Grinsekatze oder Lachnummer?

18.11.2021

Geht es nach Peter Westenthaler, ist unsere smarte Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus in der Bundesregierung Kurz II und in der Bundesregierung Schallenberg die "Grinsekatze der Regierung"; davon spricht er zumindest am 17.11.2021 in einem Gespräch mit Josef Cap auf oe24.

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Stein des Anstoßes: "Die Solidarität mit den Ungeimpften ist vorbei", soll Fr. Köstinger gesagt haben; nichts anderes.

Wenn das ihre, Fr. Köstingers, Wahrheit bzw. Sicht der Dinge ist, dann kann sie so etwas durchaus sagen, ohne dafür behelligt oder gleich als "Grinsekatze" bezeichnet zu werden; wiewohl "Grinsekatze" zwar etwas naiv anmuten mag, dem Grunde nach hingegen nichts Schlechtes oder Bösartiges sein muss; vor allem dann, wenn man diesen Begriff im Zusammenhang mit der Erstausgabe von Lewis Carolls Kinderbuch "Alice im Wunderland" betrachtet, wo der "Cheshire Cat" (dt: Grinsekatze) nur eine unbedeutende Nebenrolle zukommt.

Dass BM Köstinger in den letzten Tagen medial mehrfach "verrissen" wurde, man sich, ob ihrer Aussagen, scheinbar belustig fühlte, liegt aber eher daran, dass sie sich zu Themen oder Dingen geäußert hat, die mit ihrer "Kernkompetenz", der Landwirtschaft, recht wenig zu tun haben.

Dazu muss man, ehe der Stab über Köstinger gebrochen wird, wissen, dass die umtriebige Ministerin dieser Tage auch in Brüssel, beim EU-Agrarrat, für Anliegen in Sachen Agrikultur, unterverhandeln musste, für die österreichische Almwirtschaft, inneralpine Viehbelange, ökologische Pflanzenzucht und sonstige, rustikale Interessen, zu kämpfen hatte.

Zwischen Tür und Angel hat sich Köstinger dann zum Vorstoß ihres ministeriellen Kollegen Mückstein geäußert: "Ich halte überhaupt nichts von den Wortmeldungen des Gesundheitsministers".

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Als gäbe es nichts Schlimmeres, hat man in diesen Satz, losgelöst von allen Begleitumständen, in denen er (der Satz) entstand, eine veritable Koalitionskrise hineininterpretiert.

Wenn Köstinger von dem nichts hält, was Mückstein von sich gibt, dann kann man ihr das weder vorwerfen noch als unkollegial auslegen. Was zu sagen ist, darf gesagt werden, vor allem dann, wenn es Köstingers Wahrheit entspricht.

Köstinger hat in diesem Fall nicht nur recht, sondern auch das Recht auf ihrer Seite: Vor dem Gesetz sind alle Staatsbürger gleich, öffentliche Ämter sind für alle Staatsbürger gleich zugänglich und jedermann hat das Recht, durch Worte seine Meinung (innerhalb der gesetzlichen Grenzen) frei zu äußern, kann man seit Weihnachten 1867 im Staatsgrundgesetz nachlesen.

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Zweiter Stein des Anstoßes war eine gemeinsame Pressekonferenz mit der Justizministerin Alma Zadić anlässlich des Ministerrates am 17.11.2021.

Wenn sich eine arbeitsfroh-hoffnungsreiche Ministerin während eines weiteren, orgastischen Höhepunktes, der Covid-19-Pandemie, in der sie wahrlich Großes zu leisten imstande zu sein scheint, mit ein paar Zahlen verhaspelt, Lockdowns im Rückspiel zeitlich falsch einnordet, 7-Tages-Inzidenzen nicht mehr in Erinnerung hat, Infektionszahlen verwechselt, hat das, schlich und ergreifend, nur damit zu tun, dass auch BM Köstinger, ähnlich dem Pflegepersonal, am Rande ihrer Arbeitskapazitäten angelangt zu sein scheint; Zahlenstürze mögen zwar als ein Malheur bezeichnet werden, Beinbruch ist es aber keiner. Köstinger belastet mit ihrem "Bauchfleck" weder Betten auf heimischen Intensivstationen, noch wäre ihre Zahlenspielerei jemanden aufgefallen, hätte nicht ein dienstbeflissener, übereifriger Journalist die Idee geboren, das ministerielle Zahlenkonglomerat einer eingehenden Prüfung unterziehen zu müssen.

Ja, er lag mit dem, was er sagte und am Ende mit einem süffisanten, Köstinger ins Lächerliche ziehende, Lächeln quittierte, nicht falsch.

Klar ist aber auch, dass die journalistische Korrektur an den heutigen Zahlen und an der momentanen Situation nichts zu ändern vermag.

Köstinger hat etwas getan, was man gemeinhin mit "lässlicher Sünde" bezeichnen könnte. Gerade in Zeiten wie diesen, wäre mehr Nachsicht gefordert. Für eine der am meisten strapazierten, geforderten und offenkundig rund um die Uhr im Einsatz befindlichen Bevölkerungsgruppe, die Spitzenpolitiker unserer Republik, sollten nicht Spott und Hohn als Dankeschön für deren unermüdlichen, schier selbstverachtenden, Einsatz zum Ausdruck gebracht werden, sondern Dank und Anerkennung; zumindest in Form entsprechender Gehaltserhöhungen oder Covid-19-Prämien, die man ihnen auszahlen bzw. auf ihre Konten anweisen könnte.

Warum verspricht man z.B. dem Pflegepersonal Prämien in äußerst bescheidenen Größenordnungen und vergisst dabei auf sich selbst?

Ein Mehr an Bescheidenheit, Demut, Rücksichtnahme und Verantwortungsbewusstsein, als das u.a. von Köstinger demonstrierte, kann und darf man nicht erwarten; mögen die Anforderungen an Spitzenpolitiker auch noch so hoch sein.

Verbale Fehltritte oder Fehlritte können und dürfen auch einem Kanzler, Ministern und Landeshauptleuten zugebilligt werden. Für all diejenigen, die in den genannten Funktionen tätig sind, muss zumindest das gelten, was unsereins für sich in Anspruch nimmt: Vor dem Recht und vor der Öffentlichkeit, vor uns sohin, gleich behandelt zu werden. Lediglich durch die Ausübung öffentlicher Funktionen unterscheiden sie sich von uns, dem Fußvolk. Solange ein knappes Drittes von uns nicht bereit ist, sich solidarisch zu verhalten und in den Dienst einer guten Sache zu stellen, solange wir dermaßen ignorant-resistent gegen politische Ansagen sind, dürfen wir uns nicht wundern, wenn uns die dafür Verantwortlichen die "Zügel anziehen", "Daumenschrauben" anlegen und diejenigen als "Falschmacher" bezeichnet werden, die sich nicht impfen lassen.

Wenn wir nicht in der Lage sind, den Forderungen unserer Spitzenpolitiker gerecht zu werden, ihnen zu entsprechen, müssen wir, logischer Weise, mit "ungemütlichen Weihnachtsfeiertagen" rechnen.

Wir haben die Wahl, nicht die Politiker - die werden immer nur dann gewählt, wenn wir es wollen oder das Gesetz es vorsieht. Im Unterscheid zu uns haben Köstinger & Co keine Wahl, es sei denn, sie würden sich anlässlich von Wahlen  selbst wählen oder für die politischen Mitbewerber votieren.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hosenbandorden# - CC BY-SA 3.0

Köstinger ist daher weder "Grinsekatze" noch "Lachnummer"; ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Das zumindest ist der Wahrspruch oder die Devise des exklusivsten britischen Ordens, einer der angesehensten in Europa: "Honi soit qui mal y pense".

Ob man Köstinger in diesen erlauchten Kreis aufnehmen wird, bleibt abzuwarten. Es stünde ihr aber durchaus zu und gut zu Gesicht.

Quelle: Steve Parsons/Pool Photo via AP/AP/dpa

Elisabeth Köstinger am Garter Day - das wäre eine Schlagzeile und jedenfalls aller Ehren wert.

Also: Weiter so wie bisher, Frau Bundesministerin Köstinger. Sie befinden sich auf einem guten Weg; machen Sie nicht Halt und harren Sie aus. Ignorieren Sie ihre neidgequälten Kritiker, die Ihnen Ihren Erfolg nicht gönnen, jeden Tag versuchen, Ihnen Ihr Amt madig oder abspenstig zu machen und Ihre großen Leistungen klein zu schreiben.

Chr. Brugger

18.11.2021