Zagreb- & Melbourne-Skandal?
Wer sich für Sport interessiert, bekommt in puncto "skandalumwittert" in den letzten Tagen einiges geboten.
Quelle: https://www.sportschau.de/newsticker/dpa-vater-von-djokovic-vergleicht-tennisstar-mit-jesus-story100.html
Die (vermeintlichen) Skandale stehen dabei mit der Covid-19 Pandemie nicht einmal in engerem Zusammenhang; dass das ungeliebte Virus nicht überall die Hauptrolle spielt, durfte man u.a. gestern in Kroatiens Hauptstadt, respektive am Bärenberg bzw. im ca. 20km von Zagreb entfernten Skigebiet Sljeme feststellen.
Dort findet seit Jahren regelmäßig die "Snow Queen Trophy" statt, seit 2008 nicht mehr ausschließlich für Frauen.
Quelle: https://www.nzz.ch/sport/
All das wäre nichts Besonderes, hätte dort am gestrigen Dreikönigstag nicht ein Weltcuprennen in der Disziplin "Herrentorlauf" stattfinden sollen und der Zagreber "Slalomkönig" mit der "Snow Queen Trophy" geadelt werden sollen.
Katastrophal sei alles gewesen, die Piste, die Entscheidungen der Jury; die Piste mit Löchern und Schläger übersäht, das Verhalten der Verantwortlichen nicht nachvollziehbar, der Schnee - im wahrsten Sinn des Wortes - tot. So bedurfte das, was bereits tags zuvor absehbar war, einer schweren Verletzung, um beendet zu werden: Die Absage eines sinnlosen Unterfangens nach 19 Rennläufern im ersten Wertungsdurchgang.
"Zagreb-Skandal war Schade für Skisport" schreibt die "Krone"; "Slalom am "Bärenberg" für Asse gar nicht bärig" ist auf "Laola 1.at" zu lesen. Auch die teilnehmenden Athleten und deren Trainer sparen nicht mit Kritik.
Quelle: https://skiweltcup.tv/index.php/manuel-feller-wuerde-gerne-wie-im-vorjahr-beim-ski-weltcup-slalom-in-zagreb-auf-dem-podest-landen/
Mir stellt sich aber eine ganz andere Frage: Warum haben die, die sich im Nachhinein so echauffieren, überhaupt an diesem Wettbewerb teilgenommen? Gezwungen hat sie dazu vermutlich niemand, ihres Risikos sollten sie sich bewusst gewesen sein. Sie hatten die Möglichkeit, das Terrain, auf dem sie sich bewegen sollten bzw. 19 von ihnen auch tatsächlich bewegt haben, vor Beginn des Rennens eingehend zu besichtigen und die vorherrschenden Verhältnisse zu objektivieren bzw. zur Entscheidungsgrundlage ihrer Teilnahme zu heranzuziehen. Niemand hat sich jedoch gegen eine Teilnahme entschieden; daher hat jeder die zweifelsfrei vorhandenen Risiken billigend in Kauf genommen. Mit derselben Frage könnte man mit Fug und Recht auch alle Trainer konfrontieren. Wer nicht Manns oder mündig genug ist, sich (persönlich) gegen eine Teilnahme auszusprechen, dem kann nicht geholfen werden. Selbst schuld, würde ich sagen.
Der zweite "Skandal", von dem ich kurz berichte, hat auch nur am Rande mit Pandemischem zu tun, ist, wie das zuvor Erwähnte, größtenteils eigener Dummheit, bzw. genauer gesagt, derjenigen des Protagonisten geschuldet.
Es gehört durchaus zum Üblichen, dass der Veranstalter einer Sportveranstaltung die Bedingungen einer Teilnahme daran vorgibt; der Veranstalter unterliegt dabei, auch das darf als bekannt vorausgesetzt werden, den jeweiligen Regelungen jenes Landes, in dem die Veranstaltung stattfinden soll.
Vom 17.01. - 30.01.2022 finden also im australischen Melbourne die 110. "Australien Open" statt; dabei handelt es sich um eines der größten Tennisturniere der Welt, an dem insgesamt nur 128 Tennisspielerinnen und -spieler teilnehmen dürfen. 16 Plätze werden dabei über ein vorausgehendes Qualifikationsturnier ausgespielt; dazu kommen 8 Plätze, die der Veranstalter über sog. "Wildcards" vergibt; die restlichen 104 Plätze sind für die Bestplatzierten des WTA-/ATP-Rankings reserviert.
Quelle: https://www.msn.com/de-at/sport/tennis/djokovic-vater-wütet-sie-versuchen-ihn-wie-jesus-zu-kreuzigen/ar-AASvbkU?ocid=msedgntp&fullscreen=true#image=2
Als Führender der ATP Tennis Weltrangliste erfüllt der Serbe Novak Đoković diese rein sportliche Teilnahmebedingung problemlos; er hat dieses prestigeträchtige Turnier auch bereits des Öfteren (9x) gewonnen, dort noch nie ein Endspiel verloren.
"Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen ..." meinte bereits der deutsche Dichter Matthias Claudius; dasselbe wird auch der erwähnte Klassenprimus im Tenniszirkus behaupten können. Das Problem dabei dürfte allerdings sein, dass sein mit Spannung erwarteter Reisebericht nicht sonderlich viel Positives enthalten dürfte.
Um das Ende vorwegzunehmen: Auch er ist, wie die "Könige vom Bärenberg", ausschließlich selbst schuld.
Bevor man nämlich eine Reise tut (noch dazu während einer erdballumspannenden Pandemie) um danach etwas erzählen zu können, sollte sich jeder Reisehungrige überlegen, welche Bedingungen er erfüllen muss, um sich im Objekt seiner Begierde, sprich dem Zielland, dauerhaft aufhalten zu dürfen.
Seit geraumer Zeit hat es sich der Staat auf der Südhalbkugel unserer Erde zur Angewohnheit gemacht, Reiselustige das Land nur betreten zu lassen, wenn sie entweder gegen das Corona-Virus geimpft sind oder den Nachweis erbringen, aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden zu können; das funktioniert (vorab) über das sog. "Australien Immunisation Register" (AIR) oder vor Ort durch Vorlage eines entsprechenden ärztlichen Attestes.
Nun dürfte Hr. Đoković vermutlich darauf vergessen haben, sich impfen zu lassen oder es gibt keinen plausiblen Grund dafür, dass er nicht geimpft ist. Allenfalls hat er auch nicht gewusst, welche Voraussetzungen er erfüllen muss, wenn er nach Australien einreisen will oder hat schlichtweg darauf vergessen, sich rechtzeitig schlau zu machen - nachzulesen wäre das erforderlichenfalls auch unter https:// covid19.homeaffairs.gov.au/vaccinated-travellers#toc-6.
Grotesk ist dabei nur, dass der Serbe bereits in Melbourne gelandet ist. Geimpft dürfte er allerdings nicht sein und ein Attest hatte er offensichtlich nicht im Handgepäck.
Saublöd für Đoković also, denn jetzt sitzt er ohne Impfung und Attest in einem Quarantänehotelzimmer fest und er wartet auf seine Abschiebung zurück nach Europa oder sonst wohin. Er will offensichtlich seinen Verbleib in Australien mit einer einstweiligen Verfügung erkämpfen bzw. erzwingen.
Dass die Strandung des Weltranglistenersten medial die Wellen hochgehen lässt wie, ob dieser Posse, manchen Insidern sprichwörtlich den Hut, ist keine allzu große Überraschung.
"Was soll das" sänge vermutlich Herbert Grönemeyer aus diesem Anlass, säße er anstelle des Serben fest; andere wiederum sehen das völlig nüchtern: "Wenn er eine gerechte Ausnahmegenehmigung hatte, dann sollte er hier sein. Wenn er die nicht hatte, sollte er nicht hier sein. Es kling einfach, aber es scheint schwierig" meint z.B. der Weltranglistenzweite Daniil Medwedew.
Ganz anders bzw. weniger nüchtern sehen das allerdings die Fans oder Familienangehörigen des serbischen Superstars; vor allem der Vater von Đoković lässt nichts unversucht, seinen Sohn als "Opfer" erscheinen zu lassen. "Sie halten unseren Novak in Gefangenschaft, unseren Stolz; Novak ist Serbien und Serbien ist Novak. Sie treten Novak mit Füssen und damit ganz Serbien und das serbische Volk. Er hat alle Bedingungen erfüllt, die notwendig waren, um einreisen zu können und einen weiteren Titel beim berühmten Australien Open, einem der vier Grand Slams, zu gewinnen. Und er hätte natürlich gewonnen, denn das ist Novak - der beste Tennisspieler und Sportler der Welt".
Quelle: https://www.msn.com/de-at/sport/tennis/djokovic-vater-wütet-sie-versuchen-ihn-wie-jesus-zu-kreuzigen/ar-AASvbkU?ocid=msedgntp&fullscreen=true#image=2
Darüber hinaus soll Srdjan Đoković auch noch Folgendes von sich gegeben haben: "Jesus wurde gekreuzigt, ihm wurde alle angetan, und er ertrug es und lebt immer noch unter uns. Jetzt versuchen sie Novak auf die gleiche Weise zu kreuzigen und ihm alles anzutun".
Die ganze Szenerie kann der serbische "Tennis-Jesus" momentan, als einer von 33 Immigrationshäftlingen, in aller Ruhe im Down-at-Heel Park Hotel zu Melbourne analysieren.
Vielleicht ist er dabei in der Lage festzustellen oder einzusehen, dass sein Kollege Medwedew Recht hatte; sollte er dem Russen nicht glauben, weil ihm der, was die sportlichen Erfolge anbelangt, nicht das Wasser reichen kann, könnte er ja Rafael Nadal kontaktieren, der ihm in sportlichen Belangen ebenbürtig ist. Der wird ihm allerdings auch nicht weiterhelfen können oder wollen: "Es gibt Regeln. Wenn Novak es gewollt hätte, hätte er problemlos spielen können. Er ging einen anderen Weg. Das steht jedem frei, aber dann muss man die Konsequenzen tragen".
Wie immer diese Komödie enden mag; eines steht schon jetzt fest: Bevor jemand eine Reise unternimmt, sollte er ein wenig nachdenken. Dann bliebe ihm das, was Djokovic "widerfährt", erspart - und damit auch uns das widerwärtige Jammern im Nachhinein.
Dem Sport an sich haben sowohl die Slalomartisten am Bärenberg als auch der serbisches Jesus einen Bärendienst erwiesen - vorher nachzudenken kann vorbeugend wirken und nachträgliches Lamentieren hintanhalten.
Und: Skandale im eigentlichen Sinn sind die beiden Vorfälle eigentlich nicht wirklich - skandalös ist bestenfalls das Verhalten der dabei im Mittelpunkt stehenden Sportler.
Quelle: https://timesofindia.indiatimes.com/sports/tennis/australian-open/czech-player-voracova-joins-djokovic-in-australian-detention/articleshow/88758473.cms
Während also die Förster aus dem Flaggenwald, wenn auch unverrichteter Dinge, abreisen konnten, kann der prominente Belgrader im australischen Hilfsquartier zumindest seine Performance in der Spielform gemischten Doppel verbessern; er hat nämlich Besuch von einer tschechischen Tenniskollegin erhalten: Auch Fräulein Renata Voracova befindet sich dort und aus ähnlichen Gründen in Schubhaft.
Ein gutes Spiel wünscht jedenfalls
Chr. Brugger
07.01.2022