Knockout in 13 Minuten
"Fünfundsiebzig Minuten überragend gespielt; wir haben sehr gut gespielt gegen einen unglaublich guten Gegner, dann bekommen wir dieses Standardtor und dann ist es wie ein dam breaking" (Dammbruch) beurteilte der Trainer des FC Salzburg, Jesse Marsch, das Champions League Fußballspiel gegen den FC Bayern (03.11.2020) bei der Pressekonferenz nach dem Spiel.
Auch die "Salzburger Nachrichten" (SN) schrieben von einer achtzigminütigen Glanzvorstellung, einem zu hoch ausgefallenen Ergebnis (2:6).
Für den FC Salzburg Spieler Zlatko Junuzović spiegelt das Ergebnis nicht das Spiel, ein sehr komisches Spiel mit guter Leistung und bitterem Resultat.
"Es war für den neutralen Zuschauer ein Top-Spiel. Von daher kann der neutrale Zuschauer sehr zufrieden sein", analysierte der Trainer des FC Bayern, Hans-Dieter Flick.
Für den objektiven Betrachter war, aus der Sicht des FC Salzburg, tatsächlich eine sehr gute, wenn nicht überragende, Vorstellung zu sehen. Selbst ohne Unterstützung des Publikums zweifelsfrei eine durchwegs ansehnliche Darbietung. Noch dazu von einem Verein, der die Eliteliga Champions League bislang mehr oder weniger nur vom "Hörensagen" kennt. Es sei an die "Chronologie des Scheiterns" (elf Mal in Folge) erinnert.
Der Fußballverein, dem Niederlagen in der österreichischen Liga quasi nur per Zufall zustoßen können, ging mit sehr viel Zuversicht in die Begegnung gegen den Titelverteidiger der Champions League und rasch in Führung.
Es folgte ein absolut unnötiges Foulspiel (Müller mit dem Rücken zum Tor) samt damit einhergehendem Strafstoß und ein Eigentor zum 1:2 Halbzeitresultat.
Nach dem Ausgleich (66. Minute) sah man bis 13 Minuten vor dem Spielende noch wechselseitige Torchancen.
Was ab dann geschah ist signifikant für den Unterschied zwischen der besten österreichischen Fußballvereinsmannschaft und einem internationalen Spitzenteam.
Binnen 13 Minuten wurde aus einem mehr oder weniger ausgeglichenen Spiel eine schiefe Ebene, aus einem 2:2 ein 2:6, der FC Salzburg zum einflusslosen Zuseher degradiert und gnadenlos filetiert.
Eigenfehler, Unvermögen, Müdigkeit oder was auch immer: 13 Minuten genügten dem FC Bayern um die sportlichen Verhältnisse, den tatsächlichen Unterschied zwischen den beiden Mannschaften, zu offenbaren. Der FC Salzburg glich dem Kaninchen vor der Schlange; reglos, furchtsam, ohne realistische Chance zu entkommen. Beide Mannschaften hatten den Schalter, wenn auch nur für kurze Zeit, umgelegt.
Für den FC Salzburg eine ernüchternde Tatsache, für den FC Bayern Normalität.
So ging der regnerische Abend in Salzburg - Wals mit der bitteren Erkenntnis zu Ende, dass es für unten (österreichische Bundesliga) zu viel, für oben (Campions League) aber nach wie vor zu wenig ist. Das liegt mit Sicherheit auch an der Transferpolitik der letzten Jahre; wer jährlich wie konsequent und ohne wirtschaftliche Notwendigkeit die besten Spieler teuer verkauft, kann nicht damit rechnen, international eine entscheidende Rolle zu spielen.
Chr. Brugger
04/11/2020