Der „Arsch“ ist noch lange nicht weg … die alten Deppen aber auch nicht
Kurz (als Kanzler) ist, erfreulicherweise, weg, der "Arsch" damit aber noch lange nicht. Kurz, der sich, seinen eigenen Angaben zufolge, nichts
zu Schulden kommen ließ, hat den "Arsch" solcher Art und irgendwie zur
Salonfähigkeit verholfen. Solcher Worte bedient man sich scheinbar in der heimischen
Politik, insbesondere der (türkis-benebelten) ÖVP, wenn es um Mitglieder der
eigenen Genossenschaft geht. Man darf sich also berechtigt die Frage stellen,
wie man Parteifremde zu bezeichnen pflegt. Insofern ist der "Arsch" nach
wie vor an Bord, bald noch dazu immunisiert, lässt einem anderen den Vortritt, um sich selbst weiterhin
an den Fäden der Macht vergreifen zu dürfen.

Quelle: Foto: Guido Schiek ( Foto: Guido Schiek)
Der "Arsch" der Nation ist präsenter denn je - ein (weiterer) Treppenwitz österreichischer Gepflogenheiten. Das Verwenden solcher Worte ist offenkundig weder verpönt noch sind sie ehrrührig, moralisch bedenklich. Was für Kurz gilt, gilt naturgemäß auch für alle anderen.

Quelle: Foto: EPA / Christian Bruna
Nun zwitscherte z.B. eine Karoline Edtstadler am 07.10.2021 auf Facebook noch vollmundig und scheinbar allen Ernstes u.a. Folgendes: "Unser Regierungsteam stellt klar: Eine Beteiligung der Volkspartei in der Bundesregierung wird es ausschließlich mit Sebastian Kurz an der Spitze geben!"
Dazu gab es, nur wenige Minuten danach, als "Nachschlag" sozusagen, eine von allen türkis-schwarzen Minister/innen und Staatssekretären handschriftlich unterfertigte Manifestation mit folgendem Schlusssatz: "Aus tiefster demokratischer Überzeugung stellen wir als Bundesministerinnen und Bundesminister der Republik Österreich hiermit klar: Eine ÖVP-Beteiligung in dieser Bundesregierung wird es ausschließlich mit Sebastian Kurz an der Spitze geben."
An diesen "Käsezettel" mit fragwürdigem Wahrheitsgehalt scheinen sich Edtstadler, Köstinger und vor allem Schallenberg, keine drei Tage später, nicht mehr erinnern zu wollen. Von Rücktritten der Unterzeichner war, zumindest bislang, nicht die Rede; einzig Schallenberg kann voraussichtlich für sich in Anspruch nehmen, den Inhalt der Erklärung irgendwie, als erster "Arschstellvertreter", quasi, als willfähriger Platzhalter, ernst zu nehmen; Außenminister wird er wohl nicht bleiben können, zumal er ab morgen unter der Berufsbezeichnung "Bundeskanzler" firmieren wird.

Quelle: https://www.facebook.com/K.Edtstadler/photos/pcb.4425841637453043/4425841494119724
Edtstadler meldete sich gestern um 23.40 Uhr noch einmal zu Wort. Nicht um ihren Abgang zu verkünden, nein, sondern, welch Wunder, um Sebastian Kurz "großen Respekt" zu zollen. Eine Stellungnahme zum eigenen politischen Schicksal (als Ministerin) sparte sie aus, blieb Edtstadler schuldig. Immerhin war es knapp vor Mitternacht und allenfalls litt ihr Erinnerungsvermögen auch noch an Ouzo und/oder Retsina, der ihr möglicherweise im fernen Griechenland eingeflößt wurde.

Quelle: © Kurier/Jeff Mangione
Eine Antwort auf den angekündigten, scheinbar alternativlosen, Rücktritt als Ministerin, blieb bislang auch Elisabeth Köstinger schuldig. Auf Facebook ist bei ihr zu lesen: "Aus Verantwortung für das Land tritt Sebastian Kurz einen Schritt zur Seite und wechselt bis zur Klärung der erhobenen Vorwürfe als Klubobmann in den Nationalrat. Alexander Schallenberg wird die Funktion des Bundeskanzlers übernehmen. Ich erwarte mir nun rasche Aufklärungsarbeit der Justiz, faire Ermittlungen und den Schutz aller Rechte von Beschuldigten. Ich bin sicher, dass Sebastian Kurz alle Vorwürfe entkräften und bald als Bundeskanzler ins Amt zurückkehren wird."
Das klingt, angesichts der weinerlichen, abschiedstränenunterdrückten, Ausführungen von "Arschi-nationale", am gestrigen Abend und vor dem Hintergrund der bisherigen Chat-Enthüllungen, beinahe wie eine gefährliche Drohung: Was dort zu hören war, erhellt die Haltung des Exkanzlers, bringt zumindest etwas Licht ins türkis-schwarze Dunkel: "Es geht um Sie alle, denn Sie alle haben sich verdient, dass sich die Politik nicht nur mit sich selbst beschäftigt, sondern, dass die Politik für die Menschen in unserem Land arbeitet. Das war immer mein Zugang, das ist heute mein Zugang und das wird auch in Zukunft immer mein Zugang bleiben."

Quelle: Bild: EXPA, Krone Kreativ
An der Haltung des Ex-Kanzlers wird sich auch in der Zukunft nichts ändern. Ärsche, alte Deppen usw. werden weiterhin opportun und als qualifizierendes Design für Parteimitlieder und alle anderen zur Verfügung stehen, als äußerst wertschätzenden Vokabular Verwendung finden dürfen. Man oder "Arsch" hat sich ja nichts zu Schulden kommen lassen. Weder strafrechtlich noch moralisch-ethisch oder sonst irgendwie.
Etwas Gutes hat der kurz´sche Arsch-Exzess aber auch: Er zeigt, womit man bei ihm rechnen kann und muss, was von ihm zu erwarten ist; in die Höhe geschraubt hat Kurz den moralisch-ethischen Anforderungslevel im Politwesen damit zwar nicht. Wenn Arsch und alte Deppen durchgehen, dann gilt das jedenfalls auch für andere Bezeichnungen. Eine wahrlich reife Leistung für einen Maturanten, zumindest vom Schlage eines Sebastian Kurz. Well done, Basti und alle Achtung vor so viel Respekt im Umgang mit Mitmenschen.
Chr. Brugger
10/10/2021