Kurz mal weg …

15.08.2021

Wenn man für ein paar Wochen das Land verlässt, keine Nachrichten liest, sich nicht mit den Niederungen österreichsicher wie internationaler Politik beschäftigt, soziale Medien meidet und dann ins Inland zurückkommt, darf man beruhigt feststellen, dass sich nichts verändert hat.

Kurz ist immer noch nicht "weg", die politischen Themen sind immer noch die gleichen, der ORF-Wahlkampf wurde, so wie bislang auch, politisch entschieden, der "Beseitigte SPÖ-Nahe" ist not amused und beleidigt (trotz 15-jähriger "Erfolgsgeschichte"); die Corona-Zahlen steigen, nicht unerwartet, wieder; der politische Umgang mit Flüchtlingen und solchen, die es noch werden wollen, ist immer noch derselbe; in der Umweltpolitik ist trotz der weltweiten Krisenszenarien keine Besserung in Sicht - wozu auch? Wirtschaftlicher Erfolg verträgt sich, vor allem in Zeiten wie diesen, nicht mit nachhaltiger Umwelt- und Klimapolitik; daher wird Letztere, ganz generös, zugunsten des Ersteren am Altar der Zukunftsgeneration geopfert.

In anderen "Sparten" wie der Sicherheits- oder Bildungspolitik gibt es keine Besserung, der Ausbau des 5G-Netzes lässt, trotz gegenteiliger Ankündigungen, weiterhin auf sich warten, sonstige infrastrukturelle Neuerungen? Fehlanzeige - Wasserstandberichte aus dem Granitztal sind erfreulicherweise ausgeblieben.

Europapolitik? Alles beim Alten - billige Kosmetik anstatt nachhaltiger Restrukturierungen, retuschierte Klischees an Stelle von zukunftsweisenden Lösungen.

Irgendwie hat es den Anschein, als hätte die sommerliche Hitze (nicht nur) in Europa die restlich verbliebenen, denkvermögenden, Zellen in diversen Politikergehirnen gänzlich zu einer kollektiven Auszeit verschmolzen - Elfi leistet offensichtlich ganze Arbeit.

(Quelle: https:// www.infranken.de/ueberregional/deutschland/38-grad-sahara-hitze-und-hoch-elfi-bringen-den-sommer-zu-uns-art-5264439; Bild: Arturo Rivera/unsplash.com)

Rien ne va plus, wie die bereits im Dauerwahlkampf befindlichen Franzosen zu sagen pflegen.

Selbst im Ausland hat sich in den letzten Wochen nichts geändert; weder zum Besseren noch, das ist das Positive daran, zum noch Schlechteren.

Die EU-Politik, unter der federführenden "Leitung" Ursula von der Leyens, stolpert sich immer noch durch ein Dickicht aus verworrener Asyl- und Außenpolitik, einer missratenen COVID-19 Strategie, dem Scherbenhaufen zerschlagener Umweltschutzkonzepte, einem Sumpf aus Korruption, internen Querelen und Eifersüchteleien, Vetternwirtschaft und dünkelhaften Animositäten. Auch hier gilt die im Glücksspiel verwendete französische Phrase von vorhin; das passt ins glücksspielartig anmutende Treiben in der Hauptstadt der Belgier, von Brüssel aus - nichts funktioniert, nicht geht weiter, alles nur Schaumschlägerei in Champagner-Atmosphäre, Hinhaltetaktik auf Designer-Luxus-Stühlen, Unsinn aus den untersten, verfügbaren Schubladen.

Fremdes Geld für befremdliche Projekte; Dekadenz zur Potenz; das verwendete Vokabular: Hohle Worte, leere Hülsen, wertloses Sprachgut, perfider Ausdruck megalomanischer Hybris - sonst nichts, rein gar nichts.

Auch unsere deutschen Nachbarn befinden sich bereits im Wahlkampfmodus, auf dem Beutezug nach den Stimmen der letzten noch wählen Wollenden, einer aussterbenden Spezies sohin - Annalena, Armin & Olaf buhlen um die Nachfolge der Langzeit "Rauten-Mutti"; ein Spiel mit offenem Ausgang, einer Wette gleich, ein Glücksspiel - Macht-Roulette am grünen Tisch mit roten und schwarzen Zahlen - die wertlose Null? Der Wähler, das Stimmvieh, der verbliebe Rest des pseudo-demokratischen Souveräns.

(Quelle: https://www.pinterest.de/pin/412360909603899736/)

So gleicht eine Wahl, einerlei ob in Deutschland, Frankreich oder Österreich einer Entscheidung zwischen Skylla und Charybdis, Pest und Cholera - unmöglich, dem Ganzen ohne nachhaltigen Schaden zu entgehen. Das nennt man dann wahre Demokratie, gelebtes europäisches Selbstverständnis, wiewohl diese grotesk anmutende Farce mit Demokratie im ursprünglichen Sinn absolut nichts mehr gemein hat. In- wie ausländische Politiker sehen das naturgemäß anders, in einem frei erfundenen, diffus-obszönen, schrägen Licht. Gewählte Mandatare sehen selbst dann noch die Sonne, wenn sich der Himmel längst verdunkelt hat.

Selbstüberschätzung und Größenwahn sind, gepaart mit einem großen Schuss Dämlichkeit und Naivität, immer dann keine guten Ratgeber, wenn Realitätssinn und Hausverstand gefragt wären. Letztere "Tugenden" sind der gewählten Obrigkeit leider vollkommen fremd geworden. Ließen sich drei Viertel aller Probleme mit Hausverstand lösen, wäre für den verbleibenden Rest bloß Realitätssinn vonnöten. Dass die Wahrheit jedem Menschen zumutbar ist, sollte selbst Politikern jeder Couleur verständlich erscheinen; die Realität sieht aber ganz anders aus: Wahrheit ist, was wir wollen; Wahrheit ist, was wir verordnen oder in Gesetzesform gießen; wir haben den Anspruch darauf, die Wahrheit zu predigen; wahr ist nicht, was gemeinhin als wahr gilt - wahr ist, was wir für wahr befinden.

"Sich selbst anlügen" könnte man diesen politischen Denkfehler, den Ursprung allen Übels, bezeichnen. Das solcherart entstandene eigene "Belogen-Sein" manifestiert sich gegenüber dem "Volk" im Belügen, als "die Wahrheit bewusst vorenthalten" - um des Selbstschutzes, des Selbstbildnisses willen.

Politiker suchen, landauf-landab, nicht nach Lösungen, nur nach Ausreden; ihr Streben gilt letztlich immer der (eigenen) Machterhaltung, keinesfalls denjenigen, denen man sein Amt verdankt. Praktikable, rasche, sinnvolle und kostengünstige Antworten auf die dringendsten Fragen unserer Zeit haben Politiker nicht in ihrem Repertoire. Das würde das angestrebte "auf die lange Bank schieben" verhindern, ist folglich unerwünscht. Lange Diskussionen, unzählige Ausschüsse, Arbeitsgruppen, das Einbinden willfähriger, hochdotierter, Experten ließe das "dumme Volk" möglicherweise auf den Gedanken kommen, dass Politik keine Kunst, sondern bloß biederes Handwerk ist, es folglich keinen Unterschied mehr zwischen Machthabern und deren Adressaten gäbe.

Das hieße dann ja, dass der Kanzler mit Matura, ohne jede Berufsausbildung und -erfahrung zumindest nicht viel "besser" sein könnte als der biedere Mitarbeiter in einem Lebensmittelgeschäft, einer Druckerei oder im Baugewerbe. Der einzige Unterschied: Der eine ist Bundeskanzler (ohne Berufsausbildung), der andere Maurer (mit Berufsausbildung) - ein solches Bild darf man natürlich nicht malen, gliche es doch einer "Majestätsbeleidigung", einer "unmöglichen Tatsache", entspräche es doch, ganz nüchtern betrachtet, der Wahrheit, die wiederum (fast) allen zumutbar sein sollte.

Es kann nicht sein, was nicht sein darf - daher: Realitätsverweigerung; hier schließt sich der Kreis des kleingeistig-politischen Denkvermögens.

Vielleicht sollten sich die politisch Verantwortlichen dieser Zeit den Philosophen René Descartes zum Vorbild nehmen und radikale Selbstzweifel an der eigenen "Erkenntnisfähigkeit" hegen, die Grundlagen ihrer Überzeugungen hinterfragen. Das könnte insofern hilfreich sein, als sie dann mühelos feststellen könnten, dass sie die Erkenntnis Descartes "Ich denke, also bin ich" nicht verstanden, vielmehr sinnentfremdet in "Ich bin gewählt, also darf ich sein" umgedeutet haben.

(Quelle: https://philitt.fr/2015/04/20/fondation-du-cogito-cartesien-subjectivisme-et-entree-en-modernite/)

"Um zu denken, muss man sein" war das erkenntnistheoretische Fundament des französischen Philosophen; die heutige Politikergeneration sieht das diametral entgegengesetzt: Das eigene Sein wird losgelöst vom eigenen Denken gedacht und betrachtet; Denken ist nicht Basis für das (eigene) Sein, vielmehr ein lästiges Hindernis, das man dadurch beseitigt, als man eben dieses zur Gänze einstellt (so es überhaupt noch etwas einzustellen gibt).

Erheiternd (wenn das Tatsachensubstrat nicht doch so ernst bzw. bitter wäre) ist die Klage der Tagespresse gegen das "Satireobjekt" A.H. aus Oberösterreich - nachzulesen auf: https://dietagespresse.com/wp-content/uploads/2021/08/Klage-Tagespresse-Hanger.pdf). A.H. hält sich selbst zwar nicht für ein solches, nur an Fakten, wie er meint. Lustig ist es aber allemal; wenn der Klage stattgegeben wird, könnte das zu einer wahren Flut an weiteren gerichtlichen Eingaben führen; "Satireobjekte" sind im politischen Spektrum rundum unterwegs und leicht auffindbar. Bald schon könnte der Postbote kurz auch bei Blümel, Sobotka oder Wöginger klingeln - sie alle haben jedenfalls das Zeug zum "Satiriker".

Klagelegitimation könnte dann allenfalls auch z.B. das Salzburger Marionettentheater für sich in Anspruch nehmen, treten doch auf der politischen Bühne zahlreiche Mandatare (eingehüllt in pseudo-demokratisch-gewobene Mäntelchen) strohpuppengleich (dadurch verwechselbar ähnlich), an türkisen Fäden hängend, auf und stehen dadurch möglicherweise in einem direkten Wettbewerbsverhältnis mit einem ernst zu nehmenden Unternehmen. Dasselbe dürfte dann auch für das Burgtheater und, sogar noch eher, für die Löwinger-Bühne gelten. Es soll ja durchaus Politikerinnen geben, die (auf der Löwinger-Bühne) bereits Bühnenerfahrung gesammelt haben, wenn sie dabei auch keine gute Figur abgaben.

Juristisches Ungemach könnte so manchem Minister (für Ministerinnen gilt dasselbe) letztlich auch noch von diversen Zirkusunternehmen drohen; (Pausen-) Clowns im politischen Gewande ("Witzfiguren") befinden sich, wenn man es genau nimmt, in einer kaum übersehbaren Wettbewerbssituation zu den realen Habakuks, dummen Augustins oder Enricos dieses Landes.

(Quelle: CC BY-SA 3.0.de)

So ist zumindest, jederzeit auf allen politischen und sonstigen Bühnen, mit weiteren Lachnummern zu rechnen.

Einen völlig eigenständigen Weg geht Österreich, soweit man das in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit feststellen kann, beim Umgang mit der Situation in und um افغانستان. Das Land der Afghanen ist nicht zuletzt durch sinnlose kriegerische bzw. kriegsverbrecherische Interventionen von Russland, den USA, aber auch anderen "vermeintlichen Mächten" wie Saudi-Arabien, Pakistan oder der NATO in einem Zustand, der weltweit seinesgleichen vergeblich sucht.

Nun ist die Gruppierung der د افغانستان د طالبان اسلامی تحریکِ dabei, das Land rund um den Hindukusch zu "erobern", wie es in westlichen Medien tönt.

(Quelle: https://www.srf.ch/news/international/krieg-in-afghanistan-die-taliban-sind-nicht-auf-gelder-aus-dem-ausland-angewiesen)

Bei den Taliban handelt es sich, zumindest in der Diktion des "Westens", um eine terroristische Organisation; damit leistet man bereits wiederum Vorschub dafür, allenfalls ein weiteres Mal gewaltsam und kriegerisch in Afghanistan tätig werden zu können; andererseits nährt man damit die Märe von der allumfassenden Gewaltbereitschaft muslimisch infiltrierter, Bevölkerungsgruppen, deren einziges Ziel die Zerstörung all dessen sei, was mit einem westlichen Anstrich versehen ist.

Internationalen Berichten zufolge, steht die islamische Taliban-Bewegung Afghanistans kurz davor, auch کابل zu erobern und auch die politische Führung des Landes in Anspruch zu nehmen (wie dies übrigens bereits in den Jahren 1996, 1997 der Fall war).

Aufgrund dieser "Entwicklungen" haben Mitglieder der Europäischen Union damit begonnen, ihre diplomatischen Vertretungen in Afghanistan zu schließen und bis auf weiteres keine in Europa asylsuchenden afghanischen Flüchtlinge in ihr Heimatland rückzuführen, respektive dorthin auszufliegen.

Das offizielle Österreich "verweigert" sich dieser, durchaus als sinnvoll zu bezeichnenden, Linie.

Kurz, Nehammer & Co bestehen darauf, dass Afghanen weiterhin abgeschoben werden müssen, obwohl dies faktisch, nicht zuletzt aufgrund bestehender Flug- bzw. Landeverbote in, nach bzw. rund um Afghanistan, unmöglich ist.

Nun soll, dem Vernehmen nach, der österreichische Außenminister die Taliban aufgefordert(!) haben, ihr rücksichtsloses Vorgehen sofort zu stoppen und an den Verhandlungstisch (an dem sie nie gesessen sind) zurückzukehren.

Sollte es diese offizielle Aufforderung tatsächlich geben, darf man sich die Frage stellen, an wen (konkret) diese gerichtet war; soweit bekannt ist, ist der momentane "Führer" der Taliban (zumindest dem "Westen") dem Namen nach gar nicht bekannt. Vermutlich wurde die außenministerielle Aufforderung daher an N/A (not available) adressiert - das wäre wahrlich ein, kaum vorstellbarer, diplomatischer Fauxpas der besonderen Art.

(Quelle: Xinhua/imago images)

Traut man Mitarbeitern im Außenministerium, wird sich der Minister für äußere Angelegenheiten noch heute mit seinem Dienstwagen auf den Weg nach Kabul machen, um dort - beobachtet von der ganzen "Welt" - auf dem ارګ, dem afghanischen Präsidentenpalast in Kabul, als Zeichen des Widerstands sowie als abschreckendes Symbol für die vor dem Toren der Hauptstadt bereits wartenden Taliban-Milizen, die Flagge des militärisch-neutralen Österreichs zu hissen.

Unverbesserliche Kritiker dieser "friedvoll (frivol)-geheimen Mission" vergleichen die mutmaßliche Aufforderung des "schallenden Berges" an die Taliban, bildlich-etymologisch gesprochen, bereits mit der Order an einen an Achromasie Leidenden, endlich Farbe zu bekennen.

(Quelle: https://kurier.at/politik/ausland/20-jahre-afghanistan-krieg-taliban-wieder-ein-wichtiger-machtfaktor/401425278)

Wenn man hingegen in der Lage ist, eins und eins zusammenzurechnen, erfährt der Ausflug in die östliche Metropole eine ganz andere Bedeutung, erhellt, warum er das Ganze auf sich nimmt. Fest steht, dass sich zeitgleich auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Anflug auf Kabul befindet, um dort (am Flughafen von Kabul(!)) mit der (realen) Führung der (radikalen) Taliban zu beraten.

Dieses, fürwahr delikate, Stelldichein darf die, ansonsten als öffentlichkeitsscheu geltende, Speerspitze inländischer Außenpolitik, keinesfalls versäumen, zumal man dort, im ruhigen Fahrwasser türkischer Bemühungen, die nicht nur hierzulande befürchtete Welle nach Europa flüchten wollender junger, männlicher Afghanen, kostengünstig verhindern, im Keime glätten kann. Chapeau, ein Clou der besonderen Art - eine diplomatische Glanzleistung.

Man darf daher gespannt auf die nächsten Wochen warten, wer in welchem politischen Segment für weitere Highlights sorgt, die begutachtet bzw. staunend und anerkennend zur Kenntnis genommen werden dürfen. Über das dafür notwendige Potenzial verfügen in- wie ausländische Politiker allemal - sie müssten es nur noch viel öfter nutzen als bisher; dann müssen wir uns um unser Heimatland, um Europa, die Welt an sich, wirklich keine Sorgen machen - daher: Mutig in die neuen Zeiten, frei und gläubig lasst uns schreiten.

Chr. Brugger

15.08.2021