Herr Gottwald, was soll das?

17.11.2021

Als Sportler waren sie eine wahre Größe, für Österreich, auch international betrachtet, mehr oder weniger eine Lichtgestalt, ein Vorbild, Olympiasieger, Weltmeister - ein tatsächlich ganz Großer.

Nun muss man, wie bei jedem Spitzensportler oder, wie in Ihrem Fall, einem ehemaligen Sportbotschafter, aktive Karriere und Erfolge von dem trennen und auseinanderhalten, was nach dem Karriereende geschieht, sich ereignet oder, wie im Anlassfall, ereignet hat.

Quelle: https://www.kleinezeitung.at/sport/wintersport/skinordisch/6061103/Offener-Brief-an-Sportminister-Werner-Kogler_Gottwald-tritt-ab-und - Bild: © (c) GEPA pictures/ Walter Luger

Am 15.11.2021 haben Sie in einem "offenen Brief" an "Sportminister Werner Kogler" etwas zustande gebracht, was Ihrem Ansehen als ehemaligem Spitzensportler zwar nicht schaden kann, Sie aber als Privatpersonen in einem Licht erscheinen lässt, das nicht nur schräg anmutet, vielmehr noch durch einen Filter schimmert, dessen Bestandteile aus einem Sammelsurium an Schwachsinn, verletzter Eitelkeit, wahnwitzig anmutendem Selbstverständnis und verklärter Eigenüberhöhung zusammengewürfelt scheint.

Richtig ist, da stimme ich Ihnen durchaus zu, dass die jeweiligen Konstellationen in der österreichischen Bundesregierung in den letzten 1 ½ Jahren keine Spitzenleistungen vollbracht, fragwürdige Entscheidungen getroffen und sich teilweise einer Wortwahl bedient haben, womit ein Verlust des Ver- und Zutrauens in die Politik an sich einhergegangen ist.

Wenn man allerdings Ihr lamentierendes Gelaber ("Ich war überzeugt, dass unser Land aus der Geschichte gelernt hat. Ich bin erschüttert, festzustellen, dass wir als Gesellschaft anmaßender, skrupelloser und diskriminierender geworden sind, als ich das je zuvor erlebt habe.") lesend zu Kenntnis nimmt, entsteht, zumindest bei mir, der Eindruck, als würde ein beleidigtes, geistig minder bemitteltes Wesen, vor der Tastatur eines Computers sitzen und völlig unreflektiert den unsäglichen Versuch unternehmen, ein Bild der Gesellschaft, der Österreicherinnen und Österreicher sohin, zu zeichnen, dem eine persönlich-verbitterte, undifferenzierte wie indifferente Intention innewohnt, die von einem Kolorit geprägt ist, einem Farbkonglomerat, das aus idealisierenden, kruden, gefühllosen uns sonstigen Partikeln besteht, das durchaus geeignet wäre, Zweifel an Ihrem Verstand zu hegen.

Hätten Sie diesen Brief an das Christkind adressiert, man hätte es in dem Sinn verstehen können, dass sich ein Kleinkind ein nagelneues Matchboxauto oder ein Puppenhaus wünscht.

Sie aber schreiben dem Vizekanzler der Republik, Sie seien "zornig, traurig und (ver-)fassungslos zugleich", Sie würden "vom sportlich bewegten Leben ausgegrenzt", Sie hätten sich zeit Ihres Lebens damit beschäftigt, wie Gesundheit entsteht, dafür sogar Gesundheitswissenschaften studiert.

Wenn man das liest, stellt man sich, angesichts der momentanen "Lage der Nation", die Frage, ob der Inhalt dieses Briefes von jemandem herrührt, der gerade noch in der Lage ist, eins und eins zusammenzuzählen oder eben nicht mehr. Genau in diesem Grau- oder Grenzbereich befinden Sie sich, lieber Herr Gottwald.

Glauben Sie allen Ernstes, dass Ihr Gefasel von einer "besseren Welt" irgendjemandem hilft, Trost oder Hoffnung bringt; Sie wünschen sich ein, von Ihnen selbst, zusammengebasteltes Weltbild, eine idealisierend dargestellte, naiv-hingekritzelte Gesellschaft, gleichsam eine "heile Welt", in der alles so sportlich abläuft, wie Sie sich das eben wünschen mögen.

Sie verkennen aber scheinbar, dass sich die Gesellschaft mit ganz anderen Problemen konfrontiert sieht; Sie können, so Sie das wollen, auch im momentanen, durchaus fragwürdigen, "Rechtsrahmen" 24/7/365 Sport betreiben - mit oder ohne Impfung; Sie können sich Tag und Nacht mit Ihrem persönlichen Gesundheitsbewusstsein auseinandersetzen, sich tagein tagaus mit "unsportlichen und ungesunden Entwicklungen" beschäftigen, Sie können tun und lassen, was Sie wollen, sich ein Welt- oder Gesellschaftsbild ausdenken, wie es Ihnen beliebt, ein Österreich nach Ihren eigenen Vorstellungen zusammenstellen, in dem Sie gerne leben möchten - Ihre eigene, möglichst sportheile, Welt. 

Etwas sollten Sie allerdings nicht tun: Die Realität leugnen! Sie können sich ihr, der Realität, gerne verweigern, sie gar leugnen. Das ist Ihnen, wie allen anderen, unbenommen. Ändern und verbessern werden und können Sie damit aber nichts.

Leider oder Gott sei Dank ist die Welt aber keine Gottwaldsportwelt, in der man die Welt vor lauter Gottwaldsport nicht mehr sehen und wahrnehmen kann. 

Eines noch zum Schluss; (auch) von wirtschaftlichen Überlegungen sollten Sie künftig Abstand nehmen; wenn Sie in Ihrem Brief vermeinen, "die Art des Diskurses innerhalb der Politik, die Wortwahl, die Ignoranz, die Geringschätzung (...) würden wohl jedes Unternehmen in der Privatwirtschaft umgehend in den Ruin treiben" erhellt, dass Sie auch davon, schlicht und ergreifend, keine Ahnung haben; denklogische Zusammenhänge dürften folglich auch nicht zum Kernbereich Ihrer restlich verbliebenen Ressourcenmixtur gehören.

Beste Grüße nach Ramsau am Dachstein!

Chr. Brugger

17.11.2021