Für eine Farce nach Meribel & Courchevel
Ganz ehrlich und gleich zu Beginn: Hätte man mich nicht eingeladen, nach Meribel & Courchevel wäre ich weder dieser Tage noch sonst irgendwann gereist; Skifahren ist meine Sache nicht ...
Zwangsläufig aber sieht man sich derzeit vor Ort leider auch mit der Weltmeisterschaft der alpinen Skirennläufer(-innen) konfrontiert, die just jetzt und wie zum Trotz allesamt die, wenn auch nur meine, Idylle stören.

Quelle: Quelle: https:// en.wikipedia.org/wiki/Courchevel#/media/File:Courchevel_1850.JPG
Eigentlich bin ich daher, davon kann ausgegangen werden, nicht wegen der skifahrenden, alpinen Hautevolee in Courchevel; Anlass meines Daseins ist vielmehr eine längst legendäre Farce, die Farce "par deux malheur" des mit drei Michelin-Sternen dekorierten Yannik Alléno im "Le 1947 à Cheval Blanc" - nach Ansicht des legitimen Paul Bocuse Nachfolgers eine "combinaison rustique" aus "deux sortes de bêtise". Ganze zwei Tage lange kredenzte uns Gästen der Maître de Cuisine seine köstliche spécialité, eine «composition remarquable», inspiriert durch ein Rezept seiner Großmutter mütterlicherseits, wie er meint.
Die Zeit zwischen den üppigen Mahlzeiten verbrachte ich, so gut es ging und möglich war, mit dem Erkunden der Gegend; um ehrlich zu sein möchte ich gar nicht wissen, wie es hier im Sommer tatsächlich aussieht, wenn ersichtlich wird, was der Kunstschnee von dieser alpinen Region noch übriggelassen hat. Zumindest das, was jetzt zu sehen ist, entspricht jedenfalls dem, was unter einer absurden "Winterwunderwelt" gemeinhin verstanden wird; üppig-rustikale Hotelburgen, wahllos angeordnete Chalet-Dörfer, Aprés-Ski-Hütten, soweit eben Auge oder Durst reichen und, zu guter Letzt, massenhaft Russinnen, die das Kriegstreiben in der Ukraine von ihren sündteuren Cottages bzw. den jeweiligen Outdoor-Whirlpools aus beobachten können oder eben nicht.

Quelle: https://www.coeurcourchevel.com/en
Alles in allem eine gelungene Melange aus Dekadenz & Degeneration, Abartigkeit & Abstrusem, Fake & Frivolität - Chapeau!
Der Inbegriff aller Libertinage wird jedoch im "Trois Vallées" in zweierlei Hinsicht noch überhöht: Ein Kurzbesuch am Altiport de Courchevel, dem hiesigen Flugplatz, auf dem sich eine kaum überschaubare Anzahl von Helikoptern einfindet, die, in Summe, als ein Spalier alles neureich Verkommenen bezeichnet werden könnte, frei nach dem Motto "fliegende Töchter & Söhne aller Milliardäre vereinigt euch".
Die andere Absurdität wird allerdings erst anlässlich der Feiern des ÖSV klarer ersichtlich; einerseits werden Medaillen für Bewerbe (Kombinationen als Abgesang auf alles Sportliche) gefeiert, die ihrer "ruhmreichen" Vergangenheit in keiner Weise mehr gerecht werden; die "Augsburger Allgemeine" titelt in ihrer Online-Ausgabe vom 06.02.2023 gar mit "den letzten Zuckungen einer sterbenden Disziplin", wohingegen auf https://sport.ch von einer "Farce" zu lesen ist, zu der die WM-Kombination verkäme; andererseits sind sich die ÖSV-Protagonisten nicht zu blöd, ihre vermeintlichen "Triumphe" im Mutterland des Champagner(!) sogar noch mit heimischem Sprudel zu begießen; mit einem "Methusalem" oder "Impériale" anzustoßen hätte Stil und würde der Historie des Schaumweines aus der Weltkulturgegend gerecht; die Verwendung österreichischer "Flaschengärung" hingegen wird bloß dem Anlass gerecht: Zweitklassiges mit Zweitklassigem (im Sinne von "jedenfalls nicht ursprünglich") zu verbinden - herber Sprudel ("Sparkling Brut") eben, eine "Farce par excellence" sozusagen; nicht zu verwechseln mit der vorerwähnten Farce "par deux malheur" des Gourmet-Genies aus Puteaux, einer rustikalen Kombination aus zweierlei Sorten Firlefanz - obwohl: Irgendwie passen diese beiden "Gourmetantipoden" doch ganz gut zusammen, ergeben solcherart auch, auf ihre Weise, eine "composition remarquable", eine "spécialité autrichien" - von gutem Geschmack kann dabei aber nicht mehr die Rede sein oder berichtet werden.
Chr. Brugger
14.02.2023