Österreich-Konvent
Die NEOS haben im Vorfeld der NR-Wahl 2024 das Abhalten eines sog. Österreich-Konvents ins Spiel gebracht; prinzipiell ist dieser Idee durchaus etwas Positives abzugewinnen; um nicht dasselbe Schicksal erleiden zu müssen, wie der letzte diesbezügliche Konvent (2003 – 2005), muss man mE das Ganze größer und losgelöst von ideologischen Befindlichkeiten denken; vor allem darf die Parteipolitik, wie sie sich heute darstellt, dort nichts zu sagen haben; ein Österreich-Konvent, wie es ihn bereits gegeben hat, ist ausschließlich dann sinnvoll, wenn nicht wiederum diejenigen das Sagen haben, die (im Sinne Max Webers) ausschließlich von der und nicht für die Politik leben; es kann sich folglich nur um einen Konvent handeln, von dem Mitglieder politischer Parteien explizit ausgeschlossen sind – sonst ist ein solches Vorhaben von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Quelle: https://media.happycolorz.de/landkarten/oesterreich-karte-farben-fahne.png
Daher muss es sich um eine Initiative aus dem und für das Volk handeln; sofern eine solche Bewegung parteipolitisch infiltriert wird, kommt am Ende nichts heraus – Parteigänger sind weder willens noch in der Lage, den eigenen Futtertrog zu verkleinern; sie denken nicht an das Volk oder die einzelnen Staatsbürger, sondern nur an sich und ihr eigenes Fortkommen; im schlimmsten Fall sind von diesen absurden Ansinnen auch noch Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder umfasst.
Folgende Frage könnte man sich durchaus berechtigt stellen?
Wozu benötigt man beispielsweise in allen Bundesländern jeweils 3 selbständige Verwaltungsebenen?
Wozu braucht es in jeder einzelnen Gemeinde, unabhängig von der Anzahl ihrer Einwohner, Bürgermeister, Gemeinderäte und Gemeindevertretungen?
Warum kann man nicht österreichweit Gemeinden zu "Gemeindeverbänden" vereinen, Bezirkshauptmannschaften unter regionalen Gesichtspunkten flächendeckend fusionieren und das nicht auch bundesländerübergreifend denken?
Wozu benötigt man sinnlos aufgeblasene Landesverwaltungen, die im Wesentlichen nichts anders zu tun haben als das Geld, das ihnen vom Bund zugewiesen wird, zu verteilen?
Warum denkt man nicht ernsthaft darüber nach, sich mit "Bundesländerverbänden" (z.B. V-T-S-OÖ, NÖ-W, K-St-B) zu beschäftigen?
Warum gibt es keine einheitliche Bildungspolitik, sondern föderalistisch aufgeblähte Strukturen, Bildungsdirektionen in allen Bundesländern und ein unüberschaubares Chaos an rechtlichen Grundlagen?
Warum ist die Bildung in allen Bundesländern bis ins kleinste Detail u.a. mit parteilichen Gewerkschaften durchsetzt, die nichts dazu beitragen das marode Bildungssystem zu verbessern? Immer und überall geht es nur um parteiliche Einflussnahme bei der Besetzung von Posten; ohne Parteibuch ist es auch heute noch undenkbar, Direktor einer auch noch so kleinen Volksschule zu werden; immer sind just Parteibuchinhaber besser geeignet als alle anderen Bewerber.
Quelle: en.wikipedia.org/wiki/Districts_of_Austria#/media/File:Austrian_Districts.svg (CC BY-SA 4.0)
Wozu benötigt Österreich 183 hochdotierte Nationalratsmitglieder, wenn bei allen Abstimmungen "Partei- oder Klubzwang" besteht und der überwiegende Teil der Mandatare gar nicht in der Lage oder willens ist, einzelnen Materien sinnerfassend zu folgen?
Warum beschränkt man sich anstatt dessen nicht auf die Klub-Obleute der im Parlament vertretenen Parteien, wenn ohnedies über alle rechtsrelevanten Akte in Gestalt von Ministerialvorlagen abgestimmt wird und das Ergebnis bereits vorher feststeht?
Wozu benötigt man im heimischen Flohzirkus-Nationalrat 3 hochdotierte Präsidenten?
Warum hat man nicht längst die Landeshauptleutekonferenz institutionalisiert und den völlig sinn- wie nutzlosen Bundesrat abgeschafft?
Warum gibt es für Nationalrats- und Bundesratsabgeordnete kein gesetzliches Verbot für sonstige Tätigkeiten? Es kann nicht sein, dass die Nationalrats- (brutto 14x je € 10.351,00) und Bundesratsgehälter (brutto 14 x je € 5.176,00), die bei weitem über dem Durchschnittseinkommen der ÖsterreicherInnen liegen, nicht ausreichen, um davon zu leben.
Warum verbietet man nicht das Lobbying und stellt es unter Strafe? Die unerträgliche Verquickung von Wirtschaft & Politik ist die Keimzelle jedweder Korruption.
Warum werden bis heute nicht alle öffentliche Ausgaben (z.B. Spesen von diversen Politikern, Kosten für Dienstfahrzeuge, Flugreisen, Dienstwohnungen etc.) veröffentlicht? Immerhin handelt es sich um "unser" Geld, respektive das Geld aller SteuerzahlerInnen.
Warum wurde das Förderwesen bis heute nicht pragmatisch und übersichtlich sowie einheitlich organisiert? Wozu benötigen wir in Österreich 36(!) verschiedene "Leistungsgeber"? Vermutlich deshalb, damit die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut und Doppel- oder Mehrfachförderungen üblich sind.
Quelle: https://www.parlament.gv.at/aktuelles/news/So-entsteht-die-Sitzordnung-im-Nationalrat/
Warum gibt es für hohe Funktionen in der Verwaltung (Kanzler, Vizekanzler, Minister, Staatssekretäre etc.) keine Anforderungs- und Leistungsprofile? Haben wir es wirklich nötig, uns laufend nur mit willfährigen, fachlich inkompetenten und nur auf den eigenen Vorteil bedachten Parteimitgliedern zu beschämen?
Ist es wirklich nötig und in Stein gemeißelt, dass uns nicht die Fähigsten, sondern tendenziell nur Unfähige regieren? Es kann nicht sein, dass wir in Österreich nicht Menschen haben, die uns mit Sach- und Hausverstand verwalten und nicht darauf angewiesen sind, ihr Einkommen aus dem Steuertopf zu erhalten?
Wenn es in Österreich, wie manche das nach der NR-Wahl 2024 fordern, nicht so weitergehen kann, wie bisher, dann sollte man sich Antworten auf die zuvor gestellten Fragen einfallen lassen.
Übrigens: Dieser Fragenkatalog wäre beliebig erweiterbar und könnte erforderlichenfalls auch im Detail erläutert werden … denn, der Fisch beginnt bekanntlich ja am Kopf zu stinken und bei uns in Österreich stinkt es, dank der unerträglichen Parteipolitik, ganz gewaltig …
Chr. Brugger
04/11/2024