Dumm sein – ein unterschätztes Privileg?

16.03.2022

Mit Verlaub: Bislang galt es, unabhängig davon, wer man ist, sein wollte, anderen gegenüber vorgab zu sein, vor allem auch unabhängig davon, wo man geboren wurde, aufgewachsen, aufhältig ist, als nicht sonderlich en vogue, als dumm oder blöd zu gelten, von anderen solcherart wahrgenommen und auch so eingeschätzt worden zu sein. Galt man einem, im schlimmsten Fall nahezu allen, als blöd oder dumm, waren die Aussichten auf höherwertige Positionen denkbar schlecht, galten insbesondere Funktionen auf "höchster Ebene" als unerreichbar.

Nun wurde und wird seit jeher überall, man ist geneigt zu sagen global, lebhaft darüber diskutiert, was unter "höchster Ebene" verstanden werden kann, zu verstehen ist oder wäre; dieser Themenkomplex ist ebenso unergründlich diskutier- oder evaluierbar wie die Tatsache, dass eine Teilnahme an dieser unnützen, fragwürdig komplexen, Debatte jenen vorbehalten bleibt, die Zufriedenheit nur vom Hörensagen kennen, denjenigen also, die gemeinhin und in Summe als Neider zu bezeichnen sind, als eifersüchtig oder missgünstig.

Um eines vorab klarzustellen: Hochrangige Politiker, zumindest Menschen ab dem Rang eines Ministers oder einer Ministerin, Präsidenten oder Kanzler ohnedies, spielen in einer Liga, die zweifelsfrei zur "höchsten Ebene" gehört.

Auffallend ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Schar der Missgünstigen gleichsam epidemisch und ohne Chance auf Gesundung verbreitet; die Anzahl der Neider-Community wächst unaufhaltsam.

Dieser stetig wachsende Teil der Weltbevölkerung ist beinahe ausnahmslos in der Lage zu erkennen, dass ihre Nichtzugehörigkeit zur "höchsten Ebene" mit der Einstufung als dumm oder blöd kaum in einem engeren Zusammenhang steht, sie nicht deshalb, sondern aus vielerlei anderen Gründen, dieser erlauchten Clique nicht angehören.

Dass diese These richtig bzw. unwiderlegbar ist, beweisen eben genau die Erwähnten; speziell in Österreich ist es eher ein Vorteil denn ein Nachteil, dumm oder blöd zu sein, vor allem wenn man plötzlich der Meinung verfällt, auf "höchster Ebene" tätig werden zu wollen; ob als Staatssekretär, Minister, gar als Kanzler oder Präsident - es ist ziemlich einerlei, für welches Amt man sich berufen fühlt, die bereits mehrfach genannten "Privilegien", zusammengefasst könnten sie kurz mit "unfähig" bezeichnet werden, schaden in keinem Fall.

Während in manchen Berufsfeldern, so man gewillt ist, die "höchste Ebene" zu erreichen, sei es in Wirtschaft, Kultur oder einem anderen Bereich, Unfähigkeit meist hinderlich ist, dem Aufwärtsstreben eher schadet, zeichnet eben dieselbe (Unfähigkeit) die "höchste Ebene" der Politik geradezu aus, scheint beinahe ein unabdingbares, nicht substituierbares Equipment zu sein, so man es zu etwas "Höherem" bringen möchte. Man könnte geneigt sein zu behaupten, "je weiter oben, desto unfähiger". Diese Befundung hängt auch damit zusammen, dass jene, die sich in der "Hierarchie" ganz oben befinden, am ehesten in Erscheinung treten, am meisten "gefragt" sind und werden, am öftesten medienwirksam auffallen, das verkünden, was von anderen (Unfähigen) ersonnen und von den sich letztlich Äußernden nicht hinterfragt, sondern unreflektiert dem Volk zugemutet wird, das wiederum gemeinhin für noch dümmer gehalten wird als man selbst.

Damit schließt sich, sozusagen, der Kreis der Unfähigkeit, Blödheit oder Dummheit: Unfähige produzieren etwas, noch Blödere teilen es den Dümmsten mit ... und das bezeichnet sich dann (selbst) als funktionierende Demokratie, wird für eine solche gehalten, hofiert und verehrt, genießt nationales wie internationales Ansehen, soll denen, die damit nichts anzufangen wissen, vermeintlich noch Schlimmeres gewohnt sind, sogar als leuchtendes Vorbild dienen.

Selbst wenn sich dieses, von Kleingeist geprägte, "System der Dümmsten" als korrupt erweist, offensichtlich korrumpiert ist oder wird, wirkt sich der enorme Effekt der scheinbaren Legitimität heilsam auf die Sicht der Dinge und den Anschein aus, lässt das nicht sein, was nicht sein darf - Systemkritik ist zwar zulässig, wirkt sich aber nicht sonderlich aus, weil nicht nur ein Teil des Systems so verkommen ist, vielmehr das gesamte politische Konglomerat, die zu einem Punkt verschmolzene Blödheit sozusagen, deren Einfältigkeit sich in ihren eigenen Handlungen und Auswirkungen manifestiert, an denen zumindest diejenigen leiden, denen der Sprung auf die "höchste Ebene" versagt bleibt, obwohl sie dumm genug dafür wären. Zu Letzteren könnte auch ich mich, so ich wollte, zählen, eben zu denen die die "Suppe" immer widerspruchslos auslöffeln dürfen.

Insofern ist es in Österreich und andernorts durchaus ein Privileg dumm zu sein; darf man sich auch noch zum elitären, türkis-schwarzen Kreis zählen, steht einem Sprung auf die "höchste Ebene" kaum etwas entgegen - ist man folglich beiden dieser Gruppierungen zuzuordnen, kann berechtigt mit einer eindrucksvollen Karriere gerechnet, wenigstens spekuliert werden; Nehammer, Schallenberg und wie sie alle heißen, beweisen das Tag für Tag - eindrucksvoll, beinahe staatstragend.

Zumindest pseudo-wissenschaftlich, jedenfalls aber durch anerkannte Thesen nachgewiesen ist diese Theorie allemal; vertraute jemand bereits Max Webers Ausführungen im Essay "Politik als Beruf" in Verbindung mit Barbara Tuchmans Kernaussagen in "Die Torheit der Regierenden", läge er einerseits nicht grundlegend falsch, andererseits ersparte sich dieser Jemand die Lektüre anderer Standardwerke für bzw. über kollektive Selbstverblödung bzw. das ausnutzen Können von Naivität, Langmut und Dummheit gepaart mit einem kräftigen Schuss aus der jeweiligen nationalen Selbstverleugnungstinktur; von kognitiver Dissonanz schwiege jener ebenso zu Recht wie von einem "protestatio facto contraria" oder anderem, völlig verquerem Handeln, das scheinbar jeder Vernunft widerspricht.

"Scheinbar" mutet das allerdings nur jenen an, denen die eigentlichen Beweggründe politischen Handelns völlig fremd sind, die die Gedanken einer Ministerin beispielsweise nicht verstehen können, da sie nach außen hin als völlig krude erscheinen.

Selbstüberhöhung, Unfähigkeit, Dekadenz sowie Starrsinn gelten nach Tuchman als unwiderlegbare Indizien für "Missregierung"; was für Philipp II. von Spanien galt, gilt heute immer noch: "Kein Fehlschlag seiner Politik vermochte seinen Glauben an ihre prinzipielle Vortrefflichkeit zu erschüttern".

"Engstirnigkeit, die Quelle der Selbsttäuschung, ist ein Faktor, der eine überaus wichtige Rolle in der Politik spielt" ist bei Tuchman zu lesen, "daraus erwächst ein Wunschhandeln, das sich von den Tatsachen nicht beirren lässt". Wer der Binsenweisheit "der Dumme lernt aus seinen eigenen Fehlern, der Kluge aus den Fehlern anderer" Glauben schenkt, muss sich ohne jeden Zweifel folgende Frage stellen: "Wie dumm müssen dann erst all jene sein, die aus eigenen Fehlern nicht lernen?" bzw. "Werden wir von den Allerdümmsten regiert und wenn ja, warum?"

Dazu gesellt sich, um mit der "Wissenschaftlichkeit" aufhören zu können, die Thesen eines John Adams, der schreibt: "Während andere Wissenschaften vorangeschritten sind, tritt die Regierungskunst auf der Stelle; sie wird heute kaum besser geübt als vor drei- oder viertausend Jahren".

Zur dekadenten, selbst überhöhten Unfähigkeit gesellt sich, wenn Adams Recht hat, noch ein gerütteltes Maß an verklärter Ignoranz. In dieser explosiven Gemengelage fanden bzw. finden sich also auch Kurz, Köstinger & Konsorten wieder, jene Angehörigen der "oberen Schicht", denen wir vertrauen, die wir wählen, deren "Entscheidungen" wir verstehen, letztlich dulden oder vollziehen sollen.

Eingedenk dieser Gegebenheiten darf man sich nicht sonderlich wundern, wenn sich die Umfragewerte der handelnden Personen im steten Sinkflug befinden, die restlich verbliebene Glaubwürdigkeit zur Neige geht, Nehammer, Schallenberg & Co niemand mehr ernst nimmt, ihre Politik hämisch belächelt oder angewidert verachtet wird. Belächelt und verachtet wird aber nicht bloß die Politik, vielmehr noch die dafür verantwortlichen Akteure.

Es grenzt daher fast an ein Wunder, dass noch niemand dieser dekadent-unfähigen Clique körperlich angegriffen, zumindest mit faulen Eiern beworfen wurde. Eigenartig, eigentlich unverständlich - scheinbar ist der angerichtete Schade noch nicht groß bzw. teuer genug, als dass jemand handeln wollte; zumindest ein einzelnes Taubenei wären die ganzen Dummheiten jedenfalls wert, möchte man meinen. Es muss ja, nicht sofort, ein Hagelschauer oder Dottergeschwader sein, das sich über unserer türkis-schwarzen Elite übergibt, endlich all das zum Erbrechen bringt, was dem Volk schwer im Magen liegt.

Offensichtlich ist der Volksmagen bereits dermaßen verdorben, dass es einen Durchbruch braucht, um die Schmerzen zu lindern, einen nationalen Volksdurchbruch, sozusagen; schwupp und alle (Politiker & Sorgen) sind weg, Einlauf inklusive, kollektive Reinigung der Volksdarms, spürbare Erleichterung für alle. So, oder so ähnlich könnte das stattfinden - lange wird es wohl nicht mehr dauern, bis wir die Volksspülung oder das türkis-schwarze Plumpsklo bedienen können.


Chr. Brugger

16/03/2022