Europas Dilemma mit den Dilettanten
Dass selbst "namhafte" bzw. an der Spitze diverser Verwaltungseinheiten herummurksende Politiker nicht in der Lage sind, 1 + 1 richtig zu addieren, ist mittlerweile selbstverständlich – eine traurige Gewissheit zwar, ob dessen aber nicht minder erwähnenswert.
Quelle: https://kurier.at/politik/inland/karl-nehammer-treffen-meloni-rom/402959295
Es hat nicht bloß noch den Anschein, als rekrutierte man Staats- und Regierungschefs nur noch aus dem Kreis all jener Dilettanten, die von dem, was sie zu tun hätten, nicht die geringste Ahnung haben; Tatsachen werden, wenn es ihrer "Politik" nicht zuträglich ist, ignoriert; es wird dann laufend nur das behauptet und getan, was im Kreise ihrer restlich verbliebenen Anhänger Anklang finden könnte; sie kapitulieren vor ihrer evidenten, meist auch noch recht stark ausgeprägten, intellektuellen Beschränktheit, frönen dem Eskapismus und werfen, völlig sinnbefreit, das Geld der SteuerzahlerInnen mit beiden Händen zum Fenster hinaus.
Selbst die Dümmsten dieser Dilettanten müssen zur Kenntnis nehmen, dass Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes zumindest in der EU unmittelbare Rechtswirkung erzeugen; alle Mitgliedsstaaten sind an diese "rechtserzeugenden" Entscheidungen gebunden – und damit auch ihre Volksverwalter.
Quelle: https://www.telepolis.de/features/Europaeischer-Gerichtshof-ueber-alles-6307181.html
Man könnte also berechtigterweise annehmen, dass alle europäischen Regierungen, die ihre jeweiligen Länder verwalten, zumindest Kenntnis vom Inhalt der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) haben; speziell dann, wenn diese Entscheidungen medial durch alle Länder "getrieben" werden, wie sprichwörtlich die Sau durchs Dorf.
Diese Annahme ist leider falsch: Es soll Verwalter geben, die diese höchstgerichtlichen Entscheidungen entweder nicht kennen oder geflissentlich ignorieren; stimmt das eine, dann sind sie zum Verwalten tatsächlich zu dumm, trifft hingegen das andere zu, treten sie die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen, weil sie diese einfach ausblenden.
Es steht aber fest, dass z.B. durch die Entscheidung des EuGH vom 04.10.2024 (C-406/22) rechtsverbindlich entschieden wurde, dass von einem sicheren Drittstaat dann nicht mehr gesprochen werden kann, "wenn bestimmte Teile seines Hoheitsgebietes die materiellen Voraussetzungen für eine solche Benennung nicht erfüllen".
Diese Erkenntnis ist weder neu noch überraschend; es stellt sich daher die Frage, wie beispielsweise Karl Nehammer am 17.10.2024, also ca. 2 Wochen nach der zitierten Entscheidung des EuGH, der Idee verfallen kann zu behaupten, das Bürgerkriegsland Syrien wäre auf dokumentierte Weise in vielen Bereichen sicher, weil sowohl syrische Flüchtlinge als auch Libanesen vor den israelischen Angriffen nach Syrien flüchteten; damit wäre, phantasiert und fabuliert Nehammer zumindest, auch eine Abschiebung illegal in Europa befindlicher Syrer in deren Heimatland möglich - wer sinnerfassend lesen könnte, wäre bei diesem Thema, vor allem angesichts der Entscheidung des EuGH, klar im Vorteil.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Rabaa-Massaker#/media/Datei:Dead_bodies_of_Morsi_supporters.jpg
Nun könnte man sich die Frage stellen, wie das Bürgerkriegsland Syrien vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH ein "sicherer Drittstaat" sein soll – die Frage beantwortet Nehammer ja bereits selbst; ein Land, in dem nach wie vor ein Bürgerkrieg tobt, kann (zumindest nach Meinung des EuGH) nie & nimmer ein Staat sein, in den man, weil er sicher wäre, abschieben kann; eine zweite, sich daran logisch anschließende Frage, wie dämlich nämlich jemand sein muss, der so etwas behauptet, beantworte ich besser nicht.
Ganz ähnlich wie mit Syrien verhält es sich mit Ägypten; es besteht kein Zweifel daran, dass der EuGH auch dem "Land am Nil" den Status verwehren wird, ein solch "sicherer Drittstaat" zu sein; Ägypten ist erwiesenermaßen nicht nur eines der korruptesten Länder Afrikas, sondern wird noch dazu von einem totalitären Regime befehligt, dem jedwede demokratische Legitimation abzusprechen ist; es stellt sich auch hier die Frage, warum man u.a. in Kenntnis des Inhaltes der "Entschließung des Europäischen Parlaments vom 24.11.2022 zur Menschenrechtslage in Ägypten" davon ausgeht, Ägypten wäre ein sicherer Drittstaat – die Entschließung ist übrigens jederzeit nachzulesen unter: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2022-0426_DE.html
Aber was macht die EU, respektive was macht Karl Nehammer?
Quelle: https://www.brot-fuer-die-welt.de/blog/eu-schuetzenhilfe-fuer-die-festung-aegypten/
Die Europäische Kommission lässt über ihre Propagandadienststelle "Generaldirektion Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen" eine "gemeinsame Erklärung über die strategische und umfassende Partnerschaft zwischen der Arabischen Republik Ägypten und der Europäischen Union" veröffentlichen, in dem der "Deal" mit Ägypten ebenso beschönigend wie unverschämt beschrieben wird (https://neighbourhood-enlargement.ec.europa.eu/news/joint-declaration-strategic-and-comprehensive-partnership-between-arab-republic-egypt-and-european-2024-03-17_en).
Die finanziellen Verpflichtungen aus diesem "Deal" werden der Einfachheit halber gleich verschwiegen; um Licht ins Dunkel zu bringen: "Ägypten soll von der EU-Darlehen in Höhe von fünf Milliarden und Investitionen von 1,8 Milliarden Euro bekommen. Weitere 400 Millionen fließen in bilaterale Projekte, 200 Millionen in Programme für das Migrationsmanagement. Im Gegenzug soll Ägypten seine Grenzen zu Libyen und zum Sudan besser sichern und die illegale Migration in die EU eindämmen" (Profil, 20.03.2024).
Scheinbar haben Ursula von der Leyen, Giorgia Meloni, Karl Nehammer & Co nicht bedacht oder aber, im Überschwang ihrer grenzenlosen Hilf- und Ausweglosigkeit, darauf vergessen, dass sie am Verhandlungstisch jemandem gegenübergesessen sind, der seine Macht ausschließlich einem gewaltsamen Staatsstreich (2013) verdankt; Kenner der Szene beschreiben den Regierungsstil von Abdel Fatah El-Sisi als "autoritär, diktatorisch und repressiv"; wenn es nach der "Carnegie-Stiftung für Internationalen Frieden" geht, leitet El-Sisi eine "Militärdiktatur, die den ägyptischen Staat und dessen Wirtschaft militarisiert und das Land an den Rand eines wirtschaftlichen Kollaps geführt hat" – und die EU unterstütze ihn auch noch dabei (https://carnegieendowment.org/europe/strategic-europe/2023/12/how-the-eu-supports-authoritarianism-in-egypt?lang=en).
Quelle: https://www.diepresse.com/6281211/nehammer-lobt-aegyptens-autokraten-fuer-stopp-von-migrantenbooten
Nehammer & seinesgleichen haben sich also, integer & redlich wie sie nun einmal sind, mit jemandem in ein gemeinsames Wochenbett gelegt, der im Rahmen seiner Machtergreifung hunderte Regierungsgegner zum Tode verurteilen, tausende Oppositionelle inhaftierten und Demonstranten auf offener Straße erschießen ließ; auch dass ihr ach so demokratisch-liberaler wie Rechtsstaat-affiner Menschenrechtsfreund am14.08.2013 in Kairo u. Gizeh ein Blutbad angerichtet hat, scheint die Europäer nicht zu stören - es handelt sich ja "nur" um die größte, staatlicherseits angeordnete, Massentötung der neueren Geschichte Ägyptens ...
Bis zum heutigen Tag lässt der "fromme" Sunnit Abdel Fatah El-Sisi Journalisten inhaftieren, Frauen massenweise vergewaltigen, Kinder schänden und Oppositionelle verhaften, misshandeln und zum Tod verurteilen – und mit einer solchen Bestie wollen Nehammer & Co auf Augenhöhe verhandelt haben?
Man muss es so deutlich sagen: Die europäischen Naivlinge, allen voran von der Leyen, Nehammer & Meloni, sind schlicht und einfach nicht in der Lage, um zu realisieren, dass sie von Kreaturen wie El-Sisi schon betrogen wurden, ehe sie die Flieger nach Kairo überhaupt bestiegen haben.
Indem sie sich aber mit dieser Bestie an einen Tisch setzten, erwecken von der Leyen & Co den Anschein, als hätten wir es mit hier einem waschechten Demokraten europäischer Prägung zu tun – das schadet nicht nur der Demokratie an sich, viel mehr noch wird das ohnedies geringe Vertrauen in die europäischen Unterhändler noch zusätzlich beschädigt.
Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/tunesien-eu-migrationspakt-rueckzahlung-100.html
Aus dem längst gescheiterten Tunesien-Deal haben all die Genannten offenbar nicht gelernt; und dem milliardenteuren Ruanda-Experiment des mit Ansage gescheiterten Rishi Sunak frönen nur noch die Einfältigsten; dazu zählt, welch Überraschung, auch ein Karl N.; Nehammer plädiert für britischen Weg: Asylverfahren in Ruanda - "Die Asylverfahren sollen in sichere Drittstaaten ausgelagert werden, wie es das Vereinigte Königreich bereits tut, das einen entsprechenden Vertrag mit Ruanda abgeschlossen hat" (SN, 21.05.2024).
Quelle: https://www.sn.at/politik/innenpolitik/nehammer-weg-asylverfahren-ruanda-158752399
Erstens wurde bislang kein einziger Mensch nach Ruanda "exportiert", zweitens ist ein solcher "Migrantenexport" weder nach britischem noch europäischem Recht zulässig; er ist weder menschenrechtskonform noch ist Ruanda ein sicherer Drittstaat sondern, vor allem wenn es um die Menschenrechte geht, der Vorhof zur "Hölle", die sich u.a. in Ägypten, Syrien, Afghanistan, Libyen, dem Iran oder dem Libanon längst etabliert und "gemütlich" eingerichtet hat.
Nur weil unbelehrbare Dilettanten medienwirksam und wahrheitswidrig irgendetwas behaupten, ist damit für die Rechtskonformität noch lange nichts gewonnen; es gibt triftige Gründe dafür, warum Experten weltweit davon sprechen, dass die Vereinbarungen europäischer Staaten bzw. der EU mit nordafrikanischen Ländern (Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen, Ägypten) wert- und sinnlos sind.
Wie soll mit einem Land eine tragfähige Vereinbarung möglich sein, in dem bis heute laufend bewaffnete Auseinandersetzungen stattfinden und vollkommen offen ist, mit wem man überhaupt verhandeln soll oder kann; in Libyen ist z.B. sogar unklar, wer überhaupt Ministerpräsident dieses Landes sein soll; bei allen maßgeblichen Indizes (Korruption, Demokratie, Stabilität, (Presse-) Freiheit) rangiert Libyen auf den hintersten Rängen; es gibt weder eine Verfassung noch ein funktionierende Rechtssystem; mit Migranten wird das Geschäftsfeld "Menschenhandel" bedient, landesinterne Vertreibungen gehören zum "guten Ton", massive Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist üblich und salafistische Kräfte schränken die Meinungs- und Versammlungsfreiheit massiv ein; Christen werden verfolgt, Ehebruch und Homosexualität werden bestraft und alle nicht islamischen religiösen Zusammenkünfte sind verboten.
Quelle: https://exxpress.at/politik/starker-partner-nehammer-trifft-sich-zum-dinner-mit-meloni/
All das reicht aber bei weitem noch nicht: Nehammers römische Freundin, Giorgia Meloni, hat unter Beweis gestellt, dass es selbst innerhalb Europas auf Basis der aktuellen rechtlichen Situation nicht möglich ist, über das Schicksal von (illegalen) Einwanderern EU-exterritorial zu befinden; ihre medial gehypte Albanien-Farce hat zwar hunderte Millionen Euro gekostet, ist aber dennoch (oder eben gerade deswegen) gescheitert; allein, von der Leyen, Nehammer & Co können auch dem Projekt "Wie versenken wir möglichst viel Steuergeld in der Adria?" etwas Positives abgewinnen; sie sind eben darin einig, bedingungslos scheitern zu wollen; unabhängig davon ob innerhalb oder außerhalb Europas. Dass der Betrieb von Melonis Deportationslagern in Albanien, die man bereits liebevoll "Mini-Guantanamos" nennt, dem italienischen Steuerzahler pro Jahr ca. 650 Millionen Euro kosten würde, ist angesichts aller anderen Umstände beinahe als Nebensächlichkeit zu bezeichnen.
Nehammer mag zwar neuerdings von einem "Paradigmenwechsel" schwadronieren, verkennt damit aber ein weiteres Mal die Realität: Der europäische Asyl- und Migrationspakt ist das Papier nicht wert, auf dem er steht; nüchtern betrachtet war dieses, nach wie vor äußerst umstrittene, "Reformpapier" nichts anderes als ein obszöner Wahlkampfscherz der EVP, um die Verluste ihrer Partnerparteien in den Mitgliedsstatten möglichst gering zu halten.
Quelle: https://www.vienna.at/nehammer-begrust-bei-eu-gipfel-paradigmenwechsel-in-migrationspolitik/9013537
Blöderweise hat man, künstlich euphorisiert, darauf "vergessen", parallel zum schwachsinnigen Asyl- und Migrationspakt zumindest die in die Jahre gekommene "Richtlinie 2008/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatangehöriger" entsprechend zu reformieren, die sozusagen die rechtliche Handhabe dafür bilden soll, ob überhaupt (und wenn ja wohin) illegal in Europa befindliche Personen noch abgeschoben werden können.
D.h. also, dass es für hunderttausende bzw. Millionen Menschen, die sich bereits illegal in Europa aufhalten (so genau weiß das ja niemand), keine nachvollziehbaren Regelungen gibt, wenn es um deren Rückführung in ihre jeweiligen Herkunftsländer geht – man hat sich, das ist die traurige Wahr- und Gewissheit, in den letzten 17 Jahren darüber ganz einfach keine Gedanken gemacht und damit den illegal Einreisenden bzw. illegal im Land befindlichen Menschen Tür und Tor geöffnet, sich in Europa (mehr oder weniger ungeniert und unbehelligt) aufzuhalten; zu einem solchen Zinnober sind nur Menschen fähig, für die bereits das Zusammenrechnen von 1 + 1 ein unlösbares mathematisches Rätsel darstellt.
Quelle: https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/italien-haelt-nach-urteil-an-plaenen-fuer-asylverfahren-in-albanien-fest-110057088.html
Übrigens - sog. "Auffanglager" in "sicheren" Drittstaaten (an den europäischen Außengrenzen) sind nichts anderes ein weiterer politischer Gag, ein billiger Schmäh der übelsten Sorte; diese unrealistischen, weil rechtlich nicht umsetzbaren, Szenarien verwenden von der Leyen, Nehammer , Meloni & Co immer dann, wenn sie wieder einmal in Erklärungsnotstand geraten und ihre Unfähigkeit kaschieren wollen; allein – damit löst man kein Problem, vielmehr erklärt man alle EuropäerInnen ein weiteres Mal für völlig blöd und ahnungslos.
So sind sie aber nun einmal, unsere europäischen Verwalter; einfalllos, dummdreist, verschwenderisch und auch noch pikiert, wenn sie mit der Wahrheit konfrontiert werden – Dilettanten eben: Laien, die sich ohne entsprechende Ausbildung und Sachkenntnis einem Thema widmen, von dem sie nicht die geringste Ahnung haben; das ist, aufsummiert, unser eigentliches Dilemma; von einem unterirdischen Personal kann man sich nicht einmal eine durchschnittliche Leistung erwarten – that´s it …
Chr. Brugger
20/10/2024