Brief an zwei Millionen

01.05.2020

Hans Niessl kann es nicht lassen bzw. nicht mehr erwarten. Zum wiederholten Mal fordert der Ex-Politiker in seiner Funktion als BSO - Chef die umgehende Auszahlung von zumindest € 100.000.000,00 als Soforthilfe für ca. 15.000 Sportvereine.


Diese Soforthilfe sei überfällig, man habe Know-How eingebracht, Kriterien entwickelt; man müsse endlich in die Umsetzung kommen. Der eigens eingerichtete Hilfstopf für den organisierten Sport könne beispielsweise unbürokratisch, transparent, vom Rechnungshof überprüfbar, über die Bundes-Sport GmbH abgewickelt werden.


Mit einem Brief an ca. 2.000.000 Mitglieder (der ca. 15.000 Sportvereine) will Niessl offenbar Druck auf die Bundesregierung, respektive Sportminister Kogler, ausüben. Vereine seien schuldlos in Schwierigkeiten geraten; Eigenkapital könne nicht aufgebaut werden, eine Rücklagenbildung sei nicht möglich. Man wolle mit der Soforthilfe u.a. Verluste aus Veranstaltungen (Ersatz des Einnahmenausfalls abzüglich ersparter Ausgaben), die nicht sattgefunden hätten, ausgleichen.


So weit, so gut.


Wie schon in meinem letzten Beitrag verweise ich nochmals darauf, dass ein Teil der ca. 15.000 Sportvereine (die Gründe dafür will ich an dieser Stelle nicht erläutern) bereits vor Beginn der Corona-Krise zahlungsunfähig war.


Diese dürfen ex-lege schon keine Zahlungen (es handelt sich ohnedies um das Geld der Allgemeinheit - Geld der Steuerzahler sohin) erhalten und (sollte das dennoch der Fall sein), die erhaltenen Zahlungen nicht an einzelne Gläubiger weiterleiten (§ 158 StGB - Begünstigung eines Gläubigers).


Jeder der an solchen Zahlungen direkt oder indirekt beteiligt ist, macht sich strafbar (im Sinne der zuvor zitierten Bestimmung).


D.h. im Umkehrschluss: die BSO müsste vorab die Liquidität ihrer Vereine überprüfen bzw. müssten die Vereine ihre Liquidität nachweisen, was dem größten Teil der Fußballvereine ohnedies schon nicht mehr möglich sein wird (so sie nicht ihre Finanzen entsprechend offen legen, Schwarzgeldzahlungen deklarieren, doppelte Spielerverträge (einer für die GKK, einer für die tatsächlichen Zahlungen) vorlegen, alle (auch illegale) Zahlungen von Sponsoren mitteilen, Scheindienstverhältnisse von Sportlern zu Firmen der an der Führung der Vereine Beteiligten deklarieren etc.).


Das würde dann besondere Aufmerksamkeit beispielsweise bei den zuständigen Finanzbehörden hervorrufen.


Es kann und darf nicht sein, dass insolvente, durch Misswirtschaft bzw. persönliche Befindlichkeiten heruntergekommene Vereine mit Geld der Steuerzahler ein paar Wochen länger am Leben erhalten werden, staatlicherseits sozusagen ein Tod auf Raten finanziert wird.


Das Märchen, dass Vereine keine Rücklagen bilden könnten, kann Niessl jemandem erzählen oder auch nicht - es bleibt dennoch ein Märchen! Wo ist normiert, dass für gemeinnützige Vereine die Bildung von Rücklagen generell verboten sei?


Bei Veranstaltungen, die nicht stattgefunden haben, müssten die Vereine nachweisen, wie hoch - unter Berücksichtigung aller Umstände - die Einnahmen gewesen wären bzw. wie hoch der Gewinn prognostisch tatsächlich ausgefallen wäre.


Da aber bei BSO, ASKÖ, ASVÖ und Sportunion im Vorstand ohnedies die geballte österreichische Sportkompetenz am Ruder des Steuerbootes sitzt, habe ich keinerlei Bedenken, dass man auf all diese Umstände Rücksicht nimmt bzw. darüber Bescheid weiß.


Es wird schon seine Gründe haben, warum fast die gesamte 2. Bundesliga den Spielbetrieb (mangels Zuschauereinnahmen) nicht mehr fortsetzen will, viele Vereine in ganz Österreich (wie schon bisher) auf ihr Aufstiegsrecht in eine höhere Spielklasse verzichten und viele den Gang in die unterste Spielklasse ihres jeweiligen Landesverbandes antreten.


Vizekanzler und Sportminister Kogler, der sich (damit unterscheidet er sich von den Protagonisten der zuvor genannten Sportverbände) mit Sicherheit nicht anmaßt, Sportexperte in allen Belangen zu sein, wäre jedenfalls gut beraten, keine Zahlungen in Auftrag bzw. frei zu geben, ehe nicht die vorstehend angeführten Punkte einwandfrei geklärt sind.


Chr. Brugger


01.05.2020