oder sein will, hat an der Spitze des Staates ebenso wenig verloren, wie derjenige, dem wir die ganze Situation verdanken; Kurz hat längst jede Berechtigung verloren, ein Amt im Staat auszuüben; dasselbe gilt für Schallenberg.

Chr. Brugger

24/10/2021