Der Sommer ist da, um zu bleiben

29.03.2022

Der Sommer ist da, um zu bleiben lautet (in etwas abgewandelter Form) die Überschrift eines Artikels über das Wetter in einer Athener Tageszeitung mit konservativer Blattlinie.

Quelle: https://eleftherostypos.gr

Dieser Tage mag eine solche "Schlagzeile" keine große Welle auszulösen, könnte man meinen; sie ist aber jedenfalls gut und Anlass genug, sich von dem zu distanzieren, was derzeit immer noch omnipräsent medial diskutierte Inhalte betrifft.

Pandemie & Ukraine zu ignorieren, sich Angenehmerem zuzuwenden, ist aber sicherlich ein Weg, dem gesellschaftlichen wie parteipolitisch unheilvollen Getöse zu entkommen, dort Zuflucht zu finden, wo das vermeintlich gleißende Licht des momentan recht tristen Alltags seine Wirkung nicht mehr entfalten kann.

Widmet man sich nicht nur bildlich dem bevorstehenden Sommer in Griechenland, den damit einhergehenden Vorstellungen, ist rasch feststellbar, wie heilsam solche Gedankenspiele sein können.

https://pixabay.com/de/photos/taverne-griechenland-restaurant-bar-5541222/

Unbeschwerte Tage an Stränden, in Restaurants, die Gespräche mit solchen, die "Pandemie & Krieg" nur einen angemessenen Stellenwert zubilligen, nicht alles kommentieren, für bare Münze nehmen und gegen absurd-propagandistisches Ost/West-Denken ebenso längst immun sind, wie gegen den nach wie vor aufgeblasen-indifferenten SARS-CoV-2 Dilettantismus.

"σιγά-σιγά" nennt der Grieche das, was uns längst abhandengekommen ist: Beschaulichkeit und Müßiggang, entspanntes Betrachten und Nichtstun, sich dem widmen, was andere Faulheit nennen.

Nietzsche nannte Krieg und Freizeit, "bellum und otium" das, was in der Antike am höchsten angesehen war; zu kämpfen oder nichts tuend herumzusitzen war angesehener als den ganzen Tag mühsam zu arbeiten. Müßiggang galt schon damals, im Unterschied zu zweckorientierter Geschäftigkeit, als Ursprung aller Kreativität.

Quelle: https://mylifeinproseandpoetry.wordpress.com/2017/04/17/ios-greece-a-hedonists-santorini/

Nicht laufend Arbeitende bringen all das Schöne, Lebenswerte hervor, vielmehr Musiker, Poeten oder Philosophen, jene also, die nicht anhaltend an Erfolg oder Profit, den eigenen Vorteil, das eigene Fortkommen denken. Während Nachdenken und Träumen selten in Unzufriedenheit, Eifersucht oder Habgier enden, ist die Quote frustrierter "Dauerbeschäftigter" höher denn je; dazu kommt die Durchsetzung mit sozial-medial gesteuerten, äußerst fragwürdigen Inhalten, die krankhaft apodiktischen parteipolitischen Spielchen mit den Befindlichkeiten der Bevölkerung, das Missachten von Werten und allem, was Anstand, Seriosität, das menschliche Miteinander an sich, betrifft oder meint.

Möglichst weit entfernt von all dem, was seit Jahrzehnten das "europäische Gemüt" belastet, lebt es sich wesentlich besser, angenehmer und freier.

Manchen bereitet es vielleicht sogar noch heute Freude, sich mit Nietzsches Haltung zum Krieg zu beschäftigen, darüber zu schreiben, wie diese auszulegen wäre, eine allfällige "doppelte Optik" in seiner "Kriegsbetrachtung". Andere, so wie auch ich, beschäftigen sich laufend mit Dingen, die sich, wenn überhaupt, nur äußerst mühsam ändern lassen - besser bzw. sinnvoller wäre es bzw. wird sein, sich Angelegenheiten zu widmen, wo bestenfalls mehr herauskommt bzw. der Ärger darüber, dass sich nichts ändert oder änderbar ist, nicht so groß und frustrierend wäre.

Bildlich ermöglicht das vorab eben kurzfristig die Athener Tageszeitung; das veröffentlichte Bild gefällt, weckt Erinnerungen, regt solcherart die Fantasie an, wirkt schon insofern kreativitätsfördernd, als zumindest gedanklich ein "Abschweifen" vom tristen Alltag möglich wird, der alle Kreative bereits im Keim vernichtet.

Mit einem "fiktiven" Amstel-Bier in der Hand, sei es auch nur eine kühle Blechdose, Blick auf das Meer und dem sichtbaren "Hintergrundwissen" lebt es sich von einer Sekunde auf die andere völlig anders, unbeschwert und geläutert.

Im Lichte des bevorstehenden Sommers kann dieses Wissen beliebig, wenn es sein muss vorerst auch bloß um Bilder, erweitert werden. Je länger man sich seiner nachspürenden Erinnerungen hingibt, desto weiter entfernter wähnt man sich; Ukraine Krieg & Pandemie sowie alle sonstigen, unliebsamen, kollateralen Erscheinungsformen der täglichen Tristesse werden nebensächlich und belanglos, verfinstern nicht länger den Horizont eigener Betrachtungen.

Quelle: https://www.vacanzegreche.com/blog/santorini/da-non-perdere/spiaggia-di-red-beach.aspx?lang=de-DE

Während Macron zum wiederholten Male ergebnislos mit Putin telefoniert, erklärt mir eine der Frauen längst, was es vor Ort so alles zu erleben gäbe; da sei auch, so die dunkelhaarige Schönheit mit strahlend blauen Augen, manch Handfestes dabei ...

Aber das wird, wie so oft, eine ganz andere Geschichte werden - nicht vermutlich, sondern sicher.

Chr. Brugger

29/03/22