Die Bilanz des Grauens – Teil II
ÖVP – die Kraft der "Mitte"
Nun, es gibt weder die eine noch die andere – die ÖVP ist längst keine maßgebliche Kraft und die Mitte gibt es so ja längst nicht mehr; warum soll jemand also Nehammer & Co wählen? Sie, die Protagonisten der türkis punzierten Verlassenschaft nach Sebastian Kurz, sind nichts anderes als Repräsentanten bzw. Komponisten des Abgesangs auf alles, was den ÖsterreicherInnen etwas wert und wichtig war und ist; die tonangebenden Krächzer aus der einstigen Mitte des Landes hantieren dabei seit Jahr und Tag mit dem 37%-Bonus eines mittlerweile nicht rechtskräftig strafrechtlich verurteilten Maturanten herum und vermeinen, Österreich "auf den Pfad der Tugend" zurückführen zu können; allein, das Können fehlt, an Ideen mangelt es und einmal mehr müssen wir, im Vorfeld einer nationalen Wahl, Lügen, Tricksereien & hanebüchene Botschaften vernehmen.
Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Nehammer-verspricht-bei-Wahlsieg-Steuersenkungen-article25183095.html
Eines der Probleme dabei ist, dass die ÖVP in den letzten Jahrzehnten nachhaltig (zum Nachteil des Landes) bewiesen hat, dass sie bzw. ihre Protagnisten weder willens noch in der Lage sind, etwas zum Positiven zu verändern, Probleme rechtzeitig zu erkennen oder gar Lösungen dafür anzubieten.
Als "Todschlagargument" für all das, was unterlassen bzw. falsch gemacht wurde, dienen neuerdings "multiple Krisen"; nur hat leider das gänzliche Versagen in der Bildungs-, Integrations- oder Verteidigungspolitik, der Innen-, Außen- oder Sicherheitspolitik nicht das Geringste mit einer Pandemie, dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine zu tun oder gar mit dem frivolen Schlachten der Israelis im Gaza-Streifen; und, das ist das "Beste", vor allem die Wirtschaftskompetenz der ÖVP-Sprösslinge weist einen Grad an Bescheidenheit auf, der staunen lässt – dümmere Antworten auf einfache Fragen würden selbst Schülern von sonderpädagogischen Zentren nicht einfallen; allein, Karl Nehammer bringt auch das noch locker zuwege.
Quelle: https://www.agenda-austria.at/grafiken/das-wahre-budgetdefizit-liegt-bei-20-prozent/
Nicht nur Wirtschaftsexperten attestieren Nehammer in wirtschaftlichen Belangen absolute Unfähigkeit; er selbst spricht neuerdings vom "Kuchen", den wir nur größer machen müssen; ein weiteres, neues Zauberwort ist das "Zero Base Budget" – IHS, WIFO & Fiskalrat sind demnach um Klassen zu blöd, um Nehammers Wunschtraum-Tänzerei zu verstehen; zudem müsse man weg von einem "strukturellen Fördersystem" und dafür hin zu mehr Garantien, Steuergutschriften und Forschungsprämien – die Antwort auf die Frage, worum es dabei gehen bzw. was das eigentlich sein soll, bleibt der Boxfan schuldig; nichts Genaues weiß er eben nicht.
Es sei dafür aber jedenfalls wichtig "in der Kombination zu denken", er, Nehammer, befürworte einen "systemischen Zugang" – nicht punktuell, vielmehr gesamtheitlich also; daneben müssten die Lohnnebenkosten gesenkt und Überstunden von Steuern befreit werden.
Besonders aufregend wird es auch dann, wenn "Finanz-Experte" Charly etwas ins Spiel bringt, was der durchschnittliche Österreicher bestenfalls mit einer ehemaligen irischen Terror-Organisation in Verbindung bringen würde: IRA – Nehammer meint damit aber (wider Erwarten) nicht die "Irish Republican Army" sondern den "Inflation Reduction Act", einen Plan der USA, um mit neuen Unternehmenssteuern Kernenergie und Technologien zur Kohlendioxidabscheidung zu fördern, das marode Gesundheitssystem zu unterstützen und die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente zu senken.
Während bei uns in Österreich Nehammer von benötigten Finanzmitteln im Bereich von einigen Milliarden spricht, sollte es beim IRA um ein Volumen gehen, das in etwa der Höhe des heimischen BIP entspricht; Karl N. dürfte hier also etwas verwechselt oder, was bei seiner geistigen Performance eher anzunehmen ist, gänzlich missverstanden haben.
Quelle: https://www.trend.at/politik/staatsschulden-oesterreich
Faktum ist aber, dass es die ÖVP zustande gebracht hat, in ihrer 37-jährigen Regierungstätigkeit (seit 21.01.1987 war die ÖVP durchgehend an allen Regierungen beteiligt) nahezu ausnahmslos defizitär zu budgetieren; die beiden Ausnahmen datieren aus den Jahren 2017 und 2018, bei denen die FPÖ als Juniorpartner fungierte.
Nüchtern betrachtet und faktenbasiert ist die ÖVP daher ein Garant für defizitäre Budgetpolitik, anwachsende Staatsverschuldung (https:// www.wko.at/statistik/Extranet/Langzeit/Lang-Fiskalindikatoren.pdf) sowie das Missachten der laufend bemühten europäischen Maastricht- oder Konvergenz-Kriterien:
- Das öffentliche Defizit darf nicht mehr als 3 Prozent des BIP betragen
- Der öffentliche Schuldenstand darf nicht mehr als 60 Prozent des BIP betragen
- Die Inflationsrate darf maximal 1,5 Prozent über jener der drei preisstabilsten Mitgliedstaaten des Vorjahres liegen
Seit dem EU-Beitritt Österreichs zur Europäischen Union (01.01.1995) wurden die 3 genannten Kriterien (die jährlich kumulativ vorliegen müssen) jedenfalls noch nicht ein einziges Mal erfüllt – Chapeau, liebe ÖVP!
Wer also die ÖVP wählt, stimmt einer weiteren Verschuldung Österreichs zu, entscheidet sich für eine desaströse Budgetpolitik und nimmt billigend in Kauf, dass die ohnedies bereits rekordverdächtige Belastung des Faktors Arbeit weiterhin steigen wird; die ÖVP hatte immerhin knapp 4 Jahrzehnte (!) Zeit, ihre diversen Entlastungsversprechen der arbeitenden Bevölkerung gegenüber einzulösen; sie hat all diese Versprechen nie gehalten, sondern immer gebrochen.
Lustig wird es immer auch dann, wenn sich Nehammer in der Mitte der Gesellschaft wähnt und dabei den Terminus der "Mitte" gleich selbst definiert; die "Mitte" befindet sich seiner Ansicht nach faktisch immer nur dort, wo er sich gerade aufhält; seine "Normal-Videos" samt "Leitkultur" sind der eindeutige Beweis dafür, dass sich der "Charly" geistig nicht auf der Überholspur befindet, sondern bestenfalls am Ende einer Sackgasse angelangt ist; treffender wäre wohl, von einem verwirrten Geisterfahrer zu sprechen, der sich intellektuell am Weg ins Niemandsland befindet – in jedem Fall aber fährt der Lift nicht bis in die letzte Etage.
Quelle: https://x.com/matschnetzer/status/1209416113492299777/photo/1
Es ist daher unerträglich, dass alltagssprachliche Pharisäer aus der ÖVP damit hausieren gehen, Leistung müsse sich wieder lohnen; meinten sie das tatsächlich ernst, hätten sie längst dafür sorgen können; das genaue Gegenteil ist der Fall: Die ÖVP ist seit jeher "penibel darauf bedacht, die Besitzstände derer zu wahren, die von Geburt, Herkunft und Status ohnehin privilegiert sind. Bildung etwa wird in kaum einem anderen EU-Staat so stark sozial geprägt wie in Österreich. Schon mit der Geburt ist weitgehend festgelegt, welchen Bildungsabschluss man erreicht. Die Eltern reichen ihren Bildungsstatus nahtlos weiter: Kinder von Akademikern werden Akademiker, Kinder von Pflichtschulabsolventen wieder Pflichtschulabsolventen. Nur fünf Prozent der Jugendlichen, deren Eltern über die Hauptschule nicht hinausgekommen sind, schaffen es an eine Universität. Das bleibt nicht ohne Folgen: Das Einkommen steigt mit dem Bildungsgrad, das Risiko von Arbeitslosigkeit sinkt" (Profil, 30.04.2011 – https://www.profil.at/home/leistung-die-oevp-kampfbegriff-295476); nun ist dieser Befund mehr als 13 Jahre alt – an seiner Aktualität hat sich dennoch nichts geändert – bei der trottelhaften Verwendung ideologischen Vokabulars ist es geblieben, die divergenten Tendenzen haben sich verstärkt; die arbeitende Bevölkerung kann sich nichts mehr leisten und "zahlt drauf", wohingegen die "Reichen" unbehelligt davonkommen; wollte man tatsächlich "Gräben zuschütten", müsse man das dafür erforderliche "Material" nur dort abgraben, wo es reichlich vorhanden ist; "ins eigene Fleisch" schneidet sich aber selbst die ÖVP nicht … sie hat mit ihrer pervers-absurden Politik einen Rammpfahl durch das Herz der heimischen Gesellschaft getrieben, die Kluft zwischen "reich" & "arm" erst entstehen lassen und nimmt, dessen ungeachtet, für sich noch in Anspruch, Vertreter einer "Mitte" zu sein, die sie wissentlich, von langer Hand geplant, zerstört hat.
Quelle: https://www.agenda-austria.at/grafiken/oesterreich-land-der-mieter/
Sich also (vor dem Hintergrund dieses absichtlichen Kahlschlages im breiten Feld der arbeitenden Bevölkerung) selbst in der "Mitte der Gesellschaft" zu wähnen, ist selbstverleugnend wie dummdreist; entweder kann man sich nicht mehr daran erinnern, was man getan hat, oder will davon nichts mehr wissen; endlich Verantwortung dafür zu übernehmen, was man verbrochen hat, wäre eine Möglichkeit; eine anderer wäre einzusehen, dass es dem Land ohne ÖVP jedenfalls nur besser gehen kann; nun ist beides, nicht zuletzt ob der grenzenlosen Machtbesessenheit der ÖVP, nicht zu erwarten; wenn es also parteipolitisch hierzulande noch eine "Allianz der Vernünftigen" geben sollte, kann die ÖVP daran jedenfalls nicht beteiligt sein.
Chr. Brugger
05/09/2024