Die Lösung läge nahe
Als durch das norwegische Nobelpreiskomitee am 09.10.2009 bekannt gegeben wurde, wer in diesem Jahr den Friedennobelpreis erhalten sollte, war die Überraschung groß, glich, wie in "Die Zeit" zu lesen war, einer Sensation. Der erst seit ein paar Monaten im Amt befindliche 44. Präsident der Vereinigten Staaten erhielt den wichtigsten internationalen Friedenspreis; begründet wurde das vom norwegischen Komitee-Vorsitzenden Thorbjörn Jagland u.a. damit, dass "alles, was er in seiner Zeit als Präsident angepackt hat und wie sich das internationale Klima durch ihn verändert hat, sei schon mehr als Grund, ihm den Friedensnobelpreis zu verleihen. (...) Nur sehr selten hat ein Mensch im gleichen Ausmaß wie Obama die Aufmerksamkeit der Welt gefangen genommen und seinem Volk Hoffnung auf eine bessere Zukunft gegeben", sagte Jagland in der Begründung weiter. "Seine Diplomatie gründet auf der Vorstellung, dass diejenigen, die die Welt führen sollen, dies auf der Grundlage von Werten und Einstellungen tun müssen, die von der Mehrheit der Weltbevölkerung geteilt werden."
Als am 06.05.2016 feststand, dass US-Präsident Barack Obama in der fragwürdigen Hitparade der US-Präsidenten mit den meisten Kriegstagen selbst einen George W. Bush überholt, damit die Spitze übernommen hatte und zeitgleich zu einem der größten Kriegsverbrecher aller Zeiten aufgestiegen war, echauffierte sich darüber kaum jemand, war diese traurige Tatsache nur der "New York Times" und in Europa dem "Stern" ein paar Zeilen wert.
Man mag Friedensnobelpreisträger Obama zugutehalten, er hätte das übernehmen müssen, was ihm sein kriegsverbrecherischer Vorgänger im Amt, George W. Bush, hinterlassen hätte. Wer aber sein Amt mit dem Versprechen antritt, Amerikas Kriege zu beenden, dem kann man den Vorwurf nicht ersparen, hauptverantwortlich dafür zu sein, was sich während und nach seiner Amtszeit u.a. in Afghanistan, dem Irak, in Syrien, dem Jemen und in Libyen im Gefolge politischer Fehleinschätzungen ereignet hat.
Als die Amtszeit Obamas am 20.01.2017 ein Ende fand, hinterließ er einen kriegerischen Scherbenhaufen, der zwar für einen Präsidenten der Vereinigten Staaten nicht unüblich, aber eines Friedennobelpreisträgers - selbst aus heutiger Sicht - jedenfalls nicht würdig ist.
Die Amtszeit Obamas mag man bewerten, wie man will; es wird aber, nicht zuletzt angesichts der derzeitigen Situation in der Ukraine, unmissverständlich und unwiderlegbar klar, dass Obama bei der Beurteilung seiner außenpolitischen Tätigkeit am Ende seiner Amtszeit einem fatalen Irrtum, einer irrationalen Selbsteinschätzung verfallen ist:
Bis zuletzt attestierte Obama Russland lediglich den Status einer "Regionalmacht", obwohl damals längst offensichtlich war, dass Obamas orientierungslose Außenpolitik speziell im Anlassfall Syrien völlig versagt, er es nur der Hilfe Russlands und Putins zu verdanken hatte, das syrische Chemiewaffenarsenal zerstören zu können.
Als Russland wenig später die Krim annektierte, folgten wortreich-lautstarken Ankündigungen keine Taten - die Landnahme Russlands wurde, mehr oder minder stillschweigend, zur Kenntnis genommen, Obamas außenpolitisches Lavieren hielt an, die ohnedies schwache europäische Position wurde dadurch zusätzlich geschwächt; man ließ, abgesehen von ein paar "Sanktionsgeräuschen", Putin gewähren.
Als der damalige ukrainische Präsident Poroschenko im September 2014 im amerikanischen Kongress Waffen zur Verteidigung seines Landes forderte, lieferten die USA Schutzwesten, Nachtsichtgeräte und Decken, wollten sich auf ein militärisches "Ping-Pong-Spiel" gegenseitiger Vergeltung nicht einlassen.
Schon damals, im Herbst 2014, blieb die Frage offen, wie Putins Aggression Einhalt geboten werden kann.
Das Abkommen von Minsk wurde formell zwar "irgendwie" vereinbart, vom Weltsicherheitsrat einstimmig als Resolution 2202/2015 verabschiedet, von den betroffenen Parteien jedoch nie ernst genommen, eingehalten oder vollzogen. Bereits damals war klar, dass sich aus der Minsker Übereinkunft für Putin keinerlei Verpflichtungen ergeben, zumal diese von "Separatisten" oder Kiew, gar Europa zu übernehmen waren, jedenfalls aber nicht von Russland. Ähnliches gilt für das "Budapester Memorandum", über dessen Rechtscharakter ebenso Unklarheit herrscht und das bestenfalls als gemeinsame Absichtserklärung Geltung haben könnte.
Spätestens seit 01.02.2008 ist aber der USA, das erhellt aus "Public Library of US Diplomacy" veröffentlichten Dokumenten ("NATO Enlargement Redlines") bewusst, dass jede weitere NATO-Osterweiterung für Russland eine "rote Linie" darstellt, die nicht überschritten werden sollte. Die Erweiterungen um Albanien, Kroatien, Montenegro und Nordmazedonien haben Russland nicht veranlasst, politisch zu reagieren; spätestens seit dem 07.02.2019 muss aber allen Beteiligten (USA, EU, Ukraine) klar sein, dass durch die Aufnahme der strategischen Ausrichtung "zum vollständigen Beitritt zur NATO und zur Europäischen Union" in die ukrainische Verfassung die von Russland markierte Grenzlinie überschritten wurde, sohin jederzeit mit Konsequenzen zu rechnen ist.
Obama wird bis heute vorgeworfen, er habe sich im syrischen Bürgerkrieg mit dem Satz "Für uns ist die rote Linie die Nutzung von Chemiewaffen" in "eine Situation der politischen Ausweglosigkeit manövriert". Er (Obama) hat das immer damit gerechtfertigt, "dass Versuche, sich dazu zu verpflichten, im Nahen Osten und in Nordafrika regieren zu wollen, zum Scheitern verurteilt wären". Diese Aussage gilt scheinbar auch für den derzeitigen Präsidenten der USA, insbesondere bzw. noch viel mehr auch für den Osten Europas.
Joe Biden sieht heute (2022) seine "rote Linie" an den Außengrenzen der NATO-Mitgliedsstaaten, während die europäische Union wiederum und logischerweise die Grenzen ihrer Mitgliedsstaaten als "sakrosankt" erklärt. Problematisch könnte es folglich (neben der Ukraine) vor allem für Georgien und die Republik Moldau werden, die weder dem einen noch dem anderen "Bündnis" angehören, deren beider Beitrittsavancen aber bekannt sind.
Angesichts der seit Obama vertretenen US-amerikanischen Ansicht, bei Russland handle es sich um keinen Verhandlungspartner "auf Augenhöhe", ist es keine allzu große Überraschung, dass Putin meint, kriegerische Auseinandersetzungen seien das einzige Mittel, um sich im Westen Gehör verschaffen zu können, die zumindest politisch angeschlagene US-Regierung zu noch mehr "Zugeständnissen" zu bewegen, damit sich diese wiederum auf die stetig wachsende Konfrontation mit China konzentrieren könne.
Dazu kommt und darauf beruft sich Putin seit der Annexion der Krim, dass es 1990 zumindest die mündliche Zusage der USA an Michail Gorbatschow gab, dass es für den Fall der deutschen Wiedervereinigung (innerhalb der NATO) jedenfalls keine NATO-Osterweiterung geben würde. Diese Zusage wurde u.a. auch von Helmut Kohl am 10.02.1990 in Moskau bestätigt, schriftlich vereinbart hingegen nicht, zumindest nicht im Sinne einer umfassenden Unterlassungsverpflichtung der NATO, sondern lediglich bezogen auf das (wieder)vereinte Deutschland.
Das sollte zwar nicht der einzige Fehler bleiben, der im Rahmen der "Wiedervereinigung Europas" nach dem Fall des "eisernen Vorhanges" begangen wurde, für den gegenständlichen Befund sind sie aber nur am Rande relevant.
Parallel dazu sollte zumindest nicht übersehen werden, dass vor allem eine Person das Misstrauen Russlands, europäischen Versprechen vertrauen zu können, zumindest argumentativ rechtfertigt: Ursula von der Leyen, die bereits 2014 als Verteidigungsministerin im Kabinett Merkel III unverhohlen die Ansicht vertrat, die NATO möge im Krisengebiet "rund um die Ukraine" eine stärkere Rolle einnehmen. Diese Aussagen sorgten bereits damals für Irritationen und heftige Kritik; schon damals warf man von der Leyen vor, zur Eskalation des Konflikts mit Russland beizutragen.
Von der Leyen zeigt, dass sie aus dieser Situation offenbar nichts gelernt hat, wenn sie nunmehr als Präsidentin der Europäischen Kommission der Ukraine eine Mitgliedschaft in der NATO nahelegt und eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union in Aussicht stellt.
Damit gießt sie nicht nur zusätzlich Öl ins Feuer, vielmehr noch konterkariert sie damit auch das deutsch-französische Veto gegen eine Aufnahme der Ukraine in die Nato im Gefolge einer diesbezüglichen "Einladung" von George W. Bush im Jahr 2008.
Wenn sich daher selbst ein ausgewiesener Befürworter der sog. "Containment-Politik", als dessen Architekt er manchen gilt, gegen eine NATO-Osterweiterung ausspricht, sollte das auch eine europäischen "Spitzenpolitikerin" zum Nachdenken bewegen. George Kennan sah die logischen wie schädlichen Folgen voraus: "Die Nato-Erweiterung wäre der folgenschwerste Fehler der amerikanischen Politik seit dem Ende des kalten Krieges. Es ist damit zu rechnen, dass diese Entscheidung nationalistische, antiwestliche und militärische Tendenzen in der russischen Öffentlichkeit schürt, einen neuen kalten Krieg in den Ost-West-Beziehungen auslöst und die russische Außenpolitik in eine Richtung drängt, die überhaupt nicht unseren Wünschen entspricht".
Von der Leyen dürften in diesem Zusammenhang auch andere Ereignisse nicht mehr erinnerlich sein: 1999 feierte die NATO ihren 50. Gründungstag, setzte die erste Osterweiterung um und kündigte eine Fortsetzung dieses Prozesses an; zur gleichen Zeit begann die NATO (ohne UN-Mandat) den Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien, missbrauchte das Verteidigungsbündnis als Angriffsallianz und verhinderte solcherart ein Veto Russlands im Sicherheitsrat.
Die Irak-Invasion der US-Truppen 2004 fanden ebenso ohne Zustimmung der UN statt, der Aufbau ständiger militärischer Infrastruktur in Osteuropa widersprach der NATO-Russland-Grundakte von 1997, die Moskau garantierte, der Westen werde keine neue ständige militärische Infrastruktur in Osteuropa stationieren.
Da all diese US-amerikanischen "Bemühungen" anscheinend nur den Zweck hatten, eine vor allem von Frankreich befürwortete Annäherung zwischen Europa und Russland zu verhindern, die der US-amerikanischen Hegemonie schaden könnte, kam es dazu, dass die "farbigen Revolutionen" im postsowjetischen Raum von Moskau als von Washington aus inszeniert betrachtet wurden, um im russischen Umfeld prowestliche Stimmung zu erzeugen.
Das nunmehrige Vorgehen Russlands gegen die Ukraine rechtfertigt Putin u.a. damit, dass es sich dabei um eine "legitime Antwort" auf westliche Bestrebungen im "Umfeld" der Ukraine handle, die rechtswidrig seien und gegen Versprechen verstießen, die im Gefolge der Auflösung des Warschauer Pakts abgegeben wurden. Darüber hinaus sei Kiew nicht bereit, seinen Teil des Minsker Abkommens zu erfüllen, indem es u.a. die Autonomie des Donbass nicht anerkenne.
Russland bringt auch immer wieder zum Ausdruck, dass die europäischen Staaten nicht in der Lage seien, eine strategische Selbständigkeit gegenüber den USA zu entwickeln und sich auch solcherart ihrer internationalen Verantwortung zu entziehen.
Europa wäre daher gut beraten, die Überlegungen z.B. eines François Mitterrand wieder aufzugreifen, der bereits Ende 1989 wusste, dass "das Europa, das wir seit einem halben Jahrhundert kennen, Gesichte ist". "Gestern noch war es abhängig von den beiden Supermächten. Nun wird es zu seiner eigenen Geschichte und seiner eigenen Geografie zurückkehren, so wie man zu sich nach Hause zurückkehrt".
Mitterand war der Meinung, dass im Gefolge des Helsinki-Abkommens und im Sinne "konzentrischer Kreise" eine europäische Konföderation entstehen könne, die "alle Staaten unseres Kontinents vereint"; in diese Richtung dachte auch eine Margaret Thatcher, bei der von einem "erweiterten europäischen Bund, dem auch die osteuropäischen Länder sowie langfristig auch die Sowjetunion" angehören sollten, die Rede war. Charles de Gaulle und Willy Brandt dachten bereits viel früher ähnlich.
Dieses sinnvoll, rein europäisch, zu Ende gedachte Konstrukte fiel jedoch der Vorstellung anders "strukturierter" europäischer Politiker zum Opfer, sich lieber von den Vereinigten Staaten geostrategisch und militärisch missbrauchen zu lassen, um gleichzeitig auch vom jeweiligen Wohlwollen in Washington abhängig zu sein, als sich Russland zu nähern und tatsächlich ein "vereintes Europa" anzustreben
Diese Ansicht vertraten nicht nur "gestandene" Europäer, sondern diese Sichtweise wird heute noch von namhaften US-amerikanischen Diplomaten vom Rang eines Jack Matlock oder Intellektuellen vom Format eines Noam Chomsky geteilt.
Matlock beschreibt dieses Szenario in seinem Beitrag "I was there: NATO and the origins of the Ukraine crises", bei Chomsky ist das u.a. in einem veröffentlichten Interview mit dem Titel "Chomsky: US approach to Ukraine and Russia has left the domain of rational discourse" nachzulesen.
Matlocks Antwort auf die Frage "Wurde diese Krise vorsätzlich ausgelöst?" lautet: "Leider hat die Politik der Präsidenten George W. Bush, Barack Obama, Donald Trump und Joe Biden dazu beigetragen, uns an diesen Punkt zu bringen". Dann führt er weiter aus: "Ja, schließlich ist das, was Putin fordert, eminent vernünftig. Er fordert nicht den Austritt eines NATO-Mitglieds und droht keinem. Nach jedem gesunden Menschenverstand ist es im Interesse der Vereinigten Staaten, den Frieden zu fördern, nicht den Konflikt. Der Versuch, die Ukraine vom russischen Einfluss zu lösen - das erklärte Ziel derer, die für die "Farbrevolutionen" agitierten - war ein Narrenstreich und ein gefährlicher. Haben wir so schnell die Lektion aus der Kubakrise vergessen?"
Wer die berechtigten und historisch nachgewiesenen Argumente von Matlock oder Chomsky außer Acht lässt, liefert den Beweis dafür, dass man selbst dann, wenn sich die Geschichte bereits ein zweites Mal wiederholt hat, zu erkennen gibt, nichts daraus gelernt zu haben oder lernen zu wollen.
Die momentan im Amt befindlichen Repräsentanten der dem Westen zuzuordnenden europäischen Staaten, allen voran Ursula von der Leyen, tun seit Wochen nichts anderes, einzig Wladimir Putin für den Krieg in der Ukraine verantwortlich zu machen und damit den eigenen Standpunkt einzuzementieren, ohne über die Konsequenzen ihres Handelns ernsthaft nachzudenken.
Der britische Journalist und Politikanalyst Anatol Lieven, der derzeit u.a. am Quincy Institute in Washington tätig ist, analysiert die Situation u.a. wie folgt: "Ich denke, diese Krise ist ein Paradies für die NATO, für westliche Stabsoffiziere und Militärbürokraten überall. Es geht zurück zum Kalten Krieg: Sie bewegen Truppen auf Papier; Sie sprechen ständig über Verteidigung; Sie geben riesige Summen für Übungen und Papiere und Papiere und Papiere und noch mehr Papiere aus, aber Sie müssen nie kämpfen! Der NATO-Albtraum war Afghanistan, wo man tatsächlich kämpfen und sich dem Widerstand der westlichen Öffentlichkeit stellen musste und [für die europäischen Nationen] sein absolutes Äußerstes tat, um nicht zu kämpfen - mit der üblichen Ausnahme der Briten. Wickeln Sie es auf und sie werden rennen". (...) "Wir hatten nie die geringste Absicht, die Ukraine zu verteidigen, nicht die geringste. Obwohl Großbritannien und Amerika und das NATO-Sekretariat der Bukarester Konferenz im Jahr 2008 für die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine und Georgiens sprachen (das NATO-Hauptquartier stand auf amerikanischen Befehl vollständig dahinter), wurden keine Notfallpläne erstellt, nicht die entferntesten oder kontingentesten, wie die NATO die Ukraine und Georgien verteidigen könnte. Es gab nie die Absicht, das jemals zu tun.
Das wirft die Frage auf, da wir nie die Absicht hatten, sie zu verteidigen, was in Gottes Namen taten wir? Zu behaupten, wir würden sie in die NATO aufnehmen: Das geht über die tatsächliche Verantwortungslosigkeit hinaus. Meiner Ansicht nach war dies zutiefst unmoralisch, eine solche Verpflichtung einzugehen, die wir nicht erfüllen wollten. Dies entschuldigt oder rechtfertigt in keiner Weise die russische Invasion oder die monströsen Lügen, mit denen Putin diese Invasion rechtfertigte. Vielleicht ist dies nicht der Moment, aber irgendwann hoffe ich, dass wir eine ehrliche und suchende Diskussion über die Fehler der westlichen Strategie haben, die zu dieser Katastrophe geführt haben". (...) "Verteidigungsbudgets sind eine Chimäre, sie sind eine Chiffre, sie sind ein Symbol. Wie ich immer wieder über die NATO sagte, könnte man den deutschen oder den dänischen oder den niederländischen Verteidigungshaushalt tausendfach erhöhen, man könnte jeden Deutschen im Alter von 18 bis 35 Jahren in die Armee einziehen, und sie würden immer noch nicht in der Ukraine kämpfen. Oder tatsächlich, wie es scheint, irgendwo anders. Sie würden kämpfen, wenn Deutschland überfallen würde, aber das wird nicht passieren. Schauen Sie sich nur das Versäumnis an, Frankreich in Westafrika zu unterstützen."
Ein denkbares Ausstiegsszenario ("How to stop the bloodshed") beschreibt Lieven, ähnlich wie Matlock und Chomsky, bereits im November 2021.
Da speziell europäische Spitzenpolitiker heutzutage nahezu ausnahmslos dazu neigen, Anregungen zu ignorieren, sich historischen Realitäten beharrlich verweigern und laufend - im Sinne von Barbara Tuchman - so handeln, dass die daraus resultierenden Folgen den eigenen Interessen widersprechen, sei zum Abschluss nur noch auf einen Satz von Mary Kaldor verwiesen, eine Professorin an der London School of Economics and Political Science: "Vor allem geht es darum, die europäischen Sicherheitsvorkehrungen nach dem Vorbild der Helsinki-Abkommen von 1975 zu überdenken und nicht nach dem Vorbild klassischer geopolitischer Bündnisse wie der NATO".
Es käme folglich einem Wunder gleich, würden von der Leyen, Scholz & Co in den nächsten Jahren und Jahrzehnten nicht hunderte Milliarden Euros für eine Restauration des "kalten Krieges" beim Fenster hinauszuwerfen, Rohstoffe und Energie zu weit überhöhten Preisen am arabischen Markt erwerben und dem Anstieg der Inflationsrate weiterhin tatenlos zusehen. Das ist nämlich aus Sicht der Politiker wesentlich einfacher, als die Kleptokratie-ähnliche Korruption der Demokratien zu beenden - nicht nur in Russland, der Ukraine und sonstigen "Petrodollar-Ländern", sondern auch in den USA, der EU und andernorts.
Die Lösung läge zwar nahe - allein, sie scheint niemanden zu interessieren.
Chr. Brugger
07/03/2022