Dumm, dümmer, Gender

26.02.2021

Der Anlass ist ein sehr erfreulicher: Lisa Hauser hat bei der 52. Biathlon-Weltmeisterschaft auf der Hochebene von Pokljuka in Slowenien am letzten Wettkampftag eine Goldmedaille in der Disziplin Massenstart gewonnen. Die Krönung einer herausragenden Saison - eine wortgewandte, hübsche und vor allem sportlich erfolgreiche junge Frau aus Reith bei Kitzbühel hat etwas zustande gebracht, was bis zum 21.02.2021 nahezu unmöglich schien; insofern ein Jahrhundertereignis.

Man könnte also annehmen, dass sich das sportinteressierte Österreich mit Lisa Hauser freut. Aber, das scheint guter österreichsicher Tradition zu entsprechen, es ist keinesfalls die Freude, die überwiegt, vielmehr ist es eine vollkommen verblödete Diskussion in sozialen Medien, die die offenbar dummdreiste Volksseele zum Brodeln bringt.

Der Anlass: Ministeriumssprecher Oberst Mag. Michael Bauer hat der Weltmeisterin via Twitter gratuliert: "Herzliche Gratulation: Zugsführer Lisa Hauser holt WM-Gold im Biathlon-Massenstart und Korporal Adrian Pertl Silber im Slalom bei der Ski-WM."

Am Wort "Zugsführer" hat sich daraufhin, bezogen auf Lisa Hauser, eine absurde Genderdiskussion entzündet, die ihresgleichen nicht so leicht finden wird.

Gendermäßig und sprachlich richtig müsste es "Zugsführerin" heißen - nachzulesen sei das auch im Online-Duden. Korrekt sei auch "Die Frau Zugsführer wurde Weltmeisterin" ...

Die ganze, sinnentfremdet anmutende, Schreiberei auf Twitter & Co hätte man sich mit einem kurzen Blick auf die "rechtlichen Grundlagen" problemlos sparen können.

Art. 7(3) des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) sieht vor, dass Amtsbezeichnungen in der Form verwendet werden können, "die das Geschlecht des Amtsinhabers oder der Amtsinhaberin zum Ausdruck bringt. Gleiches gilt für Titel, akademische Grade und Berufsbezeichnungen".

Nun hat man von dieser Möglichkeit in der Dienstgradeverordnung 2018 (DGV 2018) keinen Gebrauch gemacht. In der Dienstgradgruppe "Chargen" (i.S.d. § 6(1) Z 2 Wehrgesetz 2001 (WG 2001)) lautet folglich der einzig mögliche Dienstgrad von Lisa Hauser "Zugsführer".

Der Disput darüber, ob nicht "Zugsführerin" oder gar "Zugführerin" zutreffend seien, könnte seinen Ursprung durchaus in einer Presseaussendung des Bundesheeres vom 10.11.2020 gefunden haben. Dort kann man (immer noch) Folgendes lesen: "Von den fünf besten "Sportlerinnen des Jahres" waren gleich vier Soldatinnen des Bundesheeres. Der Heeressport stellt hier Zugsführerin Janine Flock (Skeleton), Vorjahressiegerin Korporal Vanessa Herzog (Eisschnellauf), Korporal Ivona Dadic (Leichtathletik) und Korporal Chiara Hölzl (Skisprung) als Nominierte zur Wahl".

Wenn der Dienstgrad "Zugsführerin", den es realiter gar nicht gibt, auf der offiziellen Homepage des Bundesheeres Verwendung findet, darf der Medieninhaber und Herausgeber, das Bundesministerium für Landesverteidigung, nicht überrascht sein, wenn manche/r das zum Anlass nimmt, an einer nutzlosen Debatte teilzunehmen.

Noch ein Satz zum Thema bzw. Argument "Duden-Online": Der Duden (allenfalls auch die "Dudin") hat, zumindest für Österreich, keine offizielle Relevanz; verbindliche Grundlage ist ausschließlich das "Österreichische Wörterbuch", das im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom Österreichischen Bundesverlag herausgegeben wird. Dort kommt der Begriff der "Zugsführerin" (im Unterschied zur Duden-Online Ausgabe) nicht vor.

Zusammengefasst und wie so oft - viel Lärm um nichts.

Chr. Brugger

26.02.2021