Missbrauch der besonderen Art
Fernab aller Krisen, die die "Welt" derzeit so beschäftig & nachhaltig beschädigt, hat sich in den letzten Monaten und Jahren eine Diskussion darüber aufgebläht, inwieweit der Verwendung "rassistischer Stereotype" in Form einer "kulturellen Aneignung" nicht nur die Gefühle derjenigen verletzen, die nach Aussehen, Herkunft oder Kulturkreiszugehörigkeit klischeehaft einprägsam kategorisiert, sondern dadurch auch im Wege einer rücksichtslosen Kommerzialisierung dadurch gleichsam ausgebeutet werden.
Quelle: https://www.derstandard.at/story/2000138634633/causa-winnetou-erst-die-medien-brachten-den-shitstorm-in-fahrt
Was das "übersetzt" bedeuten soll, hat sich zuletzt im August dieses Jahres anhand der Rezeptionsgeschichte des deutschen Schriftstellers Karl May bzw. den auf seinen Werken basierenden Filmen gezeigt, als "Winnetou & Co" in den Fokus der Kritik geraten sind; dort (vor allem in den allseits bekannten wie beliebten Filmen) würden Stereotype verwendet, die Indianer & Latinos verunglimpfen, deren Kultur zweckentfremdend missbrauchen und dadurch die beiden "Kulturen" ohne deren Zustimmung (dafür aber auf ihre "Kosten") ausnutzen würden. Ein kolonialistisch geprägter Westen, in dem das Leid und die Unterdrückung indigene Völker romantisiert und ein absurder Siedlungsbau nicht ausreichend kritisiert würden, wäre nicht nur rassistisch, vielmehr noch ehrverletzend und beleidigend, so die Kritiker.
"Das Erste" (deutsche) Fernsehprogramm hat daraufhin die Filme aus seinem Repertoire gestrichen und wird künftig auf eine Ausstrahlung der "Indianer"-Streifen verzichten.
Alle Kindergarten- und Schulkinder wären daher, um nicht in Bälde hilflos dem Kreuzfeuer sozialer Medien ausgeliefert zu sein, gut beraten, würden sie im nächsten Fasching auf "Cowboy- & Indianer-Verkleidungen" verzichten; wenn es ganz dumm läuft, könnte ihnen ansonsten ebenso das Fallbeil der Anti-Rassismus-Community drohen.
Auch für den pferdereitenden Teil unserer Gesellschaft wird es eng; sie reiten insbesondere dann auf ganz dünnem Eis, wenn sie sich ohne Sattel auf Rappen der "Marke" Araber fortbewegen, die auch nur eine entfernte Ähnlichkeit zu "Rih", "Iltschi" oder dessen Bruder "Hatatitla" aufweisen; selbst eine Tarnung als "Vollblutaraber Sam Hawkins" oder "Halbblut Apanatschi" wird da wenig nutzen - die Wächter alles ethisch Korrekten sind immer und überall.
Quelle: https://indianexpress.com/article/lifestyle/art-and-culture/bob-marley-rastafari-india-jamaica-connections-reggae-music-festival-5529257/
In doppelte Hinsicht ungemütlich wird es für all jene die meinen, mit "Rastazöpfen" oder "Rasta-Extensions" durch die Gegend laufen zu müssen; solche "Braids" oder "Dreadlocks" stehen im kulturellen Alleineigentum der Massai, Samburu & "Baye-Fall-Philosophen" in Afrika, der Yuma im nordamerikanischen Norden und der Sadhus in Nepal, eventualiter sind sie auch "geistiges Gemeingut" aller "Rastafari", einer subkulturell bewegten Glaubenskommune, deren religiöses Konstrukt auf patriarchaler Heteronormativität und homophober Aggressivität basiert.
Also, nicht nur Hände weg von fremden Zöpfen, auch die Reggae-Musik von Bob Marley & Co ist ab sofort für all jene tabu, die nicht in der Lage oder willens sind, vor der ersten Schallplatte einem inter-minder-kulturellen Schnellsiedekurs zu absolvieren.
Was droht, ist ein gänzliches "Jazz-Spiel- und Hör-Verbot", galt und gilt doch der Jazz prominenten Protagonisten dieses Genres wie Miles Davis als rassistisches "Wort des weißen Mannes" oder ein "repressiver, kolonialistischer Sklaven-Begriff".
Quelle: https://www.welt.de/kmpkt/article233765886/Lotusseide-Warum-ist-sie-so-extrem-teuer.html
Wer, so wie Olena Selenska (Gattin des Komikers von Kiew), Hillary Clinton (Gattin eines Lewinsky erprobten Ex-US-Präsidenten) oder Kaiane Lopez (Ex-Bürgermeisterin von Gibraltar) Unterwäsche aus Lotosseide vom Inle-See zu tragen pflegt, muss sich, auch wenn der Stoff noch so knapp, edel und fein sein mag, ab sofort davon trennen, unter ohne herumlaufen oder auf einen guten alten Baumwoll-Maxi-Slip der Marke "Liebestöter" umsteigen, werden doch in den "schwimmenden Gärten von Birma" Lotosblütenpflückerinnen zu Dumping-Preisen beschäftigt, der Stamm der Intha ("Menschen vom See") gnadenlos ausgebeutet, ohne dass jemand in Europa auch nur einen Gedanken daran verlöre, wie es um diese im Aussterben befindlichen Ethnie und deren kulturelles Erbe bestellt wäre.
Apropos Unterwäsche: Kleidungsstücke, die man in unseren Sprachbreiten "Tanga" nennt, dürfen ab sofort weder als solche bezeichnet, noch produziert oder gar getragen werden; "Tanga" ist ein Lehnwort aus der Tupí-Guaraní-Sprache (Untergruppe Guaraní) indigener Südamerikaner, ein Relikt aus der spanischen Kolonialzeit und daher ohne Genehmigung verpönt und nicht verwendbar.
Quelle: https://pixabay.com/es/photos/bikini-señoras-playa-mujeres-5665291/
Dasselbe gilt, was sich von selbst versteht, für den Hype rund um den "String", der seine Herkunft Kimbundu, der Bantusprache einer Enklaven-Minderheit in Norden Angolas, verdankt und auf Grund eines Dekrets aus dem Jahr 1979 ohnedies ausschließlich an den Stränden rund um Luanda getragen werden darf.
"String" & "Tanga" stehen daher ab sofort ebenso auf der "roten Liste" geschützter Güter & Bezeichnungen benachteiligter ethnischer Minderheiten wie - man höre und staune - der Bikini und die Baskenmütze.
Quelle: https://www.harpersbazaar.de/fashion/mode-trend-sommer-2022-hailey-bieber-bikini
Beim Bikini liegt es auf der Hand, wurden doch die namensgebenden Einwohner der Insel Bikini in ihrer kolonialistischen Zeit vom Deutschen Reich als "Schutzgebiet", von Japan als "Kolonie" und den USA als "Treuhandgebiet mit UNO-Mandat" annektiert, im Zuge von Kernwaffentest letztlich auch noch zwangsumgesiedelt. Bevor man sich also Gedanken über "Bügel oder Triangel-Tops", "Mesh/Schlangenmuster", "Drape Nassau" oder "Fly Kitty Tricolor", macht, sollten die Designer danach trachten, die Nachfahren der ehemaligen Eschscholtz-Insulaner um deren wohlwollende Zustimmung zu bitten.
Dasselbe gilt für das Ethnonym "Basken", einer ethnischen Minderheit am Golf von Biskaya, die seit jeher im Spannungsfeld französischer, spanischer und baskischer Nationalsimen leben muss.
Ohne Genehmigung der Nationalpartei des Baskenlandes ist es ab sofort verboten, eine Baskenmütze herzustellen, käuflich zu erwerben oder zu tragen. Sämtliche Bilder und Darstellungen, auf denen BaskenmützenträgerInnen zu sehen sind, sind aus allen denkbaren Medien umgehend zu entfernen.
Quelle: https://bildbeschreibungen.com/2016/09/09/100-meisterwerke-25-guerrillero-heroico-von-alberto-korda/
Dass davon u.a. auch Auguste Rodin, Marlene Dietrich, Ernesto "Che" Guevara ("Guerrillero Heroico"), Beyoncé Giselle Knowles-Carter oder Ernest Hemingway betroffen sind, ändert nichts an der Tatsache, dass die Baskenmütze allenthalben missbräuchlich verwendet wird.
Die Gemälde von Paul Gaugin "Mann mit roter Mütze", Claude Monet "Selbstporträt mit Baskenmütze" und Pablo Picasso "Frau mit Baskenmütze" sind daher entweder zu verdunkeln, zu übermalen oder zu vernichten, den Werken Hemingways und anderen Autoren schlägt "die letzte Stunde"
All das wäre nun ohne größeren Aufwand bewältigbar; problematisch könnte es allerdings werden, käme es (wovon zweifelsfrei auszugehen ist) zu einem weltweiten Verbot von Jeans, handelt es sich doch dabei um ein relativ beliebtes Kleidungsstück.
Quelle: https://www.levistrauss.com/2014/05/02/horse-power-the-story-behind-our-jeans-literally/
Leider verdankt die Jeans ihre Beliebtheit nicht nur dem Baumwollstoff Denim, den Filmstars James Dean und Marlon Brando, vielmehr noch dem Schweiß von hunderttausenden "Negern", die in den Fabriken des Deutschen Levi Strauss im Umland von San Franzisko um einen Hungerlohn unter menschenunwürdigen Bedingungen Hosen für Goldgräber anfertigen mussten.
Aufstieg, Ruhm und Vermögen von Levi Strauss bzw. der Levi Strauss Company sind untrennbar mit dem Schicksal unzähliger massenversklavter Afrikaner verbunden; ein sofortiges Verbot der "Jeans an sich" ist folglich unumgänglich, nur logisch konsequent. Weltweit heißt es ab heute also "Hose runter" - ohne "Wenn und Aber".
Und, bei dieser Gelegenheit: Wenn internationale Modefirmen wie Zara oder Levi´s (schon wieder Levi Strauss) Muster und Designs der indigenen Einwohnern Mexikos unter ihren eigenen Marken verkaufen, ohne gefragt oder dafür bezahlt zu haben, ist ein globales Embargo bzw. wenigstens ein moralisches Kauf- oder Verwendungsverbot dieser Produkte die unabdingbare Folge.
Quelle: https://www.welt.de/politik/ausland/article12305771/Auch-die-Indianer-hielten-sich-schwarze-Sklaven.html
Um zum Ende zu kommen: Pizza-Hawaii ist sowieso ein Tabu, Zigeunerschnitzel sind nicht länger verzehrbar, Negerküsse zum Nachtisch dafür not longer available.
Stellte man sich bei allerdings bei "Grundnahrungsmitteln" die Frage, woher sie kämen bzw. ob sie eine zweifelhaft-rassistische Vergangenheit hätten, gar von Minderheiten oder schützenswerten Ethnien "erfunden" worden wären, müsste man beispielsweise auch Nudeln bzw. alle Nudelgerichte von den Speisekarten verbannen; Nudeln stammen bekanntlich aus einem Dorf am gelben Fluss im Nordwesten Chinas, rühren aus der Qijia-Kultur und wurden von Marco Polo, dem Wegbereiter bzw. Paten aller Kolonialisierungen, nach Europa importiert.
Der missbräuchlichen Umgang mit religiösen Symbolen wird hingegen, warum auch immer, kaum angeprangert, das missbräuchliche bzw. irritierende Verwenden von Gegenständen, die üblicherweise nur im Rahmen tatsächlich ernst gemeinter Religionsausübung benutzt werden scheinbar toleriert. So stößt es den Juden bereits sauer auf, wenn sich jemand anmaßt, eine Kippa aufzusetzen, ohne dem jüdischen Glauben anzuhängen oder diesem treu ergeben zu sein bzw. nur, um seine Solidarität mit dem jüdischen Volk in Form eines kruden PR-Gags zur Schau stellen zu wollen - Reaktionen darauf bleiben allerdings aus.
Quelle: https://exxpress.at/wir-sind-freunde-emotionaler-besuch-von-kanzler-nehammer-in-israel/
So könnte man den Kanon weltweit unerlaubter bzw. unrechtmäßig vertriebener Produkte nahezu beliebig fortsetzen, bis jeder einzelne Erdenbewohner korrekt gekleidet und ernährt, sich nur von einwandfrei sittlicher Musik berieseln lässt, die ihm das Betrachten ethisch vollkommener Bilder oder das Lesen von Büchern, die nicht indexiert sind, versüßt.
Irgendwie lustig, dass manche erste heute auf die Idee kommen, scheinbar rassistisch-apostrophierte Produkte zu inkriminieren um damit, auf Gedeih und Verderb, alles anprangern zu wollen, wofür, ex-post betrachtet, der Hauch eines ethisch fragwürdigen Anscheins bestehen könnte.
Selig sind diejenigen, die nichts anderes zu tun haben.
Chr. Brugger
26/09/2022