Brief an BM Dr. Mückstein
Werter Herr BM Dr. Mückstein,
angesichts der Entwicklungen in den letzten Monaten, Wochen und Tagen, wende ich mich heute direkt an Sie als Erstverantwortlichen im Bereich des österreichischen Gesundheitswesens.
Sie mögen diesen Brief, sinnerfassend uns bis zum Ende gelesen, allenfalls als weiteren Angriff auf die heimische "Impfstrategie" bezeichnen; als Staatsbürger mit entsprechender, mehr als 5 Jahrzehnte umfassender Erfahrung in eben dieser Eigenschaft, sehe ich es aber als meine (staatsbürgerliche) Pflicht an, mich direkt an Sie zu wenden. Nicht nur die Dringlichkeit der Situation erfordert dies, auch mein Verantwortungsbewusstsein für all diejenigen, die ich täglich treffe, mit denen ich mich täglich unterhalte und mit denen ich, nicht zuletzt, familiär bzw. verwandtschaftlich verbunden bin.
Mir ist durchaus bewusst, dass Sie in Ihrer Funktion als sachlich zuständiger BM "Altlasten" Ihres Vorgängers im Amt zu übernehmen hatten; das ändert aber leider nichts daran, dass Sie am Ende des Tages und spätestens seit dem Zeitpunkt Ihrer Angelobung (19.04.2021) für die Lage der Nation im Bereich der Pandemie haupt- bzw. mitverantwortlich sind.
So haben Sie den letzten Tagen u.a. kaum eine Möglichkeit ausgelassen, zu betonen, dass die Covid-19 bezogenen Rechtsgrundlagen klar und unmissverständlich wären.
Nun habe ich mich der Mühe unterzogen, eben diese Regelungen zu studieren, deren Systematik sowie die Übereinstimmung mit dem Stufenbau der Rechtsordnung zu überprüfen und mit den entsprechenden landesgesetzlichen Regelungen in Einklang zu bringen.
Vorab schon Eins: Wenn Sie das tatsächlich verstanden haben, wofür Sie, nicht nur am Ende jeder Verordnung, verantwortlich zeichnen, dann ziehe ich nicht nur meinen imaginären Hut vor Ihren rechtssystematischen Kenntnissen, vielmehr noch verneige ich mich in tiefster Demut vor Ihrer Fähigkeit, beispielsweise die 2. Covid-19-Öffnungsverordnung vom 28.06.2021 samt ihren mittlerweile 9 Novellen(!) vollumfänglich verstanden zu haben. Das ist selbst mir, trotz mehrerer Versuche, bis jetzt nicht gelungen.
Chapeau, Herr BM Dr. Mückstein.
Dabei sind wir auch schon mitten in einem Problembereich, der mir (neben anderen) als einer der wichtigsten erscheint.
Sie sollten davon ausgehen, dass der größte Teil der Österreicherinnen und Österreicher - im Unterschied zu Ihnen - nicht in der Lage und willens ist, sich Verordnungen samt ihren Novellierungen zu Gemüte zu führen, geschweige denn zu verstehen, gar anzuwenden oder umzusetzen.
Die (wesentlich wichtigere) 3. COVID-Maßnahmenverordnung war kaum eine Woche alt, als es dazu die 1. Novelle zu lesen gab.
Nun stellt man sich als Staatsbürger die Frage, wieso das 1. überhaupt möglich sein kann und 2. warum man in Ihrem Ministerium nicht in der Lage ist, Offensichtliches bereits 8 Tage zuvor zu berücksichtigen, in die zu erlassenden Verordnung zu integrieren.
Es ist keine allzu große Überraschung, dass sich (außer Ihnen) niemand mehr auskennt, niemand in der Lage ist, die unterschiedlichen Regelungen miteinander in Einklang zu bringen, allen (außer Ihnen) das Verständnis dafür fehlt, was die Gesetz- oder Verordnungsgeber eigentlich wollen.
Da es kontraproduktiv wäre, Sie an dieser Stelle mit dem derzeitigen, bundesländerüberschreitenden, Regelungswerk und damit einhergehenden Einzelfallkonstellationen zu bemühen, wende ich mich meinem nächsten Kritikpunkt zu.
Seit Wochen wird von einem "Stufenplan" geredet, den es bis heute in entsprechender Form noch gar nicht gibt. Das führt dazu, dass über den Inhalt dieses Plans, obwohl es ihn noch gar nicht in rechtskonformer Form gibt, rege diskutiert und philosophiert wird, was zu einer weiteren Verunsicherung führt, keinesfalls dazu beiträgt, "Licht ins Dunkel" zu bringen.
Dieser Stufenplan soll vorsehen, dass man bestimmte Maßnahmen, mit zeitlicher Latenz, vom Grad der Auslastung der Spitalsbetten auf Intensivstationen abhängig macht. Wenn man in Ihrem Ministerium in der Lage sein sollte, diesen Stufenplan verfassungskonform zu Papier zu bringen, was mE faktisch ausgeschlossen ist, vergehen aber immerhin zwischen dem Tag des prozentuellen Überschreitens dieser Grenzen einige Tage, bis die daran angeknüpften Folgen eintreten. Da aber der Anstieg der Neuinfektionen exponentiell erfolgt (daran können selbst Sie nichts ändern), ist man mit den Ihrer Ansicht nach erforderlichen Maßnahmen immer viel zu spät dran. Das scheint auch der Grund dafür zu sein, warum bereist jetzt, vor Bekanntwerden und Inkrafttreten der erforderlichen Rechtsgrundlagen, im sog. Stufenplan einzelne Stufen ausgelassen werden sollen oder müssen.
Vielleicht wäre es besser, bereits heute (05.11.2021), von der letzten (5.) Stufe aus, zu verkünden, dass man bereits "on the top" angekommen sei. Dann ersparte man sich nicht nur eine, wieder nur für Sie verständliche, Rechtsgrundlage, sondern auch die erwartbare Kritik an derselben. Die die zu dämlich sind, sich impfen zu lassen, sollen im eigenen Heim darüber nachdenken, ob sie nicht an ihrer ablehnenden Haltung zum indirekten Impfzwang etwas zu ändern gedenken - geschütztes Nachdenken im selbstverschuldeten 4. Lockdown; welche Gnade wird den Widerspenstigen doch zuteil.
Zum Abschluss noch kurz zu den von Ihnen protegierten "Impfstrategie" an sich. Selbst Ihnen sollte allenfalls bekannt geworden sein, dass der restlich verbliebene Anteil derer, die sich nicht impfen lassen, trotz aller Maßnahmen und millionenteuren Werbung dafür, nicht kleiner wird. Der Grund liegt zum einen darin, dass die Ungeimpften Pimpfe die Werbenden schlicht und einfach ablehnen, deren Vertrauenswürdigkeit zu Recht bezweifeln und sich nicht deshalb nicht impfen lassen, weil sie dem Segment der "Impfverweigerer" angehören, sondern weil Sie und andere es zuwege gebracht haben, diesen Teil der Bevölkerung so lange mit sinnlosen, teilweise rechtswidrigen, Vorgaben und Einschränkungen zu "pflanzen" oder zu traktieren, dass sich diese grundlos bzw. "schon aus Prinzip" weigern; zum anderen interessiert zumindest diesen Teil der Bevölkerung die "Strategie" der Regierung überhaupt nicht. Sie verweigern sich nicht nur den Impfempfehlungen, haben vielmehr längst Abschied aus dem politischen Geschehen, dem omnipräsenten Pandemiewahnsinn genommen. Diese Menschen sind weder für Sie noch für andere Politiker erreichbar, haben sich von der zusehenden bzw. beobachtenden Kulisse auf nimmer Wiedersehen verabschiedet.
Wenn Sie also in den Kanon derer einstimmen, die 27/4 erklären wollen, dass die steigenden Infektionszahlen einzig und allein der Tatsache geschuldet seien, dass die Impfquote nicht ansteigt, dann werden auch Sie alsbald feststellen, dass das weder jemanden beeindruckt noch der Weisheit letzter Schluss ist. Wie wollen Sie plausibel einen solchen Zusammenhang behaupten, für den jedweder wissenschaftliche Beweis ausständig ist und überdies davon auszugehen ist, dass die positiven SARS-CoV-2 Analysen fast ausschließlich von Menschen herrühren, denen Sie und alle anderen Impfdrängler die Impfung so erbärmlich-dummdreist ans Herz legen. Oder anders: Welcher Geimpfte lässt sich derzeit noch testen?
Sie vergessen bei Ihrer zweifelhaften Diagnose insbesondere auch darauf, dass allenfalls hunderttausende Geimpfte durch das Land wandern, die durchaus in der Lage sind, das Virus zu verbreiten, ohne selbst auch nur Anzeichen einer Erkrankung zu verspüren. Dasselbe gilt auch für Kinder, die noch gar nicht geimpft werden können. Dabei handelt es sich potenziell zwar nur um ca. eine Million "Spreader" - das sind aber immerhin knapp 15% der gesamten Bevölkerung.
Solange Sie also auf dem Holzweg dahinturnen, werden sie das von Basti schon vor Monaten in Aussicht gestellte "Licht am Ende des Tunnels" nie sehen. Wenn Sie bereits so verblendet sind, so sei Ihnen das unbenommen; bitte lassen Sie nur diejenigen Menschen in Ruhe, die - im Unterscheid zu Ihnen - wissen, wie man sich sinnvoll selbst und damit auch andere schützt.
Lassen Sie es gut sein, Dr. Mückstein - das reimt sich nicht nur, sondern trifft den Nagel auf den Dummkopf.
Chr. Brugger
05/11/2021