„Islamkarte“ – der nächste Flop?

01.06.2021

Naturgemäß kritisiert man Regierende schneller, einfacher und erheblich leichter als Oppositionelle. Warum das so ist, ist ebenso schnell, einfach und leicht erklärt wie klar. Das von den Regierenden "Produzierte" erstrahlt im Lichte der Öffentlichkeit meist wesentlich heller, wird, vor allem, medial viel stärker ausgeleuchtet, diskutiert und, wenn es sein muss, anhaltend durch den "Kakao" gezogen. Die Regierenden sprechen dann, mittlerweile reflexartig und frei von jeder Selbstreflexion, von mutwilligem "Anpatzen", sinnentfremdeten "Unterstellungen", demokratieunwürdigen "Anfeindungen".

(Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)

Dieses "Regierung gegen Opposition"-Ping-Pong-Spiel, garniert mit bislang unbekannten, weil größtenteils persönlichen, Untergriffen, prägt mittlerweile den täglich-politischen Diskurs, ist zum Sinnbild eines verkommenen, verabscheuungswürdigen, Stils einer, als österreichspezifisch zu bezeichnenden, Auseinandersetzungskultur mit dem vermeintlichen, politischen, Gegner verkommen. Selbst "Kraftausdrücke" sind an der Tagesordnung, das Böse wird immer und überall geortet. Diesem unnützen Diskurs sind scheinbar alle verfallen; kein Tag ohne neue "Skandale", kein Tag ohne neues "Anpatzen", kein Tag ohne neuen "Schwachsinn".

Nun wäre das alles, zumindest für die Protagonisten, nicht weiter schlimm; Regierungsmitglieder und Nationalräte werden fürstlich (von uns, dem Volk) entlohnt und bieten dafür, gleichsam als Gegenleistung, ein "Schauspiel" der besonderen Art. Auf unsere Kosten können sich Kurz, Blümel, Köstinger & Co, also Regierung & Opposition, mittlerweile fast alles leisten. Sie können lügen, Versprechen nicht halten, Minderheit und Mehrheit, noch dazu gleichzeitig, diskriminieren, Grund- und Freiheitsrechte nach Belieben einschränken, noch dazu auf gesetz- wie verfassungswidrige Art und Weise.

Sie können Unwahrheiten unters Volk streuen, mit Vermutungen ganze Bevölkerungsgruppen diskreditieren, seit Monaten unter Beweis stellen, dass sie nichts arbeiten und zustande bringen, nur reden, ihren Image- oder Politikberatern an den Lippen hängen, allein all das nachplappern, was ihnen Dritte (sog. "Influencer") einflüstern.

Scheitern ist nicht mehr die Ausnahme, sondern längst gewohnter, heimischer Politalltag. Da sich das Unvermögen bei den Regierenden öffentlichkeitswirksamer manifestiert als oppositionelles Versagen, erfährt man von den türkis-grünen "Flops" (noch dazu mit der als Schrott zu taxierenden EU im Hintergrund) mehr als einem gemeinhin liebt sein dürfte.

Kolportierte 200 Milliarden Euro kostet Österreich (uns) die unter dem Titel "Finanzhilfe" firmierende Subventionierung der heimischen Wirtschaft (incl. "Kurzarbeit" etc.) im Rahmen der "Pandemiebekämpfung". Von der damit einhergehenden Verschuldung unserer Republik ist in diesem Zusammenhang nie die Rede; wir könnten uns das leisten, meinen Kurz & Co - koste es eben, was es wolle.

Dass Finanzhilfe notwendig und dringend ist bzw. war, ist unstrittig. Die Art und Weise flächendeckender Hilfe in der Ausprägung "Gießkannenprinzip" erscheint hingegen nicht nur fragwürdig, vielmehr grotesk.

Es gab weder eine nachvollziehbare Bedarfsprüfung bzw. Überprüfung der Subventionsdringlichkeit noch eine (laufende) Überprüfung bzw. Kontrolle zweckentsprechender Verwendung. Die (staatlich finanzierte) "Kurzarbeit" wurde mannigfach u.a. in der Form missbraucht, dass die (gesetzlich angeordnete) kürzere Arbeitszeit nicht mit einem (logisch zwingenden) Weniger an Arbeitsaufwand verbunden war und ist.

Mit dem gewählten "Subventionssystem" hat man Missbrauch und Konkursverschleppung Tür und Tor geöffnet, ohne Vorsorge dafür zu treffen, dass nicht spätestens Mitte des Jahres 2022 der bevorstehende "Konkurstsunami" über Österreich hinwegfegt. Man hätte sich längst (zukunftsweisende) Gedanken darüber machen müssen, wie man die mit einer Vielzahl von zu erwartenden Insolvenzen (vor allem in administrativen Belangen) umgeht.

Das COVID-19-"Krisenmanagement" der Bundesregierung war ab dem Sommer des Vorjahres ein völliges Desaster. "Frühlingsmüdigkeit" und "Sommerschlaf" der Kurz-Regierung folgte ein böses "Herbsterwachen" samt nachfolgendem "Winterschlaf". Impfstoffbesorgung - EU- und österreichweit ein unrühmliches Kapitel; niemals würde es in Österreich eine "Test- und Impfpflicht" geben - eine glatte Lüge (wie man heute weiß); der (österreichische) "grüne Pass" - bis heute ein Märchen; nahezu unzählige verfassungs- und rechtswidrige Gesetze und Verordnungen - ein nach wie vor andauernder Zustand; die massive Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten hält bis heute an; die von der EU garantierten "Freiheiten" (insbesondere Dienstleistungsverkehrsfreiheit, Personenverkehrsfreiheit, Warenverkehrsfreiheit) sowie die EU-Freizügigkeit (Einreise und Aufenthalt von EU-Bürgern) werden seit Monaten mit unlauteren Methoden, EU-rechtswidrigen Methoden und nationalen Mechanismen mit den Füssen getreten und solcherart ad absurdum geführt.

(Bild: Margarte Schramböck; © APAweb / Helmut Fohringer)

Das "Kaufhaus Österreich" - ein Millioneneurograb bzw. Begräbnis erster Klasse. Der "Breitband- bzw. 5G-Ausbau" - ein absurdes Kapitel ministerieller Selbstinszenierung (incl. fehlender Rechtsgrundlage in Form eines neuen Telekommunikationsgesetzes). Ein Anti-Terror-Paket (incl. "Neugestaltung" der Geheimdienste) - ein schlechter Witz mit Symbolcharakter, ein nach dem Motto "Das Böse ist immer und überall" abgeirrter, untauglicher Versuch.

Unsere Europa-Politik: Ein Sammelsurium an außen- und innenpolitischen Fauxpas. Israel-Flagge am Bundeskanzleramt, Behandlung von Flüchtlingen auf griechischen Inseln, rumänische Pflegerinnen, "grüner-EU-Pass", Nahostkonflikt, Umgang mit afrikanischen Flüchtlingen etc. - Peinlichkeiten (aller Art) auf dem internationalen Parkett.

Und nun: Der nächste Flop!

(Bild: Susanne Raab; © APA/HELMUT FOHRINGER)

Nein, nicht (schon) wieder Kurz, Blümel, Köstinger, Nehammer, Schallenberg, Schramböck oder Edtstadler - dieses Mal zeichnet Integrationsministerin Raab dafür (haupt-) verantwortlich. "Die "Islamkarte" sorgt für Empörung" schreibt "Die Welt" am 29.05.2021; die "Islamkarte": Ein Produkt des Österreichischen Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischem Extremismus (Dokumentationsstelle Politischer Islam) sowie der Universität Wien (Institut für islamisch-theologische Studien, Islamische Religionspädagogik). Zumindest die Universität hat sich bereits insofern von diesem "Integrationsvorhaben" distanziert, als sie die Verwendung ihres Logos auf der Web-Seite des Projektes (https://www.islam-landkarte.at) untersagt hat. Dass man im Impressum dazu angehalten wird, eventuell auftretende "Fehler" bzw. Korrekturhinweise zu melden (info@islam-landkarte.at), wird selbst vom Rektor der Universität Wien, Heinz Engl, kritisiert.

Im Zusammenhang mit diesem "Projekt" stellen sich insbesondere drei Fragen:

Wer kommt auf die Idee, ca. 700.000 in Österreich lebende Personen mit einer solch fragwürdigen Vorgangsweise pauschal und unreflektiert zu diskreditieren, ohne mit "entsprechendem" Widerstand rechnen zu müssen?

Was ist der (politisch motivierte) Hintergrund für ein solches Projekt?

Wie sehen die rechtlichen Grundlagen aus?

Zu Frage 1: Scheinbar hat die "unheilige Allianz" der Integrationsgegner, bestehend aus Integrations- und Innenministerium, vor dem Hintergrund des eigenen Versagens nichts anderes zu tun, als sich Gedanken darüber zu machen, wie man in möglichst kurzer Zeit und auf möglichst dümmliche Art ca. 700.000 Mitbürger vor den Kopf stoßen bzw. verunglimpfen kann. Dann bedient man sich eines, von Anbeginn an umstrittenen, "Fonds", der wiederum (mit vorgespielter Wissenschaftlichkeit) eine Österreich-Landkarte dazu missbraucht, einem großen Teil der "Restbevölkerung" fragwürdige Inhalte, jederzeit abrufbar, aufzubereiten.

Zu Frage 2: Die (fragwürdigen) Antworten findet man auf den Internetseiten der beiden involvierten Ministerien. Selbst unter dem Eindruck europaweiter, umfassender Kritik an der "Islamkarte" (u.a. von der Evangelischen Kirche in Österreich - https://evang.at/chalupka-islam-landkarte-schnell-wieder-vom-netz-nehmen/) verteidigen Raab und Nehammer ihr "Prestigeprojekt", sehen sich vielmehr als, mit Drohungen konfrontierte, "Opfer" (hausgemachter Überheblichkeit) - frei nach dem Motto: Warum versteht man uns schon wieder nicht?

Zu Frage 3: Die sog. "Religionsfreiheit" ist sowohl in Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) als auch in Art 15 Staatsgrundgesetz (StGG) verankert. Inwiefern durch das "wissenschaftliche Projekt" der "Islamkarte" in dieses Recht eingegriffen wird oder nicht, werden sehr bald die österreichischen Gerichte entscheiden.

Da im Rahmen dieses "Projektes" zweifelsfrei auch personenbezogene Daten im Sinne der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) Verwendung finden, stellt sich einerseits die Frage, woher diese Daten stammen bzw. wie sich die "Projektanten" dieselben besorgt haben. Andererseits werden sich die Dokumentationsstelle Politischer Islam sowie die Universität Wien alsbald mit zahlreichen Anträgen i.S.d. DS-GVO (Löschung, Auskunft etc.) konfrontiert sehen. Dazu wird sich in naher Zukunft auch die Datenschutzbehörde äußern (müssen).

Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit es sich bei der Dokumentationsstelle Politischer Islam tatsächlich um einen Fonds im Sinne des Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetzes 2015 - BStFG 2015) handelt.

Fonds haben, im Sinne dieses Gesetzes, ausschließlich gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken zu dienen. Als gemeinnützig gelten nur Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird; mildtätig sind Zwecke nur dann, wenn sie darauf gerichtet sind, hilfsbedürftige Personen zu unterstützen (§§ 2 BStFG, 35, 37 Bundesabgabenordnung (BAO); vgl. dazu auch 889 der Beilagen XXV. GP - Regierungsvorlage - Erläuterungen). Beides (gemeinnützig oder mildtätig) scheint im Anlassfall eben nicht zuzutreffen. Mit dieser Frage werden sich i.S.d. § 29 BStFG allenfalls die zuständigen Finanzbehörden zu beschäftigen haben.

Inwiefern sich das (für Universitäten zuständige) österreichische Bildungsministerium mit dem "Projekt Islamkarte" auseinander zu setzen hat oder nicht, ist ein weiteres Thema. Es stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit das Verdikt offensichtlich vorhandener islamophober "gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" mit den Zielen, leitenden Grundsätzen und Aufgaben österreichischer Universitäten i.S.d. Universitätsgesetzes 2002 (UG) kompatibel ist.

(Bild: Susanne Raab; © Herbert Pfarrhofer/dpa)

Summa summarum: Wenn Raab und Nehammer immer wieder betonen, eine Spaltung der österreichischen Bevölkerung, im Besonderen durch die "terroristische Gefahr", die mit dem sog. "politischen Islam" einhergehen soll, verhindern zu wollen, so beweisen sie (beide), bislang nichts verstanden zu haben. Die "Islamkarte" bewirkt genau das Gegenteil dessen, was Raab und Nehammer vorgeben hintanhalten zu wollen. Auf Kosten der Angehörigen der Islamischen Glaubensgemeinschaft entsteht solcherart eine muslimfeindliche Stimmung, werden Ressentiments verdichtet und der Widerstand gegen Andersgläubige geschürt. Ein solches Vorgehen ist insbesondere mit rechtsstaatlichen Prinzipien nicht vereinbar und (nicht nur deshalb) abzulehnen.

Chr. Brugger

01.06.2021