Impfpflicht?

24.11.2021

Nun grassiert, eigentlich schon seit Monaten, die Forderung nach einer allgemeinen Impfpflicht durch das Land, das sich mittlerweile zwar nicht im Tiefschlaf, dafür aber leider im 4. Lockdown befindet.

Quelle: https:// www.pharmazeutische-zeitung.de/was-wissen-wir-ueber-die-corona-impfstoffe-126045/ - Bild: Foto: imago images/ANP

Traut man den politisch Verantwortlichen, dann ist die Einführung einer solchen Impfpflicht vor allem darauf zurückzuführen, dass ein Teil der Bevölkerung, der sich dem Vernehmen nach aus Impfkritikern und Impfverweigern rekrutiert, den "Impfempfehlungen" der Bundesregierung, den Expertinnen und Experten nicht ausreichend nachgekommen sei.

Reflexartig hat man sich seit dem "schwarzen Freitag" letzter Woche diesem Thema zugewendet; alles und jede bzw. jeder scheint sich offensichtlich nur mehr darauf zu konzentrieren; man beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Facetten im Dunstkreis einer flächendeckenden, rechtlich verpflichtenden, Impfung.

Verfassungsrechtsexperten, Ethiker, Virologen, Statistiker, Molekularbiologen usw. melden sich zu Wort, um über etwas zu reden bzw. sich zu einem Thema zu äußern, das es inhaltlich-konkret bzw. wenigstens in Entwurfsform noch gar nicht gibt. Insofern fischen alle Expertinnen und Experten, wie alle Sonstigen auch, in trübem Wasser.

Quelle: https://www.welt.de/politik/deutschland/article235230314/Impfung-Diese-Politiker-sind-fuer-die-Corona-Impfpflicht.html

Etwas, das es nur in der Annahme, fiktiv, gibt, steht also im Zentrum der Diskussionen und medialen Auseinandersetzungen - eigenartig, finde ich. Kein Entwurf für ein Gesetz, in dem das, worüber man seit Monaten spricht, zumindest grob skizziert wird, folglich als Diskussionsgrundlage verwenden könnte. Nichts, nichts von alle dem, ist verfügbar. Krisenmanagement auf österreichisch!? Scheinbar hat man erst letzte Woche damit begonnen, sich ernsthaft mit diesem Thema zu beschäftigten. Chapeau, Herr Schallenberg, reife Leistung, Herr Mückstein.

Dabei wäre es, so wie meist, ziemlich einfach: BGBl. Jahrgang 1948, 156. Bundesgesetz vom 30.06.1948 über Schutzimpfungen gegen Bocken, speziell die §§ 1 und 16, lesen, ein, zwei Worte ändern, den letzten Halbsatz in § 16(2) streichen und schon hätte man, in ein oder zwei Minuten, zumindest eine taugliche Grundlage.

Übrigens: ATS 1.000,00 im Jahr 1948 entsprechen € 1.186,73 im Jahr 2021.

Dann könnte man alle "Rechts- bzw. Verfassungsexperten" mit diesem Thema allein lassen und sich anderen Themen widmen, die momentan völlig aus dem Blickfeld verschwunden sind.

Beispielsweise die Suche nach einer Antwort auf die Frage, wie lange welcher Impfstoff wirkt, respektive tatsächlich schützt.

Quelle: https://www.zentrum-der-gesundheit.de/news/gesundheit/covid-19/corona-impfung-schutz

Der Studie einer Forschungsgruppe der Universität Umeå zufolge, sinkt der Schutz vor Covid-19 in den Monaten nach einer Corona-Impfung deutlich. Nun ist diese Studie, das soll nicht unerwähnt bleiben, vorerst nur als "Preprint" veröffentlich, weil für eine Publikation in Fachzeitschriften die erforderliche Qualitätsprüfung fehlt (https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3949410).

Unabhängig davon, ob wissenschaftlich validiert oder nicht, ist aber erkennbar, dass sich das österreichische "Risikomanagement" (Bundeskanzler, Bundesregierung etc.) mit dem (bekannten wie wissenschaftlich anerkannten) Phänomen der Risikokompensation bislang überhaupt noch nicht beschäftigt hat.

Dazu ein Zitat aus der erwähnten Studie, damit das angesprochene, bislang völlig unbeachtet gebliebene, wiewohl bekannte, Phänomen verständlicher wird: "(...) demnach gab es im Beobachtungszeitraum von rund neun Monaten knapp 28.000 symptomatische Corona-Infektionen. Bis Ende des zweiten Monats lag der Impfschutz gemittelt über alle Impfstoffe bei rund 90%; nach sieben Monaten jedoch war er auf 23 Prozent gefallen und damit statistisch nicht mehr relevant. Doch wie stark der Abfall verlief, hing von den verwendeten Impfstoffen ab.

Bei zwei Dosen Biontech war nach sieben Monaten kein Effekt mehr nachweisbar, bei Astrazeneca schon nach vier Monaten: Hier wurde aus dem erhofften Schutz sogar ein erhöhtes Risiko. Das bedeutet nicht, dass der Impfstoff selbst das Risiko einer Infektion steigert. Geimpfte und Ungeimpfte können sich auch anderweitig so unterscheiden, dass sich der Effekt umkehrt.

Möglich wäre zum Beispiel, dass sich Geimpfte häufiger testen oder einen positiven Schnelltest eher melden als Ungeimpfte, weil sie die Gefahr, andere anzustecken, eher erkennen und vermeiden wollen. Eine weitere mögliche Erklärung wäre, dass sich Geimpfte vermehrt sorglos verhalten. In der Psychologie kennt man das Phänomen unter dem Begriff "Risikokompensation". Beispiel: Wer sich mit Sonnencreme schütz, legt sich länger in die Sonne, als er es ohne Sonnenschutz getan hätte, und steigert so wiederum das Risiko für einen Sonnenbrand. Bestenfalls bleibt ein positiver Effekt, schlimmstenfalls wird der Schutzfaktor zum Risikofaktor. Was nicht heißt, dass die Creme Sonnenbrand fördert, sondern dass der Mensch seinen Schutz wieder verspielt" (...)".

Angesichts dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse, die mit ähnlichem Inhalt in Großbritannien und Israel publiziert wurden, könnte man sich, berechtigterweise, die Frage stellen, ob die allseits proklamierte "Booster-Turbo-Impfung" tatsächlich das hält, was das innerstaatliche Krisenmanagement verspricht, nämlich den langandauernden Schutz aller Geimpften. Ob das tatsächlich der Fall ist, wird man erst in einigen Monaten sehen; wissenschaftliche Grundlagen für diese euphorischen Signale fehlen bislang allerdings - logischerweise.

Nichtsdestotrotz scheint die Booster-Impfung durchaus geeignet, Schutz vor schweren Covid-19-Krankheitsverläufen zu bieten. Allein das sollte als Argument, sich impfen zu lassen, ausreichen; dies vor allem deshalb, weil es bislang keine brauchbaren Alternativen zur Impfung gibt. Impfskepsis hin oder her: Klar ist, dass die Impfung, mangels verfügbarer Optionen, momentan die einzig vernünftige Lösung für unser allgegenwärtiges Problem darstellt; auch wenn es, wie es scheint, nur eine Teil- und keine endgültige Lösung sein mag.

Ob dieses Szenario allerdings geeignet ist, taugliche Grundlage einer Impfpflicht zu werden, mag durchaus bezweifelt werden.

Allerdings: Wer nicht hören will, muss schlimmstenfalls fühlen, oder anders formuliert: Wer alle Warnungen geflissentlich ignoriert, darf allenfalls eigene (bittere) Erfahrungen machen.

Dass in diesem Zusammenhang und vor dem Hintergrund der wissenschaftlich vorhandenen Expertisen der Zweck tatsächlich das Mittel Impfung heiligt, steht zweifelsfrei nicht außer Frage. Dem mögen alle Verfassungsjuristen widersprechen - das vermag an den Tatsachen nichts zu ändern.

Quelle: https://www.zentrum-der-gesundheit.de/news/gesundheit/covid-19/corona-impfung-schutz - Bild: 

Es wird jedenfalls spannend sein, wie unsere "Krisenmanager" mit diesem Dilemma umgehen; vermutlich so, wie sie es bislang getan haben: Zaudernd und zögerlich, abwartend und dahinevaluierend, im Dunklen tappend - bis zu dem Zeitpunkt, in dem eine Impfpflicht aufgrund anderer zur Verfügung stehender Medikamente nicht mehr dringlich genug scheint bzw. sich das SARS-CoV-2 Virus zumindest soweit zurückgezogen hat, dass alle wieder "einen Sommer wie damals" prophezeien können.

Quelle: https://www.ibiza-spotlight.de/nachtleben/promoters/oceanbeat-ibiza-boat-party

Auch die Quote der mehr oder minder freiwillig Geimpften dürfte dann wohl ein Maß erreicht haben, das dem Durchschnittspolitiker vollauf genügt und seinen hehren Ansprüchen gerecht wird.

Chr. Brugger

24.11.2021