Dealer & Nasenbohrer

27.02.2025

Vor den Augen der Weltöffentlichkeit erklären Donald Trump und Wladimir Putin dem ukrainischen Komödianten Wolodymyr Selenskyj, wie er sich bei den bevorstehenden "Friedensverhandlungen" zu verhalten und welche Rolle er bei dieser Tragikomödie überhaupt zu spielen hat.

Quelle: https://www.phoenix.de/sendungen/dokumentationen/trump-und-putin-a-439463.html

Bereits Friedrich Dürrenmatt, der Schweizer Dramatiker, wusste genau und beschrieb, worum es bei der symbiotischen Verbindung von Komödie und Tragödie, also einer Tragikomödie, geht: Bei der Tragödie handle es sich um eine bereits gestaltete Welt, demgegenüber setze die Komödie eine Welt voraus, die noch gar nicht als solche existierte: "Die Tragödie setzt Schuld, Not, Maß, Übersicht, Verantwortung voraus. In der Wurstelei unseres Jahrhunderts, in diesem Kehraus der weißen Rasse, gibt es keine Schuldigen und auch keine Verantwortlichen mehr. Alle können nichts dafür und haben es nicht gewollt. Es geht wirklich ohne jeden. Wir sind kollektiv schuldig, zu kollektiv gebettet in die Sünden unserer Väter und Vorväter. Wir sind nur noch Kindekinder. Das ist unser Pech, nicht unsere Schuld: Schuld gibt es nur noch als persönliche Leistung, als religiöse Tat. Uns kommt nur noch die Komödie bei".

Dürrenmatt hat erkannt, dass in der Unübersichtlichkeit der modernen Welt Schuld verwischt und abgeschoben würde und folglich der Moderne nur noch mit der Tragikomödie beizukommen sei.

Und genau so etwas sehen wir heute im Konflikt um die Ukraine als bereits real gewordener Welt ohne dafür Schuldigen und Verantwortlichen.

Quelle: https://ecfr.eu/article/trumps-senseless-capitulation-to-putin-is-a-betrayal-of-ukraine-and-terrible-dealmaking/

Wer das nicht glaubt oder hören will, muss sich nur die völkerrechtlich bindende Resolution durchlesen, die der UN-Sicherheitsrat am 24.02.2025 verabschiedet hat (S/RES/2774 (2025)) – in dieser Resolution bittet der Sicherheitsrat "um eine rasche Beendigung des Konflikts und fordert ferner mit Nachdruck einen dauerhaften Frieden zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation" – wer an diesem Konflikt schuld sein soll oder dafür verantwortlich wäre, wird nicht mehr thematisiert – es gibt lediglich zwei Konfliktparteien und weder einen Schuldigen noch Verantwortlichen.

Wenn das nicht grotesk ist, was wäre dann eine Tragikomödie?

Nun ist die Rolle von Selenskyj klar definiert: Den Vereinigten Staaten von Amerika, respektive Donald Trump, ist er schutzlos ausgeliefert und von Putins Russland hat er kein Entgegenkommen zu erwarten.

Die Kriegsschulden der Ukraine gegenüber den USA muss er mit Rohstoffen und seltenen Erden begleichen; das Problem ist nur, dass sich ein Großteil seines zu bezahlenden "Preises" auf jenen Flächen befindet, die nicht mehr er (Selenskyj) besitzt, sondern der Russe Putin; mit Putin wird sich Trump aber schneller einigen als Selenskyj denken kann.

Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/ukraine-und-moldau-erhalten-eu-kandidatenstatus-4342918.html

Der mitdenkende Leser wird sich an dieser Stelle die Frage stellen, welche Rolle bei dieser Tragikomödie eigentlich den Europäern zukommen soll; diese Frage ist einfach zu beantworten: Ursula von der Leyen, Emmanuel Macron, Olaf Scholz bzw. Friedrich Merz & Co sitzen im Publikum und können, erste Reihe fußfrei, nasenbohrend zusehen, was sich auf der politischen Bühne abspielt; erst beim Verlassen des Theaters werden die Euro-Uschi und ihre Chorknaben bzw. -mädchen zur Kasse gebeten: Sie können sich einerseits ihre hunderten Milliarden, die sie für die Ukraine bereits ausgegeben haben, in ihre Haare schmieren und noch weitere, wiederum hunderte, Milliarden in die Hand nehmen, damit aus der Restukraine ansatzweise wieder das werden kann, was es vor dem Tag des 24.02.2022 gewesen sein mag.

Einfacher formuliert: USA & Russland teilen sich die Kriegsbeute und Europa muss die Zeche bezahlen – das ist tatsächlich, im Sinne von Friedrich Dürrenmatts Essay "Theaterprobleme", eine tragische Komödie; tragisch für die Ukraine und Europa, recht heiter für die USA und Russland.

Chr. Brugger

27/02/2025