Olympia-Profis versus Sport-Exoten
An und für dich müsste man dem Artikel von Sigi Lützow im Standard vom 24.01.2002 nichts mehr hinzufügen - es wäre eigentlich alles gesagt - "It´s the show, stupid".
Quelle: https://www.diepresse.com/540264/exoten-bei-olympia-die-seele-aus-dem-leib-rennen#slide-2
Lützow beschreibt in seinem Statement prägnant, worum es bei Olympia eigentlich ginge: Unter den fünf Ringen sollte in erster Linie sportliche Fairness herrschen; noch wichtiger als dieser Hinweis erscheinen mir aber die Sätze, in denen er zwar nur indirekt, dennoch unmissverständlich die hanebüchen-stupide Haltung von ÖSV-Verantwortlichen anspricht, die vermeinen, chancenlose Teilnehmer diskreditieren zu müssen, Qualifikationsveranstaltungen mit Wörtern wie "Manipulation" in Verbindung bringen, jeden Respekt vermissen lassen, mit inneralpiner Kurzsichtigkeit nur die eigenen Interessen verfolgen und zugleich den Versuch unternehmen, die sprichwörtlich fast nutzlose Spreu vom edlen Weizen zu trennen.
Quelle: https://www.welt.de/sport/olympia/article6039980/Olympia-Exoten-machen-Winterspiele-liebenswerter.html
Es hat den Anschein, als würde dabei vor allem bzw. ausschließlich die erfolgsverwöhnt stupide Sichtweise des "allmächtigen" ÖSV den Blick für das Realistische völlig verblenden; anders ist nicht erklärbar, warum die Teilnahmeberechtigung von Sportlern aus "exotischen" Ländern wie Eritrea oder den Kap Verden in Frage gestellt, Olympioniken lächerlich gemacht, gleichsam an den Pranger gestellt werden.
Nun mag es, auch damit hat Lützow recht, speziell für manchen österreichischen Skirennsportler unbillig erscheinen, an den olympischen Spielen nur vor dem Fernseher teilnehmen zu können; das ändert aber nichts daran, dass es schon rein organisatorisch betrachtet eine Kontingentierung braucht, um nicht "Gott und die Welt" teilnehmen lassen zu müssen. 2121 Starter beim Olympiaslalom sind ebenso wenig vorstellbar wie 77 Curling-Damenmannschaften oder 733 Teilnehmer beim Skisprungwettbewerb von der Kleinschanze.
Quelle: https://www.welt.de/sport/olympia/article6039980/Olympia-Exoten-machen-Winterspiele-liebenswerter.html
Qualifikationskriterien kann man durchaus kritisieren, in Frage stellen, für unsportlich erachten - das ändert aber nichts an der Tatsache, dass speziell bei olympischen Spielen, rein sportlich betrachtet, ein 12. Rang nichts wert ist und selbst den Bronzemedaillengewinner in der alpinen Kombination oder die Silberne beim Rennrodeln am nächsten Tag schon niemand mehr kennt.
Giger, Puelacher aber auch "unabhängige" Journalisten wie ein Rainer Pariasek sollten daher vielleicht ihre engstirnig-dämliche Sichtweise mit der Kernbotschaft der olympischen Charta in Einklang bringen, bevor sie sich despektierlich über "Exoten" äußern, denen sportliche Wert- und Bedeutungslosigkeit attestieren.
Wenn ich schon dabei bin:
Sieht man sich das vom ÖOC bekannt gegebene 106-köpfige Starterfeld an, wäre man geneigt, einem Großteil dieser Sportlerinnen und Sportler bereits vorab dieselbe Chancenlosigkeit zu bescheinigen, wie das von Giger & Co bei den Exoten getan wird.
Ich habe bisher aber noch keinen einzigen ausländischen Trainer oder Verbandsverantwortlichen gehört, der sich über Exotisches aus der Alpenrepublik echauffiert hätte.
So könnte es allenfalls in Russland äußerst bedenklich erscheinen, wenn heimische Eiskunstläufer am Werk sind, norwegischen Reporter wiederum können sich darüber mokieren, dass Langläufer aus der Alpenrepublik mit dem Ausgang aller anstehenden Wettbewerbe absolut nichts zu tun haben und selbst der Neununddreißigste der norwegischen Meisterschaft im Rennen "50km Freier Stil" noch Minuten vor dem ersten Österreich die Ziellinie überlaufen würde.
Quelle: https://rp-online.de/sport/olympia-winter/pyeongchang-2018-die-exoten-der-olympischen-winterspiele_bid-17621063
Skandalverschwörungstheoretiker à la Giger & Co sollten, bevor sie sich diesbezüglich das nächste Mal öffentlich äußern, ihre völlig krude erscheinende wie zum Ausdruck gebrachte Denkweise im Verhältnis zu Toleranz und Respekt einer kritischen Überprüfung unterziehen, sich insbesondere mit den grundlegenden Prinzipien des "Olympismus" vertraut machen. Das "Menschenrecht der Sportausübung" und die damit verbundenen Möglichkeit "zur Ausübung von Sport ohne Diskriminierung jeglicher Art und im olympischen Geist" ist in der olympischen Charta ebenso verankert, wie die Wertbegriffe "Freundschaft, Solidarität und Fairplay".
https://www.mirror.co.uk/3am/celebrity-news/vanessa-mae-awarded-damages-after-7435353
Die gebirgstal-ähnlich eingeschränkte Sichtweise unserer, scheinbar von Selbstherrlichkeit und Erfolgsbesessenheit infizierten, Olympia-Schwurbler ist peinlich wie verabscheuungswürdig zugleich, führt u.a. auch dazu, dass man beginnt, selbst die Teilnahmeberechtigungen unserer eigenen Olympioniken zu hinterfragen, deren Erfolgsaussichten zu beurteilen und damit das "Recht auf Sportausübung" in Frage zu stellen.
Chr. Brugger
26.01.2022